Witiko

H20, S. 36a


Und alle, so weit Witiko sie erbliken konnte, waren [[schön] xxx vorzüglich gekleidet, sie hatten den nicht gar langen und nicht gar weiten Rock, der mit dem Gürtel zusammen gehalten war, die schwarze Mütze mit der Feder, die dehnbare Beinbekleidung und die [xxx] Lederstiefel[.]mit dem kleinen Spornstachel.

"Siehst du nun, wie wenig wir zu einem Kampfe eingerichtet sind," sprach der Scharlachreiter, "wenn ich auch sagte, daß wir uns gegen einen Angrif sehr gewehrt hätten. Und ich selber hätte mich ja gegen dich wehren müssen, wenn du meine Scherze übelgenommen und gegen uns angekämpft hättest. Die Deutschen haben die Sitte, im Schimpfe und im Ernste bei allerlei Anlässen zum Kampfe zu schreiten. Wir sind ein friedliches Volk, wir lieben das Leben in unseren Besizungen, und der Hausvater ist der König darin, wir ehren das Alter und üben Gastfreundschaft[, ja]. [n]Nicht ein mal die Oberherrlichkeit des Landes ist bei uns aus dem Kriegsführerthume hervorgegangen, sondern aus dem Richterthume. Der alte Krok erlangte das höchste Ansehen und die oberste Gewalt im Volke, weil seine Einsichten die aller andern übertrafen, und weil seine Redlichkeit und sein Streben für das allgemeine Wohl allem bekannt war. Das Volk übt andauernden Fleiß und hat Liebe zu Gesang und Tanz. Nicht ein mal unsere Kriegsverfassung gebietet einen Angrif auf den Nachbar, sondern läßt nur die Vertheidigung des Unsrigen zu. Das ist oft vom Übel, und man sollte den Nachbar, der uns nekt und bedroht, ergreifen und schwächen können, und man sollte [seinen Namen] den Landesnamen in das Bewußtsein und in die Geschichte fremder Völker tragen können. Darum haben wir uns aber in der Vertheidigung nicht minder kriegerisch gezeigt. Samo hat in längst vergangenen Zeiten die Heere des Frankenkönigs Dagobert in der dreitägigen Schlacht bei Togastburg geschlagen, das Heer Ludwigs des Deutschen, das Böhmen bezwingen sollte, erlitt eine unerhörte Niederlage, und nicht ein mal der Ort der Schlacht und der Name des Helden, der die Böhmen zu diesem Siege geführt hat, kennt man, und hat nicht unser Herzog selber vor zwölf Jahren den Deutschen König Lothar entscheidend bei Köln geschlagen, woher sich seitdem das gute Vernehmen mit den Deutschen schreibt. Jetzt aber kommen fremde Gebräuche vorzüglich deutsche in unsere Gegend. Sie fangen an, die Waffenspiele zu lieben, Eisenplatten zu tragen, und Burgen auf die Berge zu bauen. Ich hasse die Deutschen nicht, sie sind mit allen Untugenden ein herrliches Volk wir sollten uns vertragen und zusammen schließen, dann könnten wir das Größte bewirken. Sieh diese hier an, wie sind sie in Pracht gekleidet, und ich selber habe die Flitter an mir. Der kleinste Hieb und Stich dringt durch diese leichten Stoffe, die jeder Schuzwaffe entbehren. So geht niemand auf Kampf und Streit aus. Du bist vom Haupte bis zu den Sohlen so gerüstet, daß kaum ein Streich eindringen kann. Unter uns siehst du aus wie eine wohlbefestigte Burg unter den Leinwandhütten eines Jahrmarktes, auf denen lustige Fähnlein wehen."

Nach diesen Worten wendete er sich auf seinem Rosse halb um, sah auf die hinteren Männer zurük, und rief: "Nun ihr zwei Söhne Smils und du Radmil, die ihr so gerne fortstürmet, wie behagt euch diese Art zu reiten[?"], in der eure Pferde verschnaufen können?"

"Nun, sie mag eine Weile recht gut sein in der Gesellschaft des Mannes da, den wir aufgenommen haben," rief eine Stimme hervor.

"Jetzt aber, du fremder Mann, sage, wer du bist, und wohin du reitest," sprach der Scharlachreiter.

"Das werde ich euch nicht offenbaren, weil ich euch nicht kenne," antwortete Witiko, "ich habe euch auch nicht gefragt, wer ihr seid, und welche Absichten ihr verfolget."

"Nun, so offenbare es nicht," entgegnete der Scharlachreiter, "wir werden dir nach und nach sagen, wer wir sind."

"Das ist billig," sagte Witiko, "da ihr die mehreren und überlegenen seid."

"Der junge Reitersmann ist etwas kurz," sprach Welislaw hervor.

"Stille, mein lieber Freund," erwiderte der Scharlachreiter, "hast du nicht gehört, wie wir versprochen haben, den Fremden mit keinem Wörtlein mehr zu kränken. Es wird sich alles fügen."

"Nun höre, was ich dir von uns sage," sprach der Scharlachreiter, indem er sich wieder zu Witiko wendete, "wir gehen ganz gewiß nicht aus, das Land des Herzogs von Böhmen zu erobern, das mußt du ja wissen. Der Herzog hat [vier] fünf Kinder, die noch sehr jung sind: Wladislaw, der vielleicht noch jünger ist als du, dann Sobeslaw Ulrich und Wenzel, die noch jünger sind, und endlich die ältere Tochter Maria. Im vorigen Jahre

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