Witiko

H207, S. 263


schwarzen Wangen und den nakten Füssen von Jerusalem zu dem heiligen Vater Urban nach Rom, und erzählte ihm, was dort die Christen leiden. Immer mehr war die Liebe zu den Pilgerungen gewachsen, jeder Christ ehrte die Pilger, beherbergte sie, pflegte sie, wusch ihnen oft selber die Füsse, geleitete und beschenkte sie; immer mehr hatte sich die Wahrheit ausgebreitet, daß die Pilgerungen zum Heile der Seele dienen, wenn man frömmer werden oder wenn man begangene Sünden büssen wolle; und immer mehr kam die Sehnsucht empor, sich von den heiligen Landen Überbleibsel nach Hause zu bringen: aber auch immer mehr drangen die Ungläubigen gegen den Abend, bis sie das ganze Land Asien bis an das Meer in ihrer Gewalt hatten, und die Pilgerungen nach Jerusalem schwerlicher wurden. Haben nicht vor achtzig Jahren die hochehrwürdigen Herren der Erzbischof von Mainz Siegfried der Bischof von Regensburg Otto der Bischof von Bamberg Günther der Bischof Utrecht Wilhelm und mehrere andere Priester und Laien die unsäglichsten Qualen gelitten, ehe sie nach Jerusalem kamen? Ist nicht jene schöne Äbtissin zu Tode entwürdigt worden? Sind nicht später von siebentausend Christen zweitausend vernichtet worden? Sind nicht die Herren Theoderich Graf von Trier, welcher Kuno den Erzbischof von Köln erschlagen hatte, und Buße thun mußte, der Herr von Wulfenberg, von Thal, von Bingen, sind sie nicht, da sie nach Asien kamen verschollen? und ist nie mehr etwas von ihnen gehört worden, die heiligen Orte wurden geschändet, Kirchengeräthe zerstört, die Priester geschlagen und mißhandelt, der Patriarch bei Haar und Bart zu Boden geworfen, und die Pilger und die Einwohner beraubt und geplündert. Der Pilger konnte nicht mehr gepflegt werden, und mußte oft auf der Heimreise verschmachten. Peter erzählte dem heiligen Vater die Dinge, die er gesehen, und brachte von dem Patriarchen Simeon und von anderen Briefe. xxx Der heilige Vater sagte, er werde dem Übel abzuhelfen streben. Peter ging barfuß über die Alpen zu dem Fürsten und dem Volke, und erzählte, was er gesehen, und gab die Briefe ab, die er hatte. Auf den November des Jahres 1095 wurde [zu] nach Clermont von dem heiligen Vater eine große Versammlung berufen. Es kamen über dreitausend Bischöfe und Äbte, dann Fürsten, Edle und Volk. Unter freiem Himmel hielt man die Versammlung, und der heilige Vater sprach: Die Lehre des Heilandes ist durch viele hundert Jahre in Asien geübt worden, ja von Asien ausgegangen; jezt aber sind Ungläubige dort, und herrschen. Welch ein Jammer! und doch ist der Jammer noch größer, daß Jerusalem und das heilige Land in ihren Händen ist. Der Erlöser der Menschen, welcher die leibliche Gestalt angenommen hatte, uns zum Heile, ist dort gewandelt, jede Stätte ist geweihet durch die Worte, welche er gesprochen und durch die Wunder, welche er gewirkt hat. Und dieses Land und diese Stadt sind nicht mehr theilhaftig der Erlösung. In dem Tempel, aus welchem er die Käufer und Verkäufer trieb, werden die Worte des Teufels gelehrt, in den heiligen Orten, wo er dem Tode die Macht nahm, stehen jezt Lastthiere, die Christen werden verfolgt, die Priester mißhandelt und erschlagen, und um den Jammer nur schauen zu dürfen, müssen die Pilger schweres Geld zahlen. Es wäre uns besser, zu sterben, als zu leben, und Solches zu dulden. Jeder verläugne sich, und nehme Christi Kreuz, kein Christ streite mehr wider den andern, daß das Christenthum nicht untergehe, keiner rufe den andern vor Gericht, keiner hindere den andern, und alle beweisen den Muth und die Mannheit nicht gegen einander zum Fluche sondern gegen die Heiden zur Vergebung der Sünden. Keiner fürchte sich; denn wer für den Herrn streitet, dem sind die Kräfte des Feindes unterthan, keiner besorge Mangel; denn wer Gott gewinnt, ist überall reich, keiner lasse sich durch Jammern der Seinen zurük halten; denn Gottes Gnade wird sie zu Hause schüzen - - und du weißt ehrwürdiger Bruder Zdik, daß der heilige Vater seine Worte nicht enden konnte, da enstand ein Donner im Volke, und es rief wie ein einziger Mensch: Gott wills. Und als es wieder stille geworden war, sagte der heilige Vater: Ja wahrhaftig sind die Worte der Schrift: wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, werde ich bei ihnen sein - er ist bei euch gewesen, und nur durch ihn habt ihr, als wäre nur blos ein einziger Mensch gegenwärtig, das gleiche Wort gerufen: Gott wills. Das Wort sei euer Feldgeschrei, und das Kreuz erinnere euch zu Unterwerfung und zur That. Unser Fluch treffe den, der da hindert, und unser Beistand werde dem, der da fördert. Als der heilige Vater geendet hatte, kniete Ademar von Monteil der Bischof von Puy vor ihm nieder, und bath, daß er mit ziehen dürfe,

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