Witiko

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erlauchte Herzog ausgesprochen hat."

Dann sezte er sich wieder nieder.

Der Abt von Kladrau sprach: "Möge deine gute Absicht, hoher Herr, eine gedeihliche Vollendung finden."

Der Abt [Gozo] Gezo von Strahou sagte: "Wir hoffen, daß der Freund im hinreichenden Maße eintreten wird."

Der Abt von Brewnow sagte: "Er wird es thun, wie wir ihm ja auch vor drei Jahren gegen die Sachsen Zuzug geleistet haben."

Hierauf sprach kein Priester mehr.

"Und was sagt mein Bruder Diepold?" fragte der Herzog.

Diepold erhob sich, und sprach: "Du bist das Haupt unseres Geschlechtes, der Wladyk unseres Stammes, ich unterwerfe mich deinem Willen."

Dann sezte er sich wieder nieder.

Der alte Wsebor mit den weißen Haaren hob beide Arme empor, zum Zeichen, daß er reden wolle. Der Herzog wies mit der Hand gegen ihn hin, die Männer sahen auf ihn, man half ihm, sich empor zu richten, und da er stand, sprach er: "Ich thue Einrede. Das Ansinnen ist ein Fehler, das Vorhaben ist nicht gut. Da wir vor zwei Jahren in dem Saale der Burg Wysehrad saßen, und ich noch nicht so alt war wie jezt, und da wir dich, erlauchter Herr, auf den Fürstenstuhl der Länder Böhmen und Mähren wählten, da sprach ein Mann, der älter war als ich, und dem die Gnade des Himmels erlaubt hat, noch heute unter uns zu sein, ein Mann, der viele Dinge gesehen und erlebt hat, ein Mann, dem weise Gesinnungen in dem Haupte sind, und der das Land und die Leute liebt, dieser Mann sprach, daß wir stets in der Gewohnheit haben, in unsern Streitigkeiten die Fremden zu rufen, daß der Fremde kommt, daß er immer mehr Macht bei uns gewinnt, und daß er eines Tages unsern Fürstenstuhl nehmen wird. Ich habe schon viele Fremde hier gesehen, und habe gesehen, wie sie gewaltet haben. Unser verstorbener ruhmreicher Herzog Sobeslaw hat selbst seinen Knaben Wladislaw von dem deutschen Könige Konrad in Bamberg mit der Fahne von Böhmen und Mähren belehnen lassen, [obwohl Konrad noch nicht der Kaiser der Christenheit war] von einem Fremden; denn Konrad war noch nicht der Kaiser und noch nicht der Schitmvogt der Christenheit. Wir verlieren die Gewalt über uns, und werden bald nichts mehr haben, worüber wir streiten könnten. Deine Weisheit, Herr, und die Weisheit der Räthe, die um dich sizen, wird ein anderes Mittel ersinnen, das uns hilft, und das uns nicht unser eigenes Eigen raubt."

Nach diesen Worten faßte er mit beiden Händen den Rand des Tisches, und ließ sich wieder auf seinen Siz nieder.

Nach ihm erhob sich Bozebor, und sagte: "Ich rede mit Wsebor. [Sammle ein Heer in dem Lande, rufe die deinigen auf, hefte die Fahne des heiligen Wenzel auf deinen Speer, und ziehe damit von Berg zu Berg, von Thal zu Thal.] Hoher Herr! ich bin noch dabei gewesen, als vor sechzehn Jahren Veit, der Hofkaplan des Herzogs Sobeslaw mit Panzer und Helm bei Chlumec die Fahne des heiligen Adalbert auf dem Speere des heiligen Wenzel in die Schlacht trug, und wir haben den ruhmreichsten Sieg gegen Lothar erfochten. Thu deß gleichen. Ziehe mit der Fahne von Berg zu Berg, von Thal zu Thal, und sammle die Deinigen. Es ist besser, wenn wir unser eigenes Blut hingeben, wenn wir unsere Habe aufopfern, wenn wir bis zu dem Rande des Unterganges kämpfen, ja wenn wir sogar
(1) unsere[s] Recht[s velustig werden]
(2) unsere Rechte [lassen müssen]
(3) unsere Rechte [dahin lassen müssen]
(4) unsere Rechte lassen müssen
als wenn von Außen ein Herr kömmt, der das Land und die Sitten nicht kennt, der schaltet, wie er will, und wie es uns schmerzt, und [wenn wir] der vielleicht statt des Vielen Alles [verlieren."] nimmt."

Wecel sprang schnell auf, und rief: "Ich spreche mit Bozebor."

[Es]

"Ich auch," rief eine Stimme.

"Ich auch," eine andere, und eine dritte.

Und es entstand nun ein [Reden] Rufen der Männer durcheinander und eine Unruhe.

Da strekte Bolemil die Hand über den Tisch, und gab ein Zeichen.

Als sich nach und nach die Ruhe herstellte, und er sich erheben wollte, sagte der Herzog: "Bolemil, rede auf deinem Stuhle sizend."

Bolemil aber antwortete: "Ich bin noch nicht so hinfällig, hoher Herr, daß ich die Gebühr vergesse."

Darauf erhob er sich langsam, und da er mit den weißen Haaren und dem langen weißen Barte vor dem Tische stand, sprach er: "Wenn Wsebor von einem Manne geredet hat, der älter ist als er, und der sich in diesem Saale befindet, so bin ich es; denn sonst ist niemand hier älter als er. Wenn er aber von weisen [Gedanken] Gaben gesagt hat, die in dem Haupte dieses Mannes sind, so bin ich es nicht; denn in meinem Haupte sind [nur immer zu] viele Thorheiten gewesen, und ich bin [noch] nur bestrebt, sie abzulegen. Aber das ist wahr, was er gesagt hat, daß ich viele Dinge erlebt habe. Ich habe viele Dinge erlebt, und habe mir manches gemerkt. Ich habe es erfahren: wenn üble Körner in die Erde gelegt worden sind, so ist eine üble Saat aufgegangen, sie ist uns in unsere Häuser hinein gewachsen, sie ist uns in unsere Kirchen hinein gewachsen, sie ist uns in unsere Kammer und in unsere Schlafstätte hinein gewachsen, und wir haben die bittere Frucht [|verzehren|] davon weg zehren müssen. Ich habe [nach und nach] auch erkennen gelernt, wann [eben] es eine böse Saat [gesäet wird. Und auf] war, die [|gelegt|] gelegt worden ist. Und auf dem Herzogschlosse des Wysehrad ist eine [böse] solche Saat gesäet worden. Ich habe damals unsern