Witiko

H192, S. 238

"Ich danke euch," entgegnete Witiko, "wir bitten nur um kurze Rast für heute, um etwas Nahrung für uns und unsere Pferde, und um eine Herberge für die Nacht. Mit dem frühen Morgen werden wir unsern Weg wieder betreten."

"Wie es euch gefällt," antwortete Stilicho, "es wäre eine Unart der Gastfreundschaft, den Gast zu zwingen, wenn ein längeres Bleiben uns auch sehr angenehm wäre."

"Ich danke euch für eure Gesinnungen," sagte Witiko.

"Reitet ein," antwortete Stilicho.

Mit diesen Worten trat er seitwärts, und Witiko ritt mit seinen Gefährten langsam in den Hof, bei dieser Gelegenheit beugte sich der Mann mit dem Wollkopfe gegen Witiko, und sprach zu ihm hinauf: "Das ist sehr gut, daß ihr gekommen seid, das ist sehr gut."

Witiko antwortete nicht, und die drei Männer ritten bis in die Mitte des Hofes.

Dort stiegen sie von den Pferden, welche von Knechten empfangen, und in den Stall geführt wurden. Witiko sagte nun zu dem Mann mit dem Wollkopfe: "Sei gegrüßt, Wolf, ich bin wirklich erfreut, daß du so gesund bist."

Der Angeredete lachte freundlich, und sagte: "Und das schöne Pferd habt ihr auch noch. Ihr werdet gewiß heute auch wieder selber darnach sehen, wie dazu mal im Hauzenberge."

"Ja wohl," sagte Witiko, "und ich hoffe, daß das gute Thier mir noch recht lange dienen wird."

"Es wird treu und rechtschaffen dienen," entgegnete der andere, "es kann ja gar nicht anders sein. Seht ich bin auch schnelle, ich bin neben eurem Pferde auf diesen Plaz herzu gegangen, während unser Herr erst jezt heran kömmt. Das ist gut, ach das ist gut."

Nach diesen Worten entfernte er sich von dem Plaze, und Stilicho trat herzu. Er reichte Witiko die Hand, und führte ihn gegen den Eingang der Gemächer. Witikos Begleiter folgten. Stilicho führte die Männer einige Stufen hinan, dann durch einen Gang, der durch ein eisernes Gitter geschlossen werden konnte, und hinter dem Gitter in ein Gelaß, welches zwei Abtheilungen hatte. Es standen vier Betten in ihnen.

"Hier haltet Rast von allen Geräuschen und andern Dingen entfernt, so lange ihr wollt," sagte Stilicho zu Witiko, "und wenn es euch dann gefallen wird, mein lieber Gastfreund, so kommt, um meine Hausfrau zu begrüßen. Den Weg wißt ihr ja."

"Ich weiß ihn," sagte Witiko, "und ich werde ihn bald betreten. Saget indessen eurer Hausfrau meinen demüthigen Gruß."

"Ich werde es thun," antwortete Stilicho, "und jezt gehabt euch indessen wohl."

Mit diesen Worten reichte er Witiko wieder die Hand, und ging dann an den zwei andern vorüber aus den Gemächern, durch das offenen Eisengitter, und durch den Gang.

Als die Tritte verhallt waren, sagte Witiko zu seinen Begleitern: "Da können wir ruhen, wie es uns gefällig ist; es sind vier Bettgestelle hier, gepolsterte Gesiedel, und Stühle und Bänke."

Er sezte sich nach diesen Worten auf einen Stuhl, der neben einem großen Buchentische stand. Der Mann in dem braunen Gewande sezte sich auf ein gepolstertes Gesiedel, das in einer Eke stand, und blieb dort ruhig sizen. Raimund nahm endlich auch Plaz auf einer Bank, die neben der Ausgangsthür war.

Nach der Zeit von einer Stunde stand Witiko auf, und sagte, er werde nach den Pferden sehen, und werde die Hausfrau begrüßen, sie möchten indessen hier bleiben. Er ging durch den Gang in den Hof hinunter, und ließ sich zeigen, wo die Pferde standen. Er fand

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