Witiko

H206, S. 262


zerstreut. Robert mußte von seinem Schlosse aus, das er sich erbaute, Lebensmittel stehlen, er mußte einen verstellten Leichenzug nach einem Kloster führen, um die Mönche zu erschreken, und Gold und Nahrung von ihnen zu erpressen; er trug einen reichen Mann gegen sein Schloß, um Lösegeld zu erzwingen. Es kam nun auch der jüngste der Söhne Tankreds Roger nach Apulien. Roger war schön und blond wie sein Bruder aber größer. Er gerieth auch in arge Noth. Anfangs mit Robert vereinigt, dann, weil jeder herrschen wollte, von ihm getrennt, erhielt er von einem Bruder eine Burg geschenkt, von welcher aus er die Besizungen Roberts anfiel, Wegelagerung treiben mußte, und selbst Nachts mit seinen Knappen Pferde stahl. Die Brüder versöhnten sich wieder. Robert bezwang Gebiete in Apulien, und Roger machte Raubzüge nach Sicilien, und sezte sich in Messina fest. Die Brüder entzweiten sich wieder, und bekriegten sich sogar. Da rettete Roger seinen Bruder aus Gefangenschaft und von dem Tode, und nun blieben sie vereint durch die Zeit ihres Lebens. Roger schlug die Saracenen in Sicilien, beide Brüder durchzogen die Insel, in Apulien wurde immer mehr gewonnen, Städte ergaben sich durch Hunger, andere durch Schrek. Robert stand seinem Bruder in Sicilien bei, die Stadt Palermo zu erobern, und dann wurde Roger als Fürst von Sicilien anerkannt, und Robert, nachdem die lezten Theile von Unteritalien eingenommen waren, war Fürst von Apulien. Er rüstete jezt ein Heer gegen den griechischen Kaiser Alexius, ging mit demselben nach Griechenland, besiegte den Kaiser in mehreren Schlachten, und würde das Land erobert haben, wenn ihm nicht zu Hause Empörung erregt worden, und wenn er nicht von dem heiligen Vater Gregor dem siebenten, gegen den deutschen Kaiser Heinrich den vierten, der ihn in der Engelsburg belagerte, zu Hilfe gerufen worden wäre. Er schlug die Empörer, und zog mit seinem Bruder nach Rom, und befreite den heiligen Vater. Boemund sein Sohn besiegte unterdessen die Griechen in drei Schlachten, und da Robert einen zweiten Zug gegen sie machte, starb er. Unter seinen Söhnen wurde Zwist, und bald erlosch auch seine Nachkommenschaft. Nun herrschte Roger über Apulien und Sicilien, er wurde König, und von dem Gegenpapste Anaklet durch einen Cardinal gesalbt. Der selige Kaiser Lothar hat wohl, da er seinen Krönungszug nach Rom machte, das ganze Land Italien erobert, und Roger auf die Insel Sicilien zurük gedrängt, und den heiligen Vater Innocenz auf seinen Stuhl nach Rom geführt; aber da Lothar nach Deutschland zurük gezogen, und auf dem Wege gestorben war, eroberte Roger wieder alle Länder des unteren Italiens, und wurde von dem heiligen Vater Innocenz als König von Apulien [C]Kalabrien Kapua und Sicilien anerkannt. Und so steht jezt der Enkel des Mannes Tankred aus der Normandie vor den Menschen da, angehörig einem gewalthätigen Geschlechte, das nicht zurük bebt, zu nehmen, was zu nehmen ist, und sei es so viel, als nur eines Menschen Haupt zu denken vermag. Was ist indessen aus dem oberen Italien geworden? Wenn man auch noch den Namen des Königs gelten läßt, so kümmert sich in der Sache niemand um ihn, die Gewaltthätigkeiten und Begierden brechen los, und toben durcheinander, wir sahen, daß Venedig mit Ravenna kämpfte, Florenz und Pisa mit Lucca und Sienna, Verona und Vicenza mit Padua und Treviso, Bologna mit Modena, und die Großen des Landes mischen sich ein, der Markgraf von Tuscien steht den Florentinern bei, der Graf Guido den Feinden derselben, und indessen entstehen Räuberhorden, die den Freund und den Feind plündern, und Bischöfe und Äbte anfallen. Und hat nicht der Abt von Clugny, der auch angegriffen worden war, an den König Roger geschrieben: O wenn nur das arme unglükliche Land mit seinen anliegenden Theilen deiner Herrschaft unterworfen würde? Und sind nicht diese Worte bekannt gemacht worden? Wenn nicht eine heilsame That geschieht, wird dieser Roger seine Schwingen ausdehnen, außer er würde von Gott abgerufen, und unter seinen Nachkommen bräche Zwist aus. Soll ich nun ehrwürdiger Bruder Zdik, auch noch von dem dritten Wunder unserer Zeiten reden, von dem Zuge in die heiligen Lande. Da kam der kleine Mann Peter der Einsiedler mit den

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