Witiko

H217, S. 284a


nes Vaters steht?"

"Ich habe es betrachtet, und deiner gedacht," sagte Witiko.

"So hast du deine Pflicht erfüllt," sagte der andere, "dort sizt mein Vater, und geigt den Auerhähnen; denn von ihm habe ich das Fiedelspiel gelernt. Und nicht weit vor ihm ist noch ein anderer, der alte Herr von Oftering, der auch in seiner Jugend die Fiedel gehandhabt hat, und mit meinem Vater in den Kampf des Saitenspieles getretten ist. Er sizt unten in dem ebenen Haine, wo von ihm die kurzen dünnen Haideföhren bis zu der Stadt Wels hingehen. Er hat seinem Bübelein Heinrich gezeigt, wie man auf den Saiten der Geige und der Zither Sangtöne hervor bringt, aber das Kind hat Fittige bekommen, und ist in das schöne Wien geflogen, allwo er ein lustiges Pferdlein reitet. Siehst du ihn dort hinter dem grauhaarigen Mann, der noch immer ein jugendliches Gewand an hat, weil er mit dem Markgrafen Leopold dem vorvorigen Leopold bei dem Kaiser Heinrich in Regensburg gewesen ist, und dort gemeint hat, die schöne Tochter des Herrn Kuno von Hartheim werde ihn heirathen, deren Farben er noch immer trägt. Hinter diesem Manne reitet er in dem schönen Gewande mit der grauen Feder. Wir haben immer gleiches Gewand und gleiche Pferde, nur daß mein Fuchs noch goldiger ist als der seine. Der neben ihm reitet, ist das Büblein von Ruhenek. Sie zwingen den grauen Knaben immer, daß er Sangzeilen spricht, die ungefüg sind, und die Wollenkittel der Reisige des Herzogs Boriwoy von Böhmen ausdrüken. Er hält sie für zierlich und hofgemäß. Wir haben ja auch wie du dem ernsthaften Bischof Regimar die Kappe nachgetragen; [aber] du mußt das Kindlein kennen mit den gar so blonden Haaren, daß es eine Schmach war, und den rothen Wänglein, die sich immer schämten."

"Ich entsinne mich seiner," sagte Witiko.

"Aber in Passau ist der Hof zu psalmenhaft, wenn auch Regimar schöne Falken hatte, wir zogen gen Wien. Du hättest auch hierher kommen sollen, Witiko," sagte der Fiedler.

"Ich meinte, daß die Dienste, die ich leisten könnte, dem Lande gehören, in dem ich geboren worden bin," entgegnete Witiko.

"Nun wir sind wohl auch in dem Lande geboren, welches das Herzogthum Baiern heißt, ich und Heinrich von Oftering," sagte der andere; <">aber das Herzogthum Baiern ist ja zu Österreich geschlagen worden, und die Welfe sind nicht so wie die von Babenberg: auch ist ja einem jeden bekannt, daß, wenn auch der Markgraf Heinrich nicht wie sein verstorbener Bruder Leopold mit dem Herzogthum Baiern belehnt worden ist, und Baiern sich jezt im ledigen Zustande befindet, doch der König Konrad seinen Halbbruder Heinrich, der so bieder ist, und getraulich spricht: Ja, so mir Gott helfe, entweder ganz und gar mit Baiern belehnen wird, oder ihm doch das Land von der Ens zum Inn zu geben gesonnen ist, worauf dann unser biederer fröhliche<r> Heinrich den Namen Herzog führen wird. Und wir dienen hier auch der schönen Gertrud, welche die Wittwe des stolzen Heinrich ist, der der Herzog von Baiern und Sachsen gewesen ist, welche Wittwe nunmehr seit ganz vielen Tagen die Markgräfin von Österreich ist, und dort auf dem milchweißen Pferdlein reitet. Witiko, du mußt hier, so lange du in Österreich bist, schöne Kleider anziehen, es wäre schade um deine weichen blonden Loken und deine lieblichen Wangen, wenn du immer das schale Leder daneben thätest."

"Ich habe dieses Leder in Freud und Leid getragen," sagte Witiko, "ich habe es meiner Mutter zu Ehren angelegt, und werde es hier nicht von mir thun."

"Wie es dir gefällt," sagte der andere, "es sieht sehr rüstig aus, und wäre ein trefflich Gewand im Streite gegen die Ungarn unsere pferdeflüchtigen Nachbarn, die nicht warten, bis wir in unserem Eisenwamse in schöner Reihe gegen sie heran kommen, und durch unsere Platten geschüzt mit unsern guten Schwertern in ihr Fleisch einhauen, sondern auf ihren kleinen Rossen hin und her fliegen, Pfeile gegen uns senden, hie und da einen Mann oder ein Pferd tödten, und uns in unsern Helmfäßern erhungern und erdursten machen. Du könntest ihnen nachsprengen, wenn es anders dein Pferd vermag, und könntest manchen in seinem leichten Lottergewändlein an deinen Speer heften, indessen ihre Pfeile an deinem Ellenleder, oder was für ein Gethier das ist, wie ein Spielzeug hängen bleiben. Ihr tragt in eurem Lande die Panzer noch nicht?"

"Nun," sagte Witiko, "unser Leder schüzt besser, und hindert weniger die Bewegung, und der Panzer und das Schild ist das flinke Schwert, das ein Rad vor unserem Leibe macht, in das der Feind nicht eindringen kann, und das schnell in die Lüke zükt, die er gibt. Manche ahmen die Deutschen nach, und tragen schon die Fäßer über Brust und Haupt, mehrere aber haben noch die gefügen Panzerhemden, die mir auch gefallen."

"Und wenn ihr nicht im Kriegsgewande geht," sagte der andere, "so habt ihr weite Chorhemden wie die Pfaffen, die ihr mit einem Strike oder Lederstreifen zusammen bindet, wie ein eingewindeltes Banner, und dann schneidet ihr die Zier des Mannes die Loken ab, daß sie wie ein Strohdächlein hinten vom Haupte gehen, und auf der Haube habt ihr die gerade Feder steken wie einen Pfeil."

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