Witiko

H205, S. 260


ihm trauen zu dürfen."

"Er scheint mich gekannt oder etwas geahnt zu haben," sagte Zdik, "denn er hat mich zu sehr unbeachtet gelassen, und mich unter die Knechte verwiesen."

"Er hat euch gekannt, hochehrwürdiger Bischof," sagte Witiko, "das erhellt aus dem festen Plaze, den er uns in seinem Hause gegeben hat, es erhellt aus dem Verschließen des eisernen Gitters im Gange zu unsern Gemächern, das er selber besorgt hat, wie ich am Morgen nach unserer Nacht bemerkt habe, und es erhellt daraus, daß er mir beim Abschiede für das Vertrauen gedankt hat, das ich ihm in der vergangenen Nacht erwiesen habe. Ausdrüklich aber hat er nichts über euren Aufenthalt gesagt."

"Es mag wohl sein, daß er dich irgendwo gesehen hat, hochehrwürdiger Bruder," sagte der Bischof Regimbert, "denn er ist schon an vielen Theilen der Welt gewesen, nicht nur in unseren Reichen sondern auch in dem heiligen Lande. Er ist ein gewaltthätiger eifriger Mann; aber nicht von Ehre entblößt, und schüzt eigensinnig, wen er zu schüzen unternommen hat. Sie werden jezt vom Inn an die Donau herab kommen, um da zu wohnen, er und sein Bruder Gebhart. Denn ihre Mutter Benedicta hat als eine Erbtochter, da ihr Vater der lezte Herr von Aschach gestorben war, die Habe von Aschach an der Donau, dann in den Aschachwinkel hinein, und dann jenseits der Donau in den Bergen übernommen. Sie gehen damit um, zwei Burgen bei Aschach zu bauen, und wie mir der ehrwürdige Bruder Adam erzählt hat, wollten sie ihr Todtenlager von der Abtei Formbach in die Abtei Wilhering verlegen, wenn sie zu Stande kommt. Von Benedicta erhält Heinrich ein mal die Wassermauth von Aschach, und dann kann meine Verwaltung mit ihm in Streit gerathen, wie mit seinem Vater Werinhart, den ich zum lezten Male bei der Einweihung der Abteien in dem Randshofe gesehen habe, das Kloster Berchtesgaden in Streit gerathen ist, welcher troz dem, daß der Erzbischof Chunrat von Salzburg und der Bischof Roman von Gurk vermittelt haben, und sogar die Hilfe des heiligen Vaters angegangen worden ist, noch nicht zur völligen Austragung hat gelangen können. Das Geschlecht will sich heben, und versucht die neuen Fittige."

"Es ist aller Orten wie bei uns," sagte der Bischof Zdik, "sie können der wilden Begierde des Herzens die Zügel nicht anlegen, und dann fühlen sie Reue, und begaben die Orte ihrer lezten Ruhestätte mit Huben und Höfen. Auch in deinem Lande, hochehrwürdiger Bruder, ist uns eine Fährlichkeit begegnet. Man hat vor dem Hauzenberge Bolzen auf uns gesendet, die von unserer Bewaffnung abgeprallt sind."

"Wer durfte das beginnen?" fragte der Bischof von Passau.

"Ich habe einen der zwei Männer fangen lassen," entgegnete Witiko.

"Und habt ihr ihn nicht in unser Gericht gebracht?" fragte der Bischof.

"Nun," antwortete Witiko, "da ich durch Fragen an ihn und andern im Hauzenberge erkannt habe, daß es nur ein gewöhnlicher Anfall war, ließ ich ihn entlaufen, um nicht durch die Mitschleppung des Mannes bei unserem Weiterreiten die Aufmerksamkeit auf uns zu lenken."

"Beachte es nicht, hochehrwürdiger Bruder," sagte Zdik, "die Bolzen stammen nicht aus Mähren; es war ein Schnapphahnstüklein, und der Strolch wird seinem Ziele nicht entgehen."

"Ist doch erst vor Kurzem um dieses Herzogthum mit so vielem Blute gestritten worden," sagte der Bischof Regimbert, "unser Herzog Heinrich mußte in ein frühzeitiges Grab steigen, um seine Wittwe in das Brautlager seiner Gegner zu liefern. Und ist nicht unser Herzogthum fortan noch unbesezt? Es müßte etwas geschehen, wenn nicht jener Heinrich in Wien einen Theil davon erhielte. Dann wäre der Sprengel von Passau noch zerrissener als er jezt ist."

"Wenn die Bande des Blutes und die Furcht vor zu großem Besize in einer Hand ziehen, so könnte dies wohl geschehen," antwortete Zdik.

"Es ist eine merkwürdige Zeit, die wir durchlebt haben, und durchleben,"

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