Witiko

H217, S. 283a


war. Er nahm es mit seinem Knechte Raimund in Besiz.

Da er mit dem Knechte in den Stall gegangen war, um die Pflege der Pferde zu prüfen, und zu ordnen, und da sie wieder in das Gemach zurük gekommen waren, saßen sie an dem Fenster und schauten heraus, wie unten tief der breite Donaustrom gegen die Lande des Morgens hinaus ging, die lauter Auwald waren, eben und gestrekt, so wie die breiten Inseln des Stromes Aulaub trugen, und das Land jenseits der Donau hin und hin Auwald hegte.

Dann kam derselbe Kämmerling, der ihnen ihr Gemach gezeigt hatte, und führte sie zum Essen. Raimund war dem Ingesinde zugewiesen, Witiko aber in einen Saal geleitet, in welchem die Mannen der Markgräfin waren. Sie trugen schönes Gewand, drängten sich an Witiko, und grüßten ihn. Dann sezten sich alle an die Tafel von Eichenholz, über die weißes Linnen gebreitet war, und es wurden ihnen gute Speisen und guter Wein aufgetragen.

Nach dem Essen wurde Witiko bedeutet, daß die Mannen der Markgräfin Agnes auf die Pferde sizen, und sie begleiten werden, wenn der Markgraf herauf kömmt. Witiko sattelte mit Raimund sein Pferd, bestieg es, und gesellte sich zu den Mannen, die vor dem Thore in einer Reihe zu Pferde waren, und harrten. Nach einer Weile kam Hufschlag den Laubwald heran, und es erschien der Markgraf Heinrich auf schwarzem Rosse in rothen Kleidern mit dem hellen Scheine seiner Augen und der weißen Reigerfeder auf seiner Haube. Neben ihm ritt Gertrud in grünem Gewande auf weißem Zelter. Dann kamen die Männer des Markgrafen in reichen Gewändern auf starken Pferden mit Federn auf den Hauben. Einige trugen leichte Panzerröke, andere Stoffe, die [S]schimmerten, und die Scheiden, worin sie die Degen trugen, waren zierlich und schön. Der Markgraf ritt mit seiner Gattin durchs Thor in den Hof, die Männer vermischten sich mit denen, die außen harrten. In Kurzem kam die Markgräfin Agnes in grauem Reitgewande auf einem falben Zelter sizend bei dem Thore heraus. Sie war von drei Frauen, die auch in grauen Gewändern auf Pferden saßen, begleitet. Dann kam der Markgraf und seine Gattin. Hinter ihnen schloßen sich nun alle Männer zusammen, die da waren, und vermischten sich. Der Zug bewegte sich auf einem Wege, der gegen Morgen führte. Auf beiden Seiten standen Bäume, und neigten ihr Laub über den Reitern zusammen. An der Spize gleichsam wie einen Fächer sah man die weiße Feder des Markgrafen. Die Gewänder die Pferde die Zweige des Waldes gaben ein Spiel von verschiedenen Farben. Nur Witiko allein war in einfachem Ledergewande. Da der Zug sich dehnte, und lokerte, hörte er hinter sich Pferdegetrabe rascher heran kommen, dann hörte er die Worte mehr singen als sagen:
"Es hat mir an dem Herzen viel dike weh gethan,
daß mich es deß gelüste, das ich nicht mochte han."

Er blikte um, und sah einen sehr jungen Reitersmann auf einem goldlichten Pferde in blauem Gewande mit grüner Feder, welcher Reitersmann sogleich an seiner Seite war.

"Der Fiedler von Kürenberg," rief Witiko.

"Ja du Lederhaube," sagte der andere, "ich mußte dich mit den Augen heraus stechen, wie man mit dem Pfeile eine Lerche spießt, um dann zu dir zu kommen. Hast du den lustigen Hof des Bischofes Regimbert verlassen, Witiko, um Wien zu sehen?"

"Ich bin zu meiner Mutter gekommen, die bei der Markgräfin Agnes ist," entgegnete Witiko.

"Nun, und jezt bleibst du hier," sagte der andere, "wenn auch der Hof in Passau lustig ist, so ist der Hof in Wien wonniglich, er ist unter allen der erste und der einzige,[xxx."]zu dem die Jugend zieht."

"Ich bleibe eine Weile hier, und gehe dann wieder in mein Land," sagte Witiko.

"Wie ist es denn bei euch in Prag?" sagte der Fiedler vom Kürenberg.

"Der Hof des Herzogs Wladislaw ist bisher immer mit Sorge und Krieg erfüllt gewesen," sagte Witiko.

"Nun der Krieg ist zur Unterbrechung auch erfreulich," sagte der Fiedler, "er ist das Erfreulichste; denn er bringt wie das Lied das Höchste, den Ruhm."

"Uns brachte er Zerstörung und Jammer," entgegnete Witiko.

"Und die Ritterin Gertrud und ihr Knappe Dimut sind jezt in dem Munde aller Sänger, die an dem Hofe ihres Bruders des Markgrafen Heinrich [sind."] verweilen."

"Mit Recht," sagte Witiko, "wer ein Großes und Gutes thut, deß Namen soll in seinem Volke genannt sein."

"Er soll genannt sein in Ewigkeit," rief der Fiedler, "und der mit ihm, der sein Thun im Sange verherrlicht. Hast du das struppige Waldhaupt betrachtet, als du gegen Linz fuhrst, auf welchem Haupte die Veste mei-

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