Witiko

H179



"Das Übel der Fremden ist jezt nicht zu vermeiden," sagte Jurik, "rufen wir sie nicht, rufen sie andere. Die Andern rufen sie zu Raub, rufen wir sie zur Beruhigung des Landes. Brüder und Schwäger helfen sich in allen Ländern, und der edle Leche Bolemil hat gesagt, daß das Übel nothwendig geworden ist, und der sterbende Sobeslaw hat es auch gesagt. Doch wäre es vermieden worden, nur der heutige Verrath hat es hervorgerufen. Ich sage wie Bolemil, rufe deine Schwäger, und ende schnell."

"Und was sprechen meine andern alten Räthe?" fragte der Herzog.

Und Milota und Bozebor und die Äbte und Bartholomäus sprachen für große Sicherheit.

Preda verwarf die Einmischung der Fremden.

"Und euch, Prinzen, frage ich erst jezt, weil ihr jünger seid," sagte der Herzog.

"Ich rede für größere Sicherheit," antwortete Diepold.

"Ich für morgige Entscheidung," sagte Heinrich.

"Und ihr dort weiterhin?" fragte der Herzog.

"Für morgige Entscheidung," rief Zwest.

"Für morgige Entscheidung," rief Jurik, der Sohn Juriks.

"Für morgige Entscheidung," rief Beneda.

"Morgen Schlacht, und ganz gewisser Sieg," schrie Odolen.

"Morgen Schlacht, morgen Schlacht," riefen nun mehrere Stimmen der jungen Männer.

"Es ist gut," sagte der Herzog, "ihr wollt die Schlacht und ruhmreichen Sieg oder ruhmreichen Untergang. Ich rede als Ritter wie ihr. Ihr dürft euer Leben hinwerfen; ich der Herzog aber darf euer Leben nicht hinwerfen, und das Heil des Landes nicht auf die Spize stellen. Wir gehen in unsere feste Stadt Prag, in welcher der Fürstenstuhl steht, festigen die Mauern um ihn und um uns noch mehr, und suchen Verstärkungen zu gewinnen. Du, Bruder Heinrich magst in das Land Budissin gehen, und neue Männer holen. Sind wir dann mächtig, die Entscheidung zu suchen, suchen wir sie. Brauchen wir Hilfe, so gehe ich zu meinem Schwager Konrad, dem Könige der Deutschen, und bringe sie, und ende schnell. Ihr meine jungen Männer, zeigt jezt die größere Tapferkeit, euern Muth zu zügeln, und folgt dem Rathe der Alten, die tapfer und weise sind."

"Es wird so gut sein," sagte Bolemil.

"Es ist gut," sagte Otto, der Bischof von Prag.

"So thun wir," sagte Zdik, der Bischof von Olmüz.

"So thun wir," sagte Lubomir.

"Pflegt einige Stunden in der Nacht der Ruhe," sprach der Herzog, "dann, ehe der Tag scheint, brechen wir auf, es wird die Weisung erfolgen. Und nun noch Eines. Es wird ein Bischen Abendkost bei mir bereitet, und wohl auch noch ein Wein wird vorhanden sein. Wer es mit mir theilen will, ist Abends willkommen. Jezt, Herren, seid für euren Rath bedankt."

Die Männer begannen, sich zu zerstreuen.

"Führt mich hinweg," sagte Welislaw, "ich bin weder zum Rathe noch zur Schlacht tauglich."

Zwei Männer führten ihn von dannen.

Witiko ging zu den Seinigen. Rowno, Diet, Osel, und die andern gingen auch zu ihren Waldleuten. Nun, da der Herzog mit den Führern berathen hatte, ging er auch noch zu den Kriegern. Er ging längs der ganzen Reihen, besah die Männer, sprach mit ihnen, tröstete die Verwundeten, und ermunterte die andern.

Als er zu Witiko kam, stellte dieser seine Leute auf.

"Witiko," sagte der Herzog, "wenn ich zu meinem Schwager Konrad gehen muß, so gehst du mit mir."

Dann sprach er zu den Leuten: "Männer des Waldes, ihr habt eigentlich den Tag gerettet. Ich sage euch den größten Dank. Ich will mir eure Angesichter einprägen, daß ich sie wieder kenne, wenn ich sie sehe. Haben wir diese Sache geendet, will ich eurer gedenk sein, und ihr sollt keinen undankbaren Herzog an mir finden."

"Der junge Witiko hat eigentlich alles geleitet, als Smil gestorben war," sagte Stephan der Wagenbauer.

"Ich weiß es," antwortete der Herzog, "und gedenke es ihm."

"Wir gehen nach Prag, um die Stadt zu vertheidigen," fuhr er fort, "bis wir wieder angreifen. Ihr werdet wollen in euren Wald gehen."

"Mit Gewährung, Herr Herzog," sagte der Schmied von Plan, "wir konnten auf diesem Berge nicht von dir abgetrennt werden, weil wir wieder zu dir gingen, als die Lügner vom Plakahofe davon gelaufen waren, sonst hätten wir unser Vorhaben nicht ausgeführt. Wir werden schier alle mit dir nach Prag gehen, wenn du uns zu essen geben kannst; denn das Brod und das Rauchfleisch in unseren Säken ist zur Neige. Und sie werden uns die Stadt so wenig nehmen können, wie diesen Berg, und etwa reißen wir ihnen dann den Flimmer und die schönen Steine vom Leibe, die sie prahlerisch angelegt haben."

"Wer mit mir nach Prag geht, wird die Lebensmittel erhalten, die wir haben," sagte der Herzog.