Witiko

H198



Die Versammlung ging auseinander. Dann verließ er seinen Siz, sprach noch mit mehreren, und [verließ] ging dann aus [den] dem Saal[.]e. Die Krieger seines Hofes folgten ihm.

Als die dritte Stunde des Nachmittages gekommen war, versammelten sich die Männer wieder in dem Saale des Herzoghofes. Es waren alle gekommen, die am Morgen in dem Saale gewesen waren, nur Bozebor nicht.

Der Herzog ging zu seinem Stuhle, und sezte sich auf denselben.

Als eine aufmerksame Stille eingetreten war, erhob er sich, und sprach: "Liebe und Getreue! ich danke euch, daß ihr [fast alle, die ihr bisher |um mich waret|, auch jezt zu meiner Stimme haltet.], wie ich sehe alle bis auf einen gekommen seid. Ich habe euch heute [am Morgen] gesagt, daß die Feinde in einigen Tagen vor diesem Berge sein werden, und daß unsere Handlungen nicht zögern dürfen. Lasset uns [dieser] dieselben in Schnelligkeit vollführen. Ehe das Licht des morgigen Tages scheint, verlasse ich die Stadt. [Ich nehme ein kleines Geleite des blauen Fähnleins.] Für die Zeit, in der ich fort sein werde, ordne ich an[;], wie folgt: Dir, Otto, Bischof von Prag, vertraue ich die Stadt zu dem überirdischen Schuze. Bitte Gott, daß er dem Rechte hilft, wenn es auch durch Bitterkeit und Noth geschieht, wie Bolemil sagt. [Dir, Zdik, Bischof von Olmüz übergebe ich unsern Zug zu dem überirdischen Schuze. Begleite uns zu Konrad, und bitte Gott um Gedeihen.] Dir, Bruder Diepold, vertraue ich [den] die Stadt zum irdischen Schuze [der Stadt]. Du wirst eher das Leben lassen als deine Ehre und deinen Ruhm auf dieser Erde und deine Seligkeit im Himmel[.] verlieren. Dir Zdik, Bischof von Olmüz vertraue ich unsern Zug zum überirdischen Schuze, begleite uns, und bitte um sein Gedeihen. Für den irdischen Schuz unsres Zuges werde ich selber sorgen, so gut ich kann. Ich nehme einen kleinen Theil des blauen Fähnleins mit. Du, Welislaw, gehst mit mir nach Deutschland und dann in die Schlacht, du, Odolen deßgleichen. Witiko, [du bist vorsichtig,] du gehst mit mir, [und] sei in der neuen Schlacht umsichtig, wie [du] in der lezten [gewesen bist].
Randnotiz: Hier folgt der Satz der Beilage zu "Witiko" 198)1
Versammelt euch, ehe morgen die Frühdämmerung kömmt, vor dem Herzogstuhle der Stadt. Ihr andern aber, [die ihr mich] höret[,] mich: Otto, du Mann der Kirche[, der du auch ein Mann des Streites bist,], Bolemil, du Schwerbetroffener, Lubomir, dessen Schmerz ich gedenken werde, Diwis, du treuer Zupan, Chotimir, Preda, Wsebor, ihr Äbte, Daniel, Gervasius, Nemoy, und du, Ctibor, und Bartholomäus, Predbor, und du Casta, der du kaum von deiner Wunde genesen bist, und du Wecel, der du, wenn gleich ein Widersacher meines Vorhabens, doch hieher gekommen bist, und Diet, und Osel, und Rowno, [und meine Kneten der Burgfleken] und die Kmeten meiner Burgfleken, und alle! mein Befehl an euch hört in diesem Augenblike auf, und es beginnt der meines Bruders [Diepold. Er sei euch wie der meinige. Vertheidiget die Stadt. Ich hoffe, daß wir fröhliche Pfingsten mit einander feiern werden[.], wenn alles grünt, und kein Feind die Fluren mehr bedekt. Wenn [ich komme, und wenn] ihr meine rosenfarbenen Banner vor der Stadt seht, so ziehet euer großes rosenfarbenes Banner höher hin auf, zum Zeichen, daß ihr [das] die meinigen gesehen habt. Ihr werdet die Schlacht dann von diesem Berge aus sehen, und ihr könnt, wenn es euch an der Zeit dünken wird, zur Hilfe in dieselbe eintreten. In dem Augenblike, da ich wieder auf den Zinnen der Stadt bin, und euer großes rosenfarbenes Banner berühre, beginnt mein Befehl über euch wieder."]. Wenn ich auf den Zinnen der Stadt das große rosenfarbene Banner wieder berühre, ist der Befehl wieder bei mir. Vertheidiget die Stadt, und [x] wenn ihr mich kommen seht, so zieht das rosenfarbene Banner höher hinauf, und wenn die Schlacht vor der Stadt ist, so kommt hinaus, wenn die Zeit es gebiethet."

