Witiko

H19, S. 34c

"Höre einmal, Sohn des weisen Nacerat," erwiederte der scharlachrothe Reiter, indem er sich zu Einem der Angekommenen wendete, "dieser da meint, daß wir alle, die wir hier versammelt sind, ihn ausgenommen, den Wunsch hegen, die Plagen der Regierung in diesen Ländern zu übernehmen, auf dem Wysehrad oder auf Bürgliz zu sizen, oder Reichsversammlungen in Sadsak zu halten, und die Meinungen der erfahrenen Jahrträger und der klugen Kronräthe zu hören, und ihnen unterthanig zu sein, statt in freier Luft zu leben, die tiefsinnigen Köpfe regieren zu lassen, und uns um die Freuden zu bekümmern, die uns Gott in der Welt gegeben hat, um das fröhliche Reiten um die Jagd um den Becher um die Mädchen, und wäre es selber die schöne österreichische Gertrude die Schwester des prächtigen jungen Msarkgrafen Leopold, dem ja jezt unser glorreicher Herzog, welchem wir ein ewiges Leben hienieden wünschen, die böhmische Maria seine Tochter zur Gemalin geben will. Und du Odolen Sohn des Striz, und Welislaw sind wir nicht besser und jünger, uns die schönsten Mädchen aus zu suchen, als jener Fuchs, der Wratislaw von Brünn, der sich vor fünf oder sechs Jahren eine Prinzessin aus Rußland geholt hat, die schöner sein soll als alle sterblichen Leute."

"Und wie du auch scherzest," sagte Witiko, "so möchtest du doch der Erste sein, nur daß du es nicht kannst."

"Und du würdest den Herzog Sobeslaw gegen mich vertheidigen?" sagte der Scharlachreiter.

"Es ist ganz umsonst, über nichtige Dinge zu streiten," entgegnete Witiko, "aber ich würde ihn mit dem lezten Blutstropfen vertheidigen, weil er ein guter Mann ist, weil er recht regiert, weil er mit Gerechtigkeit eingesezt ist, und weil das Volk unter ihm Freuden und Wohlstand hat."

"Also einen schlechten Herzog würdest du absezen?" sagte der Scharlachreiter.

"Wenn ich einen schlimmen Herzog absezen könnte, und nur ich allein," antwortete Witiko, "so würde ich es nicht thun, weil ein schlimmerer kommen könnte, wenn der schlimme zu Recht besteht; aber dienen würde ich ihm nicht."

"Wenn du ein Steinschleifer bist, oder ein gelehrter Mann, der langsam nach Prag reitet," sagte der Scharlachreiter, "so könnte der Herzog deine guten Dienste wohl brauchen; denn er ist daran, hölzerne Häuser in Prag in steinerne zu verwandeln, die Straßen nach der Schnur zu richten, und die Sammlung von Steinen, daraus er im Wysehrad einen Fußboden macht, wie Täfelchen eines Kirchenfensters zu glätten. Und Bücher hat er genug zusammen gebracht."

Nach diesen Worten [rieß] wendete Witiko sein Pferd [herum], und schob es auf dem Wege zurük, bis er außer der Versammlung war. Dann hielt er, und rief: "Wenn ihr gekommen seid, einen Mann und sein Pferd zu höhnen, die euch nie beleidigten, so ist das eine schmachvolle That von euch, da ihr zwölf oder dreizehn gegen einen seid; wenn ihr aber die Ehre zu achten versteht, daß ein Einzelner von Euch eure Worte gegen einen Einzelnen vertritt, so bin ich da, sendet, wen ihr wollt, daß ich ihm stehe. Wollt ihr mich aber beschimpfen oder verwunden oder töten, so thut es; ich will lieber mein Blut hier unbekannt vergossen sehen, als Schmach erdulden, und erfahren, daß slawische Gastfreundschaft einen Fremden, der im Lande reitet, nicht ehrt."

Hierauf zog er sein Schwert, senkte es, und blieb mit seinem Pferde stehen.

"Ei wie hat er denn das Thier so schnell zurükgebracht, ich habe nicht geglaubt, daß das graue Gebäude so beweglich ist," sagte der Scharlachreiter.

"Ich bin Odolen der Sohn des Striz," rief einer
(1) aus dem Haufen [, der schöne grüne Kleider anhatte,]
(2) [|in grüner Kleidung|] aus dem Haufen
(3) [, der in schöner] grüner Kleidung [prangte,] aus dem Haufen
(4) in grüner Kleidung aus dem Haufen
und wendete den Kopf seines Pferdes gegen Witiko, "wenn du ein rechter Mann bist, so messe ich mich mit dir, auf welche Weise du willst."

"Ich bin Welislaw," rief ein brauner Mann, indem er sich gleichfalls gegen Witiko wendete, "und kehre keiner Drohung den Rüken."

"Ich [muß] will der Erste sein," rief Odolen.

"Und ich bin C[o]asta, ich bin Ben, ich bin der Sohn des Nacerat," riefen drei Stimmen.

"Oho," sagte der Scharlachreiter, "wenn es einen Kampf geben sollte, so wäre wohl ich der Mann, den er träf[f]e, da ich die Worte gegen jenen Trozkopf gerichtet habe. Seht wie das Büblein flügge ist, obwohl es noch keinen Bart hat, [der des Mannes werth ist,]
Randnotiz: |kaum ein Bart|
und eher einer Jungfrau gleicht. Aber es soll nicht gekämpft werden. Stellt euch zurük, und du, Lederreiter, komme her, wir thun dir nichts zu [l]Leide. Ich bitte dich der Reden willen um Verzeihung, die ich an dich gerichtet habe, du sollst keine mehr hören. Wir sind lustige Geschöpfe, und geben einer dem anderen wohl oft noch weit ärgere Worte, die nichts bedeuten. Und wenn du noch länger in dem Lande des uralten Erzvaters Cech herum reitest, so wirst du mehrere treffen, die uns gleichen, ¢wenn sie auch nur schlemmen, und der groben Jagd nachgehen, um das Wild zu fressen: wir fällen das Wild, ohne an den Schmaus zu denken,¢