Witiko

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Dann das Schwert in seiner Rechten haltend sprach er: "Männer, Freunde, Brüder, Kampfgenossen! [1 Unsere Sache ist geendet. Hier in dieser Stadt Prag und für die Zeit, die jezt zunächst kömmt, ist kein Kampf mehr. Wir sind dahergezogen, um in einer großen Schlacht die Entscheidung der Gerechtigkeit zu bringen; aber in den Fluren dieser Länder ist kein Feind mehr, ihr habt mit Kraft und Macht den heiligen Stuhl behütet. Lob, Preis und Ruhm gebühret allen, die gewirkt haben, daß es so geworden ist. Dank gebühret euch, die ihr so Großes vollbracht habt; aber einem gebühret der erste Dank, ohne dessen Hülfe alles zu nichte gewesen wäre, dem starken allmächtigen gerechten Gott. Ihr habt ihm schon gedankt, ich that es auch schon; vereint werden wir in heiliger Kirchenfeier ihm danken, wenn morgen das erste Licht scheint; denn heute sinkt der Tag schon in die Nacht. Lasset uns auch des edlen vorsichtigen Herzoges Sobeslaw gedenken, der diese Mauern und die Thürme auf ihnen gebaut hat, die euch die Vertheidigung erleichtert haben. Laßt uns derer denken, die vor ihm zur Festigung des Stuhles gewirkt haben, derer, die durch Treue nicht die Macht des Feindes verstärkt haben, und derer, denen für ihre Pflicht der Tod geworden ist. Morgen kömmt der König Konrad mit seinem Heere. Er hat gestern bei Zdic gelagert. Empfanget ihn und seine Krieger nicht als Hilfsschaaren sondern als Gäste, die mit uns die heiligen Kirchenfeste feiern, und dann wieder in ihre Länder gehen. Zum heutigen Abendmale lade ich alle Führer und Unterführer in die Hofburg ein. Albero, der Erzbischof von Trier, hat Wein gesendet, und der König Konrad hat vorher schon Thiere und andern Bedarf anher bringen lassen. Theilet allen denen mit, die auf diesen Wällen sind, und denen in der Stadt, die Mangel haben. Morgen nach der Kirchenfeier kommt in den Saal der Hofburg, daß wir kurz berathen, wie ich euch mit meiner Armuth hier schon ein wenig entgelten kann. Jezt gehe ich in mein Haus, geleitet mich, wenn es euch gefällt, und ehrt mich Abends. Vorher rufe ich aber noch zu allen: Dank, Dank, Dank!"

Nach diesen Worten erhob sich von den Männern, die während seiner Bewillkommnung stille geschwiegen hatten, ein lufterschütternder Begrüßungsruf, und wiederholte sich dreimal. Viele schlugen ihre Waffen zusammen, oder schwenkten sie um das Haupt.]1
Randnotiz: (Hier folgt die Beilage)2

Der Herzog stekte sein Schwert in die Scheide, wendete sein Pferd, und begann mit seinem Geleite den Zug in die Hofburg. [Die Führer und die Männer der] Die beiden Heere begleiteten ihn, wie der Raum es zuließ.

Da sie an dem Hofe angekommen waren, hingen an dem Thore Blumengewinde, und es standen schön gekleidete Jungfrauen mit Blumenkränzen und Blumensträußen [da] vor dem Volke da, und Gras und Laub und Blumen bedekten den Boden. Eine aus den Jungfrauen sprach zu dem Herzoge Wladislaw Begrüßungsworte, und reichte ihm einen Strauß.

Der Herzog [dankte ihr, und] nahm den Strauße[.], und dankte ihr [für den Gruß und für die Gabe.]<.>

Dann sangen alle Jungfrauen einen Begrüßungsgesang.

Der Herzog dankte gegen alle hin.

[Hierauf] Da es stille geworden war, stieg er von seinem Pferde, ging zu der Herzogin, faßte sie an ihrer Hand, küßte sie auf ihre Stirn, und sprach: "Hocherlauchte und vielliebe Frau! Ich habe euch auf den Mauern als Führer begrüßt, und begrüße euch jezt als Herzogin. Ich führe euch von dem Kriegsplaze [wieder] in euer Haus, und seid bedankt für das, was ihr über euer Geschlecht gethan habt."

Hierauf wendete er sich zu Diepold, schloß ihn in die Arme, und sagte: "Sei gegrüßt, mein lieber Bruder, [und empfange meinen Dank." gehe unter mein Dach ein."

"Sei gegrüßt<,>" sagte er dann zu Bolemil, und nahm seine rechte Hand.

Dann reichte er die Hand an den Bischof und die Äbte, an Diwis, Lubomir und an mehrere.

"Sei gegrüßt, Jungfrau," sprach er zu Dimut, "du bist [schön und] so tapfer als schön, wir sind [mit Dank] in deiner Schuld[.], und Rowno wird dich nicht zu hart strafen[, daß du ungehorsam gewesen bist."]."

Die Führer des Heeres des Herzogs näherten sich denen der Vetheidigungsschaaren, und reichten die Hände und gaben Grüße.

"Du schöner Krieger," sagte Welislaw zu Dimut, "du fängst ja die Pfeile der Feinde mit den Händen?"

"Durch das Wunder eines Heiligen, den ich nicht kenne," sagte Dimut, "ist ein Pfeil ohne Schaden zwischen mein Panzerhemd und den Kleiderärmel gedrungen, und ich habe mir den Pfeil aufbewahrt."

"Wenn ich ein hoher Mann dieses Reiches wäre," antwortete Welislaw, "würde ich dich um den Pfeil bitten."

"Und wenn du ein hoher Mann des Reiches wärest," entgegnete Dimut, "würde ich dir den Pfeil nicht geben."

Der Herzog aber führte nun die Herzogin im Geleite seines Bruders Diepold, der Führer, der Hofherren und der Frauen in den Herzogshof.

Die Jungfrauen[, welche vor den Thüren des Hofes versammelt blieben,] erhoben wieder einen Gesang, welchen sie lieblich fort führten da auch der Herzog nicht mehr unter ihnen war,[.] [D]dann mischte sich eine Stimme von de[n]m [andern] Volke bei, und wieder eine, und wieder eine, und endlich sangen die Krieger und das [Volk] Volk [einen] jenen Gesang, welcher in dem ganzen Lande
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1 Die äußeren Tilgungsklammern zeigen die Streichung durch Schraffierung an.
2 Siehe Beilage zu H S.223.