Witiko

H19


[zu Witiko 19]1
hatte eine eisenbeschalgene Thür. Durch die Thür, welche nicht geschlossen war, sondern einem leichten Druke wich, führte Bertha Witiko in das Haus. Sie kamen hinter der Thür in einen [weiten] geräumigen Vorsaal, von dem ein Gang durch die Länge des Hauses fort lief, und von dem Vorsaale traten sie links wieder in einen Saal. Derselbe war groß, und hatte gegen die Schmalseite des Hauses vier, gegen dessen Langseite sechs Fenster. Der Fußboden war von Tannenbrettern, die Wände waren weiß getüncht, und die Deke war eine starkbalkige Diele von braungebeiztem Tannenholze an den Wänden hingen [xxx] Waffen, und in den Eken lehnten auch einige. In der Mitte des Saales stand ein sehr langer Buchentisch.

An dem oberen Ende des Buchentisches saß ein Mann von etwa vierzig bis fünfzig Jahren. Er hatte ein weitfaltiges schwarzes Oberkleid an, von dem die lichtbraune Unterbekleidung hinab ging. Auf das Oberkleid fielen lange braune Loken hinab. Vor ihm standen zwei andere Männer, mit denen er sprach.

"In die Glurwiese geht ihr um fünf Uhr," sagte er, "dann könnt ihr mit der Hälfte fertig werden."

"Ja," sagte einer der Männer.

"Ihr müßt im Scherholze an der Sonnenseite schlichten, und die Ekstöße fest machen," sprach er weiter.

"Ja," sagte der andere der Männer.

"So, jezt geht,["] und berichtet mir, wenn es geschehen ist," sagt er [[weiter.] noch].

Die Männer entfernten sich, und gingen zur Thür hinaus.

Der Mann an dem Buchentische sah nun mit zwei großen [braunen] blauen Augen auf Bertha und Witiko.

Bertha ging einige Schritte gegen den Mann und sagte: "Vater, da ist einer in den Wald gekommen, der nach seinem Glüke geht, und sich ein Schicksal machen will. Weil heute Sonntag ist, so [feiert] ruhet er [ihn], und hat in dem Walde gebetet. Ich habe auf der Sperwiese mit ihm gesprochen, und bringe ihn dir."

Der Mann mit den braunen Loken stand auf, ging gegen Witiko, und sagte: "Seid mir willkommen[, d]."

"Ich nehme das Willkommen an," sagte Witiko, "und wollet mein Eindringen entschuldigen."

"Meine Tochter hat euch gebracht, und ihr seid willkommen," sagte der Mann, "und ihr wäret auch willkommen, wenn ihr allein gekommen wäret; denn mein Haus ist gastlich."

"Ich heiße Witiko von Pric," sagte Witiko.

"Ich Heinrich," antwortete der Mann.

"Der Reiter will heute auf die drei Sessel steigen," sagte Bertha.

"Weil ihr auf dem Wege nach gutem Dienste in mein Haus gekommen seid, Witiko," sagte Heinrich, "so nehmet ein Mittagessen bei mir, ich werde euch dann einen Mann geben, der euch zu den Sesseln geleiten soll. Jezt biethe ich euch einen Stuhl, und wenn es nicht gegen eure Sitte ist, so schnallt euer Schwert ab, daß ihr ungehinderter seid."

"Ich nehme die Einladung zum Mittagessen [dank] und zu einem Stuhle dankbar an, das Schwert kann ich aber nicht abschnallen, weil ich mir den Brauch auferlegt habe, es immer, wo es thunlich
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1 Ursprünglich als Beilage zur Seite 19 (vgl.H14) gedacht