Witiko

H189, S. 233


Vater großherzig und gut, und ist beides durch sich selber, sonst ist er aber auch verständig stark und tapfer, und ich bethe täglich in meiner schwachen Kraft, daß ihn Gott recht lange erhalten möge, damit die Kämpfe, welche bei einem Wechsel des Fürstenstuhles bevorstehen, erst nach recht vielen Jahren eintreten mögen. Wladislaw wird vielleicht Glanz und Ruhm über diese Länder bringen
Randnotiz: können
, er scheint mir die Eigenschaften und die Gedanken dazu zu haben; aber besser wäre es, wenn er in Stillem dahin wirkte, wenn er weniger in fremden Ländern genannt würde, wenn aber die Völker unter ihm in der Wohlfahrt ihrer Seele gedeihen, und auch die Wohlfahrt des Leibes genössen, die ihnen zuträglich ist. Laßt uns hoffen, daß das Gute in ihm zum Guten führen werde, sei es auf dem oder jenem Wege, wie er ihn eben wählen wird. Du aber hast, wenn auch nicht nach dem Rechte, da ja gar kein Recht vorhanden ist, doch nach dem Guten gehandelt. Bleibe bei Wladislaw, wer weiß, was dir Gott für Gaben gegeben hat, mein Kind, und wie du ihm und deinen Mitbewohnern dieser Länder nüzen kannst; aber auch der geringe Dienst ist nicht zu verachten, viele Geringe machen ein Heer. Die Bewohner des großen Waldes sind dir gut gesinnt, wer weiß es, was daraus entstehen kann. Sie haben unter deiner Führung auf dem Berge Wysoka gut gekämpft, und sie sind auf den Wällen der Stadt Prag vortrefflich gewesen. Der Herzog scheint gut von dir zu denken; denn er hat dich zu dem Könige Konrad mitgenommen, zu dem Heere, dem der größte Kampf bevor zu stehen schien der Kampf vor Prag zur Befreiung der Stadt. Darum hat er auch Welislaw und Odolen mitgenommen. Nun der Kampf hat nicht statt gefunden, und es ist so besser. Wenn die Waldmänner auch in Zukunft zu dir und zu ihm stehen, wird es nicht schaden. Aber sei alles, wie es sei, thue nur, wie wir heute beide gesagt haben, stets das Gute, und das Andere wird sich damit verbinden."

"Ich habe einen großen Wunsch an den Herzog Wladislaw," sagte Witiko, "daß er nehmlich die Kinder Sobeslaws gut behandle."

"Er wird die, welche sich ihm nicht widersezen, liebevoll versorgen, wie er ja gegen die sanfte Adelheid auch ehrerbiethig und großmüthig gewesen ist," antwortete Silvester, "aber auch denen, welche gegen ihn aufstehen sollten, wird er nicht gar so übel thun. Er bereitet jezt den Krieg gegen die Nachkommen Premysls, die sich wider ihn bewaffnet hatten, bedächtig vor, er wird ihn in diesem Jahre noch nicht beginnen, aber in dem folgenden wird er ihn führen, und wird siegen. Wenn sie dann sich unterwerfen, und Reue zeigen, wird er ihnen verzeihen, und sie noch mit [Gütern begnaden] Gnade begaben. Er wird selbst den dankvergessenen Otto, den er aus der Verbannung in Rußland zurük rief, und mit dem Herzogthum Olmüz begabte, der aber aus Gier nach größerem Gewinne sich zu seinen Feinden gesellte, nicht nach dem Leben stehen. Wenn nur diese wilde Sucht der Söhne Premysls nach Macht Willkür Reichthum Rache und dieselbe Sucht der Häupter dieser Lande vertilgt werden könnte, dann würde der Segen Gottes auf die weiten Felder kommen, die da von uns bewohnt werden. Dem milden Stabe der Lehre des Herrn, wenn er recht geführt würde, könnte es gelingen, sie unter sein majestätisch sanftes Gesez zu beugen. Möge er bald erscheinen, und sich in Liebe und Ruhe über beide Länder erstreken. Der heilige Vater hält sein Auge schon auf sie gerichtet, und wird helfen, wenn es noth thut, und die Engel des Himmels begleiten seine Schritte."1
Randnotiz: Erst der heilige Vater wird einem Mann senden...

"Ich möchte es gerne dahin bringen, dem Herzoge Wladislaw einen großen Dienst zu erweisen," sagte Witiko, "damit ich das Recht gewänne, eine Fürbitte bei ihm für die Kinder Sobeslaws einzulegen."

"Dieses Recht hast du immer, Witiko, und er wird es an dir ehren," antwortete Silvester, "denn er hat die Treue, mit welcher du für den Mann Sobeslaw, der wohlwollend auf dich ge-

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