Witiko

H222, S. 269b

Die zwei jungen Frauen [hatten] hörten zu stiken auf [gehört], und sahen auf die Mutter und den Sohn.

"Gehe wieder auf deinen Plaz, Witiko," sagte die Mutter, "und [zeige der die Verehrung, welche dich vor ihre Augen gerufen hat."

"Ja, die Verehrung," sagte Witiko, "] erweise der |hohen Frau| die Verehrung, welche dich vor ihr Angesicht gerufen hat."

Witiko aber blieb stehen, und sprach: "Ja, die Verehrung, welche der hohen Frau gebührt, die Verehrung, welche sich gegen die Tochter des denkwürdigen Kaisers Heinrich geziemt, die Verehrung, welche der Mutter des deutschen Königs Konrad zukömmt, die Verehrung, welche ich der Mutter Gertruds, der Gattin Wladislaws, des Herzoges von Böhmen und Mähren zolle, [welche] die bei der Belagerung von Prag [xxx] eine Heldin geworden ist, die Verehrung, welche ich gegen die Frau hege, die in ihren Söhnen und Töchtern auf geistlichen und weltlichen Stühlen und auf Kriegsfeldern und im Fürstenrathe [leuchtet, und den ehrerbiethigsten Dank, daß ich vor ihr stehe, und in ihr Angesicht schauen darf."] waltet, und die Verehrung, die der Jüngling der Frau bringt."

"Witiko," antwortete Agnes, "meine Schwiegertochter Maria hat mir erzählt, daß ihr Vater Sobeslaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, gesagt hat, du könnest, wenn du auch jung bist, doch deine Worte gut stellen, und du hast uns [einen Beweis] ein Zeichen davon gegeben. Ich glaube [schon], daß du mich verehrest; aber es [sind] ist gegen meine weißen Haare und meinen gebeugte[r]n Körper, [die sie |eingeben|,] wie [stets das] es immer ein Alter [thut,] [bewir] bewirkt, über welches Gott viel verhängt hat."

"Hocherhabene Frau," sagte Witiko, "der Herzog Sobeslaw ist [immer] stets mild [und gütig] gegen mich gewesen, und meine Worte rede ich[, wie sie mir nach meinen Gedanken zukommen, und oft weiß ich nicht Worte für meine Gedanken. Das Alter ehre ich, und werde es ehren, wenn ich auch selber alt sein werde."] nach meinen Gedanken, und kann oft meine Gedanken nicht in Worte bringen. In dir verehre ich aber, was du bist, und auch dein Alter."

"Gehe zu deinem Size, Witiko," sagte Agnes, ["]"und harre noch eine Frist, ich werde dich deiner Mutter nicht lange entziehen."

Witiko ging zu seinem Stuhle, und sezte sich auf denselben nieder.

<">Bist du von Pric gekommen?" fragte Agnes.

"Ich bin von Passau donauabwärts nach Wien gefahren," entgegnete Witiko. "Ich habe Zdik den hochehrwürdigen Bischof von Olmüz, der auf der Flucht ist, von Pric nach Passau geleitet."

"So ist dieser auf der Flucht," sagte Agnes.

"Wegen der Mächtigen in seinem Lande, die einen bitteren Groll gegen ihn [hegen] haben," antwortete Witiko.

"Es ist stets so," entgegnete Agnes. "Und wie lange hast du deine Mutter schon nicht gesehen, Witiko?"

"Vier Jahre," antwortete Witiko.

"Er ist in dem nehmlichen Gewande gekommen, in welchem er Abschied genommen hat," sagte die Mutter.

"Ich habe gedacht, der Anblik des Gewandes könne der Mutter angenehm sein," sagte Witiko, "und auch kann ich das Ritterkleid nicht tragen, weil ich noch keine ritterlichen Thaten habe vollbringen können, die Ehre vor den Fürsten und Ruhm vor den Menschen geben."

"Dieser spricht auch wieder von Thaten," sagte Agnes. "Witiko, heute ist ein Gedenktag auf diesem Berge. Als du kamest, habe ich den Frauen von dem erzählt, was ich immer in dem Herzen trage, und [was ich dir nicht gesagt habe.] an was ich immer denke. Ich will weiter erzählen, höre es, dir kann es fruchten, wenn du es in deinem Gemüthe überlegest."

Sie schwieg. [Und als] Nach einer kleinen Weile [Stille gewesen war,] sprach sie: "Ich [xxx] bin noch sehr jung gewesen, als man mich dem herrlichen Mann, Friedrich von Büren, vermählt[en, welcher]e. Er hat die Burg auf dem hohen Staufen erbaut [hatte, welcher], er ist der treueste Freund [und die Stüze meines] des Vaters gewesen [war], und [welchen] mein Vater hat ihn zum Herzoge von Schwaben gemacht [hatte.]. Ich habe ihm die Söhne Friedrich und Konrad geboren, und der Tod hat ihn dann hingeraft. In dem nehmlichen Jahre stand mein Bruder Heinrich bei Regensburg mit einer Heeresmacht der Heeresmacht des Vaters gegenüber. Die Heeresmacht des Vaters war größer als die des Bruders. Es waren manche treue Herren bei ihm, es war Leopold, der Markgraf von Österreich bei ihm, und es war Boriwoy der Herzog von Böhmen und Mähren bei ihm. Man konnte denken, daß die Schlacht, die am andern Tage sein würde, für meinen Bruder ungünstig sein müsse. Da ging der Bruder in der Nacht zu Leopold, dem Markgrafen von Österreich, und sagte, er wolle mich ihm zur Gemalin geben, wenn er dem Vater in dem nächsten Kampfe nicht beistehe. Leopold nahm es an, ging zu meinem Vater, und sagte, daß er für ihn nicht kämpfen werde. Darauf sagte Boriwoy, der Herzog von Böhmen und Mähren, daß man dann gar nicht kämpfen könne, weil man eine zu geringe Macht habe. Als dieses geschehen war, sandte mein Bruder einen Boten an den Vater, der melden solle, das kindliche Herz des Sohnes treibe ihn an, daß er dem Vater meldete, es seien Verräter in seinem Heere, die geschworen haben, ihn zu verlassen, und ihm nach dem Leben zu trachten. Weil der Markgraf Leopold den Vater verlassen hatte, und weil der Herzog Boriwoy gesagt hatte, daß man nicht kämpfen könne, glaubte der Vater die Botschaft, verzweifelte, und floh in der Nacht aus dem Lager. Mein Bruder ließ mich an dem andern Tage in sein Lager bringen, [s] und sagte, ich sei die Braut Leopolds, des Markgrafen von Österreich. Ich that einen Schrei, und wußte dann nichts mehr. Ich erwachte aus einer Ohnmacht, und lag auf dem Boden. Mein

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