Witiko

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[Leibe trugen, und auf das Holz und auf die Steine, aus denen die großen Häuser gebaut waren, oder auf die Pferde, wenn zuweilen Reiter vorüberzogen, oder auf einen Wagen, wenn manches Mal einer zu ersehen war. Viele sassen gerne im Kreise bei einander: Mathias, Adam, Max Albrecht, Philipp, Paul Joachim, und andere, und erzählten sich verschiedene Dinge, und erzählten sich, was sie schon von andern erzählen gehört hatten, seit sie hier waren: wie die Kirche des heiligen Veit von dem heiligen Herzoge Wenzel gebaut worden ist, und von dem Bischofe von Regensburg eingeweiht, und wie sie im Glanze des Goldes und des Silbers geprangt hat, und wie Wunder geschehen sind, seit der Leib des heiligen Wenzel in ihr ruhte, und wie dann der Herzog Spitihnew die Kirche niedergerissen und noch weit größer gebaut hat, und wie sie dann verbrannt und wieder aufgebaut worden ist, und wie ein Blizschlag den Thurm zerstört hat, und wie der Thurm wieder aufgerichtet worden ist, und wie sie die Menge der Menschen gar nicht fassen kann, die herzu kommen, wenn das Fest des heiligen Wenzel ist, und daß der heilige Veit und der heilige Wenzel und der heilige Adalbert diese Kirche zu der heiligsten im Lande machen. Sie erzählten, daß die Kirche der heiligen Jungfrau Maria noch weit älter ist als die Kirche des heiligen Veit, daß sie schon hundert und hundert Jahre da stehe, daß sie die zweite Kirche ist, die in dem Lande Böhmen gebaut worden ist, der erste christliche Herzog des Landes Boriwoy hat die erste Kirche in Hradec gebaut, und dann hat er gleich die Kirche der heiligen Jungfrau Maria in Prag errichtet. In dieser Kirche hat der Herzog Wratislaw das Abschneiden der Haare seines Sohnes des heiligen Wenzel gefeiert. Sie wirkt auch Wunder. Die Kirche des heiligen Georg, bei welcher das Haus der frommen Frauen des heiligen Georg steht, ist auch älter als die Kirche des heiligen Veit. In dieser Kirche ruhet der Leib der heiligen Märtirerin Ludmila, der Ehefrau des ersten christlichen Herzoges Boriwoy, und der Großmutter des heiligen Wenzel, und es ruhen böhmische Herzoge in ihr. Sie ist auch wunderthätig. Sie erzählten von dem hohen Fürstenhofe, und wie man einmal mit [|zwanzig|] vierzig gezierten Pferden den Herzogstuhl von dem Wysehrad zu dem Fürstenhofe herüber gebracht hat.

Die Verwundeten, Tom Johannes den Fiedler, David den Zimmerer und Veit Gregor hatten die Waldleute bei den Frauen des heiligen Georg untergebracht, welche sie zu sich zu nehmen, und zu pflegen versprochen hatten. Die Männer von Plan gingen öfter zu den Kranken, sie zu besuchen, und zu trösten.

Sebastian, der Schuster von Plan, verlangte von Witiko, daß er ihm gestatte, nach Plan gehen, dahin Nachricht bringen, und nothwendige Dinge holen zu dürfen. Er werde schon wieder zurük kommen, wenn man ihn braucht.

Witiko sagte: "Du weißt, daß der Herzog erklärt hat, jeder dürfe fort gehen, der wolle, und also gehe."

Sebastian ging über den Berg hinunter, über die Brüke, durch den Burgfleken, und gegen den Wysehrad hin davon.

Witiko verwendete die Zeit, welche ihm von der seiner Führerschaft gehörigen übrig blieb, dazu, sich genau zu unterrichten, was sein Stand fordere, und wie die Vertheidigung der Stadt geführt werden würde. Er hatte daher Verkehr mit manchem älteren Kriegsherrn, und dann auch mit seinen jüngeren Kriegsgenossen, mit Odolen, Sezima, Zwest, Jurik, und anderen. Er tröstete die Verwundeten darunter, und ging auch öfter zu Welislaw, welcher in einem Gemache des Herzogshofes war, und dort entweder auf einem weichen Gesiedel saß, oder durch die Fenster auf die Einrichtungen schaute, die er da erbliken konnte. Er ging recht schnell der Genesung entgegen. Die zwei Knechte verwendete Witiko in der Art, daß Raimund die Pflege der Thiere und dessen, was zu Hause war, zu besorgen hatte, Jakob aber die Gänge verrichtete, wenn Witiko Botschaften zu schiken oder Nachrichten einzuholen hatte. Jakob war zu diesen Dingen tauglicher als Raimund.

Der Herzog Wladislaw harrte in dieser Zeit auf Wladiwoy, einen kühnen Mann, den er mit Reitern ausgesendet hatte, den Zustand des Landes und die Handlungen der Feinde genau zu erforschen, und ihm die getreue Nachricht zurük zu bringen.]1
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1 Fortsetzung des getilgten Texts von H S.191.
Die äußeren Tilgungsklammern zeigen an, daß die ganze Seite mit Schraffierungen gestrichen ist.