Witiko

H183, S. 209b

Am Nachmittage ließ Diepold die Krieger zusammen rufen, dann trat er vor sie, und sprach: "Genossen und Freunde! Wir werden heute in der Nacht den Aufrührern einen Besuch machen. Sie haben ihr Lager gegen die Sumpfwiesen weniger befestigt, und bewachen es dort weniger. Ich kenne seit meiner Kindheit den festen Weg, der durch die Wiesen führt, und ein vertrauter Mann hat ihn auch noch mit Ruthenzeichen bestekt. Wir werden ihn begehen, und in das Lager einbrechen. Heute ist kein Mond an dem Himmel, der uns verrathen könnte, und die Sterne werden uns genug leuchten, daß wir uns nicht verirren. Die Feinde werden in Unordnung gerathen, wenn wir sie anfallen; und wir können ihnen Abbruch genug thun, ehe sie sich sammeln. Dann aber, wenn sie mit Macht gegen uns rüken, gehen wir auf die Wiesen zurük, und loken sie zum Verfolgen in das Moor. Jurik wird mit einer Reiterschaar innerhalb des Roßthores warten. Alle jene, welche sich zu dem Zuge gesellen wollen mögen vortreten. Ihr, die ihr Führer der Abtheilungen seid, meldet allein, was ich gesagt habe, und sendet die, welche heraus getreten sind, hieher."

Sogleich traten in der Nähe Diepolds Männer aus der Reihe; die Führer aber begaben sich zu den Ihrigen, den Anschlag zu verkündigen. Bald eilten Männer von allen Seiten herbei, und stellten sich zu Diepold. Als der Zug aber nicht enden wollte, geboth Diepold Stillstand, und wählte mit Hilfe der Führer die Schaar, die er bedürfte. Den andern dankte er, und sagte, er werde sie rufen, wenn er wieder aus der Stadt gehen würde. Sie zogen sich zurük, zu den Versammelten aber sprach Diepold. <">Um die Stunde der Mitternacht findet euch bei dem Roßthore ein. Der Mann welcher die Ruthen gestekt hat, wird uns erwarten, ich habe ihn in der Stadt behalten, und ihm verkündet, daß er den Ruhm der That mit uns theilen dürfe. Werkleute zum Zerstören der Planken werden auch da sein, und wir werden insgesammt mit Gottes Beistande unsern Weg antreten. Jezt entfernt euch, und rüstet euch zum Streite."

"Heil und Ruhm Diepold," riefen die Männer, und gingen auseinander.

Um die Stunde der Mitternacht, da der Himmel voll von Sternen stand, kamen sie zu dem Roßthore. Jurik kam mit seinen Reitern und und Diepold kam. Die Werkleute mit Äxten und Brechstangen standen bereit, und der Mann war da, welcher die Ruthen gestekt hatte.

Diepold sprach: "Unser Wort heißt: Gertrud, und das Wort zur Umkehr heißt: Gertrud und Ende. Jurik, stelle dich hier auf, die Späher auf den Zinnen, werden dir, wenn es Noth thut Botschaft und Zeichen geben. Zwei nehmen unsern Führer und Wegbezeichner zwischen sich, und schüzen ihn, daß er sicher an unserer Spize[, und]. Und nun öffnet."

Das Pförtlein des Thores that sich auf, die Männer gingen still durch dasselbe, und es schloß sich wieder hinter ihnen. Draußen schritten sie schweigend fort.

An der Spize ging der Kundschafter, zwei Männer mit gezükten Schwertern gingen an seiner Seite. Dann kam Diepold und eine kleine Schaar, die er befehligte, dann kam Ben der Sohn Bens und die kleine Schaar, die er befehligte, dann kam Sezima und die [Seinig] unter ihm waren, dann kam Diet mit Waldleuten, und zulezt Tusch mit den Seinigen. Da sie zu den Häusern gekommen waren, die vor der Stadt lagen, verließen sie den breiten Weg, und gingen rechts durch Gärten, und von denselben auf die Wiese hinaus. Da sie in die Moore der Wiese gelangt waren, gingen sie in einem schmalen Streifen auf dem festen Wege des Moores dahin.

Nach einer Weile sahen sie hie und da ein Licht, das wie ein Irrlicht war, wie sie oft bei Nacht in feuchten Gräsern zu erbliken sind.

Es waren Leuchten des Lagers.

Da wieder eine Zeit verfloßen war, gelangten sie zu einer Umzäunung. Die Umzäunung bestand aus Pflöken, die dicht an einander in die Erde gerahmt waren. Eine andere Befestigung war an dieser Seite des Lagers nicht.

Diepold ließ die Wer<k>leute vorgehen, und befahl, ohne Geräusch eine Öffnung zu erzwingen.

Die Werkleute gingen nun daran, mit Brechstangen Pflöke heraus zu wiegen.

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