Witiko

H195, S. 246


und habe dann in der Richtung zwischen Mittag und Abend auf die fernher dämmernden Felsen geschaut, die in dem blauen Walde sind, und an deren Füssen der schwarze See ist. Ich habe lange und mit Schmerzen auf diese Dinge geschaut, weil jenseits ihrer das Haus ist, in dem du öfter wohnest."

"Und als die Männer erzählten," sagte Bertha, "daß du in dem Saale vor den Herren der Länder Böhmen und Mähren gestanden bist, und daß du zu ihnen gesprochen hast, und daß sie dir einen Stuhl geben mußten, zu hören, was sie verhandeln, hat mir das Herz vor Freude gepocht."

"Und ich habe, wenn ich ruhte, oder wenn ich weiter reiten konnte," sagte Witiko, "die Worte wiederholt, die du am Saume des Waldes und auf den sonnigen Steinen zu mir gesprochen hast."

"Und ich habe zu Wolf gesagt," antwortete Bertha, "siehe, was er thut, und bringe mir die Kunde."

"Ich habe heute das Gewand angelegt," sagte Witiko, "welches ich trug, als ich zum ersten Male dich gesehen habe, damit du mich lieber erkennest."

"Ich dachte es," antwortete Bertha.

"Ich habe die rothe Rose auf dem weißen Schilde deinetwegen in dem Kampfe getragen," sagte Witiko.

"Ich wußte es," entgegnete Bertha.

"Dieses Mal kann ich nicht lange bei dir verweilen Bertha," sagte Witiko, "morgen muß ich fort."

"Ich weiß es," antwortete Bertha.

"Du weißt es?" fragte Witiko.

"Laß uns schweigen," sagte Bertha, "und laß uns alles erwarten, und laß uns jezt zu meinen Eltern zurük kehren."

Sie standen nach diesen Worten auf, Witiko reichte Bertha den Arm, sie legte ihren Arm in den seinen, und so gingen sie von dem Rasenplaze auf den Pfad, und auf diesem gegen das Waldhaus Stilichos. Sie gingen die sanfte Senkung hinab, die an dem Waldbaume nieder führte, und gingen durch die Eke Waldes, die über den Weg ragte. Als sie wieder in das Freie kamen, und als sie die Stelle erreichten, wo der Bach aus dem Walde rann, und wo der Weg, der von dem Walde herab mittagwärts kam, sich mit dem ihrigen vereinigte, sah Witiko den Mann Wolf noch immer auf dem Steine in der Schlucht neben dem Gebüsche sizen, auf dem er ihn gesehen hatte, als er gegen das große Gestein hinauf gegangen war. Da Wolf das wandelnde Paar erblikte, sprang er von dem Steine, und eilte in großen Sprüngen von dem Steine durch die Schlucht gegen das Haus. Witiko und Bertha sezten nun ihren Weg gegen Mittag fort. Witiko führte Bertha an der sprudelnden Bachader, die in Stilichos Haus rann, hinab, gegen welche er vor Kurzem allein herauf gegangen war.

Als sie den Hof des Hauses erreicht hatten, führte Witiko Bertha in das Speisegemach, und da dieses leer war, in die weiteren Gemächer. Hier löste Bertha ihren Arm aus dem Witikos, und eilte zu ihrer Mutter voraus. Stilicho aber begegnete Witiko, und grüßte ihn.

Witiko fragte, ob es ihm genehm wäre, etwas anzuhören, das er ihm zu sagen habe.

"Es ist hier mein Gemach," sagte Stilicho "und es ist außer uns niemand zugegen."

Mit diesen Worten rükte er Witiko einen Stuhl hin, und sezte sich sel-

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