Witiko

H182, S. 207b


stellten ihre eigenen Leiber noch troziger vor, und sendeten ihre Lanzen und Geschosse noch schneller in die Feinde. Den alten Bolemil sah Gertrud neben der großen Schleuder sizen, die unter den Seinigen aufgestellt war, und die Haufen der gewürfelten Steine neben der Schleuder wurden sichtbar kleiner. Bolemil lüftete seine Sammethaube von den weißen Haaren, als er die Herzogin sah, und fuhr fort, seinen Sippen und Mannen zu befehlen. Die Herzogin neigte sich gegen ihn ehrerbiethig auf dem Pferde, und grüßte ihn mit Schwenkung des Schwertes. Als sie zu den Leuten der mittäglichen Wälder kam, an deren Mauern auch Stürmende empor strebten, erhoben die Männer des Waldes ein Freudengeschrei, das so furchtbar war, daß alle andern Leute erschroken wären, die Herzogin aber nicht. Weder das Läuten der Gloken noch das Rufen der andern Männer konnte man vor diesem Geschrei vernehmen. Und als Dimut einige Schritte gegen sie vorsprengte, und sie mit ihrem Schwerte grüßte, wurde das Geschrei noch
(1) wie ein einziger gesellender
(2) [gleichsam wie ein] einziger
(3) gleichsam wie der einzige Laut in den Lüften.
Die Männer ergrifen mit ihren eigenen Händen die Dinge, die sie erreichen konnten, und warfen sie auf die Feinde hinunter. Sie brachten Blöke, die Menschenhände nicht hätten sollen bewältigen können, über die Brüstung, und stürzten sie hinab, daß man in dem wüsten Lärme doch das dumpfe Krachen und Dröhnen von unten hören konnte. Tom Johannes saß hinter einer Berge, und schrie Worte die niemand vernahm, und machte mit seinen beiden Händen Zeichen der Befehle, auf die niemand achtete. Die Herzogin grüßte zwei Male mit ihrem Schwerte, und ritt weiter.
Randnotiz: mehr Männer

Zwei Stunden hatte schon beinahe das Stürmen der Feinde gedauert, und es begann zu erlahmen, als plözlich von denen, die hinter Häusern Bäumen und anderen Dingen vor der Stadt hielten, ein Knäuel sich löste, und mit Schreien sich gegen einen Theil der Mauer stürzte, der weniger Männer enthielt. In einem Augenblike häuften sie Reisigbündel Rasen Leitern und andere Dinge, und klommen empor; aber in derselben Frist ertönte von der Stadt ein Freudengeschrei, daß man sah, der Plan der Feinde sei erkannt worden, und werde vereitelt werden. Wie Bienenschwärme flog die Wolke der Vertheidiger gegen die Brüstung, daß man meinte, die Stadt könne so viele Menschen nicht gefaßt haben, und was der Krieg für solche Fälle nur immer in Bereitschaft halten kann, Wurfstüke Geschoße Lanzen Pfeile brennende und brühende Dinge schütteten sich auf die Stürmenden nieder, und wenn man meinte, das Schütten sei am heftigsten, wurde es noch heftiger. Außer denen, welche zur Vertheidigung berufen worden waren, kamen aus dem Innern der Stadt noch Menschen herbei, und trugen in ihren Händen oder in ihren Kleidern Steine Ziegel Eisen Blei, und brachten diese Dinge die Auffahrt gegen die Mauer hinan, daß sie auf die Feinde geworfen werden könnten, wenn man sie bedürfte, oder der Vorrath nicht reichte. Kurz war hier der Kampf aber entscheidend. Die Stürmenden glitten zurük, und wichen, indem sie sogar einen Theil ihrer Verwundeten und Todten und ihrer Geräthe zurük liessen, Dies war das Zeichen, daß auch an allen andern Stellen die Angreifer abließen, und sich zurük zogen, indem auch da Todte Verwundete und Werkstüke auf dem Plaze bleiben mußten. Diepold ließ ihnen nicht Zeit, sich zu ordnen, sondern drang mit Schaaren aus der Stadt, und stürmte gegen die lezten Abtheilungen der Weichenden, und was das Schwert zu erreichen vermochte, wurde durch das Schwert geschlagen. Erst da der Feind gegen seine Hauptmacht zurük kam, ließen die Verfolger ab, eilten zurük, und wurden durch ihr Thor aufgenommen.

Nun war der Kampf aus, Stille und Ruhe trat ein, und die Gloken der Stadt hörten auf, zu tönen. Jezt kamen die Frauen der Herzogin zu ihrer Herrin auf die Mauern, andere Frauen und Männer und Priester kamen herbei, um nach den Verwundeten zu sehen, und nach denen, deren Wunden nicht mehr schmerzten. Die ersten wurden in Verpflegung genommen, und in die Krankenstuben gebracht, die Diepold angeordnet hatte, außer wenn der eine oder der andere in ein Haus der Stadt [genommen wurde] begehrt wurde, daß man dort für

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