Witiko

H218, S. 285a

"Wenn ich meine Haube abnähme," sagte Witiko, "so würdest du sehen, daß nicht alle die Loken zu sehr zurük schneiden."

"Ich weiß es, du trägst die Haare nach deutscher Art," entgegnete der andere.

"Und wie sie die jungen Ritter aus den Ländern Böhmen und Mähren tragen," sagte Witiko, "ist es auch nicht mehr gar viel von eurer Sitte entfernt, und eure bunten Lappen nehmen sie auch schon auf ihren Leib, obgleich ich sagen muß, daß, wenn der alte Bolemil oder Lubomir in das dunkle weite fließende Gewand gekleidet sind, und den reichen Gürtel tragen, es edler aussieht als eure schimmernden Fähnchen. Im Mittage Böhmens haben sie sehr einfache enge Gewänder, und ich trage sie auch, wenn ich dort bin."

"Die werden wohl in diesen Gewändern nicht turnieren," sagte der Fiedler von Kürenberg.

"Nein, deinem Spotte zu Troz turnieren diese gar nicht," entgegnete Witiko, "wenn von ihren Eisenstangen oder Keulen oder Hämmern ein Schlag fällt, so gilt er gleich zu Tode, wenn auch ein Eisenblech die getroffene Stelle ist. Das haben sie den Mährern auf dem Wysoka eingeprägt, und ihnen bei der Vertheidigung Prags gezeigt. Und wenn sie zu mir die Mitfolge halten, gedenke ich nicht Unbedeutendes mit ihnen in dem Streite auszuführen, der im nächsten Jahre gegen die mährischen Fürsten sein wird."

"Ich kenne deine Waldbären nicht," sagte der andere, "sie werden schon mannhaft sein, und ich ehre sie im Kriege, wie ich dich im Kriege und Frieden liebe, Witiko; aber es ist ritterlich prachtvoll, in vollen Platten in den Bügeln stehend mit eingelegten Lanzen gegen ein ander zu fliegen, die Lanzen zu brechen, daß die Splitter stäuben, und doch mauerrecht in den Pferden zu sein, daß die Frauen und Jungfrauen auf dem Söller jubeln, und mit leuchtenden Augen herab sehen."

"Ich würde es vorziehen," antwortete Witiko, "durch das, was ich bin, und thue, nicht die Augen einer Jungfrau leuchten zu machen, sondern ihr Herz zu treffen, daß es nichts anderes kennt als Liebe zu mir, und daß ich ihr die größte Lust auf Erden bin, wenn ich es nehmlich vermöchte."

"So vermag es, du Waghals," sagte der von Kürenberg, "und raffe alles von hinnen, was du bei uns siehst. Witiko, wenn du da bleibest, so würdest du eine Blume unserer Ritterschaft, und würdest auch noch Lanzen brechen um den Schein schöner Augen. Liebst du Sang und Klang?"

"Ich liebe beides," sagte Witiko, "wenn ich es auch nicht üben kann, da mir die Gabe gebricht."

"Du sezest deine Worte im Sagen," entgegnete der andere, "wir haben davon reden gehört. In Österreich klingt und singt es jezt wie in keinem anderen Lande, und es wird noch immer mehr werden. Die von Babenberg sollten Kaiser sein, da würde ihr Hoflager bald in Würzburg bald in Nürnberg bald in Frankfurt bald in Worms bald in Speyer das leuchtendste sein, welches es auf Erden gibt, und was Glanz an Tapferkeit an Sitte an Ehre und an Gaben hat, würde dahin ziehen. Die neuen Herzoge in Schwaben, die sich jezt erst ihre Burg auf den hohen Staufen gebaut haben, und schon die Königskrone tragen, sind herrlich, das wissen wir; aber sie müssen sich erst bewähren. Österreich ist alt, und aller Ehren und alles Klanges voll. An unserem Hofe gilt der Kampf mit dem Saitenspiele so viel wie der mit den Speeren, und die Jugend rennt in beides, sich zu üben. Heinrich von Oftering und ich wollen, was singt und sagt von dem hörnernen Siegfried von Ezel von Dietrich von den Burgunden und ihren Mannen und Rittern und ihren Leiden und Minnen in einen Sang erfassen, der vielleicht erklingt bei uns und anderwärts, wo Stimmen und wo Ohren sind."

"Thut das," sagte Witiko.

"Thun es wir nicht, thun es andere," sagte der Fiedler von Kürenberg, "bei den Fürsten von Babenberg ist kein Stillstand, der nächste übertrifft den vorigen, und der von Oftering und ich haben eine lange Zeit vor uns, uns auf diesem Sande zu tummeln. Witiko, komme zu mir hinab [z] in die Stadt.