Witiko

H205, S. 259c


und konnte mir nicht Sicherheit geben. Ich ging von einem Orte Böhmens nach dem andern, und überall sah ich Leute, die mich suchten. Da ritt ich ganz allein in diesem Gewande nach dem Mittage des Landes. Ich ritt zu Witiko nach Pric, und wurde von ihm, ohne erkannt zu werden, durch den Wald nach Passau geleitet."

"Und wenn es wäre, hochehrwürdiger Bruder Zdik," antwortete der Bischof von Passau, "wenn es Strafe wäre für Gedanken, die du für gut gehalten hast, so wäre es der Kranz der Gnade; denn er straft nur, die er liebt, um sie der guten Folgen theilhaftig zu machen, und zu sich empor zu ziehen.
Randnotiz: um sie dessen theilhaftig zu machen, was aus der Strafe hervorgeht |und|
Alles wird sich wenden, die Zeit wird die Menschen zerknirschen, die Wilden werden Lämmer werden, und das Volk wird vor den Altären auf die Kniee stürzen."

"Möge es so kommen, ich bethe für die Erkenntniß und Erhöhung des Herrn, und suche darnach zu handeln," sagte Zdik.

"Das sollen wir alle thun," entgegnete der Bischof von Passau, "und wir werden ihn erkennen, und er selber wird sich erhöhen. Hast du schon Bothschaft an den heiligen Vater nach Rom gethan?"

"Ich habe sie gethan," antwortete Zdik, "und es kann mit jedem Tage die Antwort in das Land Mähren kommen."

"Sie wird ihnen eine Leuchte über das bringen, was sie gethan haben," entgegnete Regimbert.

Nach einer kleinen Zeit fuhr er fort: "Und ihr, edler Witiko, habt den hochehrwürdigen Bischof beschüzt, und ihn zu mir geleitet, der doch euer Gegner an dem Tage auf dem Wysehrad gewesen ist."

"Der hochehrwürdige Bischof ist ein Freund des Herzoges Wladislaw," antwortete Witiko, "und ich diene dem Herzoge als den rechtmäßigen, nachdem der frühere rechtmäßige sein Recht weggeworfen hat. Auch ist der hochehrwürdige Bischof auf dem Wysehrad nicht mein Gegner gewesen, wir haben nur verschieden über die Nachfolge auf den Fürstenstuhl gedacht, er durfte stimmen, ich nicht. In meinen eigenen Angelegenheiten aber hat mich der hochehrwürdige Bischof damals auf das Eifrigste so unterstüzt, daß ich meine Ziele erreicht habe. Wäre er aber auch mein Gegner und Widersacher, ich würde im Dienste Gottes und der Kirche ihn doch geleitet haben. Beschüzen konnte ich ihn nicht, weil auf den Wegen, die wir geritten sind, keine Gefahr gedroht hat."

"Ihr habt mich doch beschüzt, Witiko," sagte der Bischof Zdik, "denn wer solche Wege wählt, daß ein Schleier vor den Augen meiner Feinde ist, der mich ihnen entrükt, und wer solche Nachtlager findet, auf welche ich mit Ruhe mein Haupt niederlegen kann, ist mein Beschüzer, wie der, welcher die Angriffe der Feinde zurük schlägt. Ich hätte mir nicht so zu helfen gewußt."

"Welche Wege seid ihr denn geritten, Witiko?" fragte der Bischof von Passau.

"Wir sind von Pric gleich mittagwärts in den Wald geritten," antwortete Witiko, "und haben auf dem Waldpfade, den nicht gewöhnlich die Säumer besuchen, die Richtung nach den Hütten von Elhenic eingeschlagen, und von da nach dem Weiler Tic und über die Haide Ogfolds nach Plan, wovon wir den oberen Wald nach Aigen überschritten, und von da zu den Meilern an der Mihel am Fuße des breiten Berges, und dann über den breiten Berg nach dem Hauzenberge und Passau."

"Ihr habt die abgelegensten Waldwege gesucht, die man noch reiten kann," sagte der Bischof von Passau, "ich weiß von Peilstein aus Wege, welche man nur gehen oder klettern kann, und welche durch noch wildere Theile führen."

"O ja," sagte Witiko, "über den Plökenstein mit dem See, oder über die drei Sessel nach der kalten Moldau, die ein Zweig der Moldau ist, welche durch die langen und breiten Wälder dahin fließt."

"Oder von dem Hohensteine auf der Schneide des Waldes zu dem Arber, wo man die Quellen der Moldau umgeht," antwortete der Bischof von Passau, "und wo Bären Luchse und gegen die Niederungen Hirsche und Rehe sind. Welche Orte habt ihr denn zur Nachtruhe gewählt?"

"Wir sind in der ersten Nacht in Plan gewesen, wo ich ein Häuschen habe," sagte Witiko, "und in der zweiten in dem Waldhause des Herrn von Jugelbach am Fusse der drei Sessel."

"Hat er euch erkannt?" fragte der Bischof.

"Mich kannte er von einer früheren Zeit her," antwortete Witiko, "und ich glaubte,

Seite vertikal mit Stift gestrichen