Witiko

H182, S. 208b


ihn sorge. Die Todten bereitete man zur Beerdigung vor. Als diese frommen Pflichten erfüllt waren, ritt die Herzogin in die Burg. Diepold ordnete die Huth der Mauern, sorgte für Ruhe der Kämpfer und für Speise und Trank. Da dieses vollbracht war, ging er mit Lubomir Diwis und Jurik in die Krankenstuben zu den Verwundeten, um sie zu trösten, und ihnen zu danken. Er fand bereits die Herzogin dort und den Bischof Otto und den Probst Daniel und andere Priester und Männer und Frauen der Stadt, die Labsal brachten. Die Wunden waren schon verbunden, und die Leidenden lagen auf ihren Betten, [und st] oder saßen in Stühlen. Sie erfreuten sich der Worte des hochehrwürdigen Bischofes der hochehrwürdigen Priester der Herzogin Diepolds und der andern. Sie dankten für die gebrachten Gaben, und viele sprachen den Wunsch für das Gelingen dieses Krieges aus und für dessen ruhmreiche Beendigung. Diepold ging jezt auch noch in Häuser, wo Verwundete waren. Er ging zu Zwest, der einen Pfeil durch den linken Arm erhalten hatte, zu Jurik dem Sohne Juriks, dessen Knie von einem Steine gestreift worden war, zu Zdeslaw dem Sohne Diwiss, der eine Lanzenverwundung hatte, und zu Moyslaw dem Sohne Lubomirs, in dessen Schulter ein Lanzenstich war, Dann verfügte er sich wieder auf die Mauern, um nach den dortigen Dingen zu sehen.

Als der Abend dieses Tages gekommen war, luden die Gloken des heiligen Veit in die Kirche. Zahlreiche Menschen gingen dahin, die Herzogin kam in einem dunkeln Gürtelgewande mit ihrem Gefolge. Diepold kam mit den Führern und Kriegern. Männer des Waldes standen troz ihrer Ermüdung auf den Pflastersteinen des Münsters, und der Schmied von Plan hatte seine eiserne Keule neben sich gelehnt, Otto der Bischof von Prag feierte mit seinen Priestern einen Lobgesang zu Gott, daß er die Gefahr gnädig abgewendet habe. Dann segnete er die in der Kirche waren, und entfernte sich. Man begann die Kerzen auszulöschen, und die [Män] Menschen zerstreuten sich in ihre Wohnungen.

Des andern Tages sah man beim Anbruche des Lichtes Männer und Wägen aus dem Lager der Feinde gegen die Stadt kommen. Sie hatten schwarze Banner, welche die Bitte ausdrükten, daß man sie ihre Verwundeten, die etwa noch da sein konnten, und ihre Todten auflesen lasse. Dispold befahl ein schwarzes Banner als Gewährung aufzupflanzen. Als das dunkle Tuch in der Luft wehte, kamen die Feinde vollends herzu, und begannen ihr Werk.

Die auf den Mauern betrachteten ihr Thun, und störten sie nicht. Man konnte an ihnen die Gewänder erkennen, wie sie in dem einen oder andern Striche des Landes gebräuchlich waren, und wenn einer einen Verwundeten unten gehabt hatte, so hätte er sein Angesicht zu erkennen vermocht. Sie lasen mit Emsigkeit die Ihrigen auf, und suchten sie auf den Wägen fort zu schaffen, [und] oder ließen sie auf Bahren davon tragen. Wenn einer auf der Erde saß, so sah man, wie er umringt wurde, und wie man ihm Beistand anboth. Von den zurükgebliebenen Geräthen wurde nichts berührt, weil [sie] die Männer wohl wußten daß für dieselben die schwarzen Banner keine Geltung hatten. Nach einer Zeit war die Pflicht erfüllt, der Plaz war leer, außer daß er nur Leitern Stangen Haken Reisigbündel und andere Sturmdinge zeigte.

An diesem Tage wurde von den Feinden nichts gegen die Stadt unternommen.

Die Vertheidiger und Werkleute aus der Stadt arbeiteten auf den Wällen, um das, was im Kampfe schadhaft geworden war, wieder auszubessern, und das, was verbraucht worden war, wieder zu ersezen. Man sah hier Männer, deren Alter sie schon zu dem Kampfe untauglich machte, ja selbst Frauen und Jungfrauen, sich heran drängen, und sich zur Hilfe anbiethen. Sie zogen leichte zweirädrige Wäglein, auf denen sich Wurfdinge befanden herbei, lasen auf, was die Feinde gesendet hatten, oder suchten auf andere Weise Beistand zu leisten. Diepold und die Führer leiteten die Anstrengungen, daß die Ordnung bald wieder auf den Mauern hergestellt würde.

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