Witiko

H210, S. 270a


Truchseß des Hochstiftes Passau[,] mit seinen Leuten, dann kam Cholo von Wilheringen mit seinem Gefolge, dann kam Werinhard von Martspach mit seinen Mannen, dann kam Cholhohus von Walchenstein mit seinem Gefolge, und mehrere andere. Witiko ritt auf den Wunsch des Bischofes Zdik neben diesem.

"Da geht ein schönes Gehege neben dem großen Strome dahin," sagte Zdik zu dem Bischofe von Passau.

"Es zieht sich mit großen Windungen des Wassers viele Wegestunden dahin bis nach Aschach, wo sich das Land wieder weitet, und wo sich eben das Geschlecht der Jugelbache von dem oberen Inn herab annistet. Der Wald geht hoch hinauf, und steigt immer fort bis gegen das Land Böhmen, wie du ja selber gesehen hast, da du heraus geritten bist. Er hat viele Wege und trägt auch viele Burgen, die dem Hochstifte nicht unterworfen sind. Die meisten Wege führen von dem Wasser hinan, an welchem sich die Menschen am liebsten angesiedelt haben. Da sizet der Gaugraf, es versammeln sich die Dinge, er segnet das Ding, und die Schöffen finden das Urtheil. Es ist viel Raubgethier in dem Forste, wie wir auch heute auf solches aus gehen. Hasen und Füchse darf jeder Mensch nehmen, und wer einen Wolf fängt oder erlegt, und in das Hochstift einliefert, darf sich einen Hirsch erlegen. Die Bauern haben drei Würfe mit der Haghaken vom Ende ihres Feldes in den Wald hinein die Benüzung des Holzes frei, und sie haben noch manche andere Dinge zu gut."

So sprach Regimbert zu Zdik, und erklärte ihm Manches, ehe man zu der Stelle kam, an der man das Wasser verließ, und auf Wegen in das Dunkel der Wälder zur eigentlichen Jagd hinein ritt.

Witiko blieb noch eine kleine Reihe von Tagen in Passau, besuchte die Stellen, die ihm von früherer Zeit her lieb waren, und verkehrte mit Freunden.

Zu dem Bischofe Zdik fanden sich nach und nach Diener und Habe ein.

Am zwölften Tage nach seiner Ankunft in Passau verabschiedete sich Witiko von beiden Bischöfen, und ritt des andern Tages bei frühestem Morgengrauen mit seinem Knechte Raimund von der sanften Höhe, auf welcher die Bischofskirche von Passau stand, gegen die Donau nieder. Als er an ihrem Strande angekommen war, stiegen er und [Witiko] Raimund von ihren Pferden, und führten dieselben über eine Brüke in ein schöngebordetes Schif, das am Ufer bei lag. Das Schif war mit grüngrauer Farbe bemalt, hatte einen rothen Schnabel, und trug ein Haus, das mit rothem Zierath versehen war. Die Pferde wurden in einen Verschlag geführt, der mit Bornen Heuleitern und reiner Streu zu ihrer Wohnung versehen war, und Witiko und Raimund bekamen ein Kämmerlein zu ihrem Aufenthalte. Sie zogen aber vor, weil der Himmel ganz heiter war, auf einer Bank, die längs des Dachfirstes des Hauses hin lief, zu sizen. Da noch einige Ballen mit Waaren in das Schif gebracht worden waren, und da sich noch einige Leute eingefunden hatten, wurde die Brüke zum Schiffe abgetragen, die Taue, mittelst derer es an diken Pflöken des Landes hing, gelöset, und der Schnabel mit gegen das Land gestüzten Stangen in das weitere Wasser gelenkt. Das Schif wendete sich, der Schnabel sah nach abwärts, die Ruder wurden in die Fluth gesenkt, und der Steuermann, welcher sein Steuer an einem langen in das Wasser zurük reichenden Baume befestiget hatte, schritt mit seinem Baume zeit weilig mit weiten Schritten auf seinem Querbrette dahin, um dem Schiffe die Richtung zu geben. Es ging an den lezten Theilen der Stadt abwärts, an der Mündung des schwarzen Ilzwassers vorüber, und fuhr in die breite Fläche hinaus, in welcher die Wasser des Inn und der Donau sich berührten, und sich zu vermischen strebten. Der hohe Bau der Bischofskirche wich zurük, die Häuser des Erdrükens Passau gingen zurük, das Wasser wurde weiter, die Stadt lag wie eine Insel in demselben, der klippige Berg an der Ilz und sein Nachbar jenseits der Ilz, welcher das Nonnengütchen trug, sanken zu kleineren Gestalten ein, und Witiko fuhr mit seinem Schiffe in die waldige Schlucht hinüber, in welche der Bischof am linken Donauufer zur Jagd geritten war. In breiten Lehnen ging der dunkle Wald zu beiden Seiten gegen die Donau nieder. Die [Bewohner hießen sie Donauleiten, und heißen sie noch so,] Männer auf dem Schiffe nannten die Lehnen Donauleiten, und zeigten, wie dieselben sich stellenweise wendeten und verschoben und dem Flusse Windungen vorschrieben. Es war lauter Wald ohne das geringste lichte Flekchen, womit die

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