Da er diese Worte redete, kam die Herzogin mit ihren Frauen in den Saal. Sie ging an das obere Ende des Tisches, und stellte sich neben den Herzog an die Stelle, von der Diepold zurük getreten war. Ihre Frauen standen hinter ihr.

Der Herzog sagte: "Ich vertraue euch Gertrud, die Herzogin der Länder Böhmen und Mähren, die Tochter des frommen Markgrafen [Leopold] Leopold von Österreich, meine erlauchte und vielgeliebte Gemalin. Ihr seht, wie gewiß ich es weiß, daß die Stadt in eurer Gewalt bleiben wird."

Otto, der Bischof von Prag, antwortete hierauf: "Erlauchter Herzog, wir [haben vernommen, was du angeordnet hast, und werden] werden deine Anordnungen befolgen. Gott geleite dich [auf deinem Zuge], und [führe dich] kehre siegreich [in das Herzogthum], wie [er] Josua in das [verheißene] gelobte Land [geführt hat,]. [und] Und die Herzogin[ wird behütet werden, wie der heilige [Bundess]Schrein des Bundes behütet worden ist."] werden wir hüthen, wie seine Krieger den Bundesschrein gehüthet haben."

Lubomir sagte: "Gehe mit Gott, hoher Herr, [und] lasse uns bald dein[e] [rosenfarbenen] Banner vor diesen Zinnen sehen,
(1) [und] unsere Augen [werden wie die Augen der hohen Herzogin] mit Freuden [auf diese Zeichen schauen."]
(2) daß unsere Augen [mit Freuden] [wie] die Augen der [hohen] Herzogin [auf] diese Zeichen schauen können."
(3) daß unsere Augen und die Augen der Herzogin dieses Zeichen schauen können."

Bolemil sprach: "[Ehe zu der Stadt Prag, dieser Schwelle der jezigen Macht und Herrschaft nur der erste Stein oder der erste Balken gelegt worden ist, stand schon seit alter Zeit, in die niemand zurük zu denken vermag, der heilige Stuhl der Beherrscher dieses Landes auf dem Stein von Wysehrad, den wir nahe von uns an den Gewässern der Moldau sehen können. Der Stuhl wurde dann auf diesen Berg wie in das Herz des Landes gebracht. Auf diesem Berge steht unser erster Zupenhof, der Hof des Herzogs, auf diesem Berge stehen unsere Kirchen, auf diesem Berge ruhen die Leiber unserer Heiligen, und sind Dinge aufbewahrt, die sie in ihrem Leben gebraucht haben, und die uns Heiligthümer geworden sind, auf diesem Berge ruhen auch die Leiber mancher hoher Fürsten des Landes, die uns sehr lieb geworden sind, und auf diesem Berge werden Schriften und Zeichen aufbewahrt, in denen gewesene und künftige]2
Auf diesem Berge, wie in einem Herzen des Landes steht der Fürstenstuhl. Auf diesem Berge steht die Kirche des heiligen Veit, die Herrscherin der Kirchen3
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1 Vgl. Beilage zu H S.198.
2 Fortsetzung des getilgten Textes auf H S.199.
3 Fortsetzung des Textersatzes auf H S.199.