Witiko

H176, S. 192b


ehrbaren Kmeten der Stadt Prag, welche insgesammt die Treue nicht vergessen haben, ich bitte euch, achtet auf meine Worte. In dem, was sich seit dem Beginne dieses Frühlings zugetragen hat, sind zwei Dinge zu betrachten. Das erste Ding ist: im Hornung des Jahres 1140 hat mich eine Versammlung der besten Männer der Länder Böhmen und Mähren zum Herzoge dieser Länder gewählt. Ein Theil jener Männer hat nun wieder einen andern Herzog gewählt. Wir alle, die wir hier versammelt sind, und die treuen Krieger, die um uns sind, erkennen diese Wahl als ungerecht. Wir haben uns der Macht der Ungerechten auf dem Berge Wysoka entgegen gestellt, und hätten sie zu Boden geworfen, wenn nicht die Treulosen auch in unsern Gliedern den Verrath gesäet hätten, der Verwirrung brachte, und uns hinderte, den Streit zu Ende zu führen. Wir sind in diese Stadt gegangen, und haben uns vor den heiligen Stuhl Premysls gestellt. Die Feinde folgen uns, und suchen den Stuhl zu gewinnen, daß sie ihren Herzog daraufsezen, und ihm das Recht der Herrschaft sichern. Es ist an uns, zu wachen, daß [die Feinde] sie nicht in die Stadt kommen. Die Männer und die tapferen und starken Herzen, welche in diesen Mauern sind, werden die Bemühungen der Gegner auf lange Zeit hin zu Schanden machen, ja es ist möglich, daß die Feinde durch Zeit und Leiden aller Art ermüden, und endlich die Belagerung der Stadt aufgeben, und sich zerstreuen. Das ist das erste Ding. Das zweite Ding ist, daß die Macht der Feinde schnell und rettungslos nieder geworfen werde. Sie muß schnell nieder geworfen werden, daß nicht über die schuldlosen Bewohner des Landes der Jammer und das Elend komme, wie sie die früheren Kämpfe um den Thron gebracht haben, und ferner, damit die Lebenden nicht die Unordnung lernen, und sich nicht an die Lösung der Zucht gewöhnen. Sie muß aber auch rettungslos nieder geworfen werden, daß nicht Übermüthige und Böse aus den gegenwärtigen Dingen Hoffnungen schöpfen, wenn sie sehen, daß immer einige einen neuen Herzog aufzustellen, und ihn mit Gewalt wenn nicht wirklich doch beinahe einzusezen vermöchten. Meine Späher melden mir, daß die Zahl der Feinde [beinahe] nahe an zwanzigtausend Männer betrage. Wir sind nach dem Wegfalle derer, welche sich nach dem Tage [xxx auf dem Berge] vom Wysoka zerstreut haben, nicht zehntausend. Wie tapfer und herrlich sie sind, so können sie wohl siegen; aber die Macht des Feindes nicht schnell und zugleich rettungslos vertilgen. Dazu sind größere Schaaren nöthig. Mein Bruder Heinrich wird Männer aber gewiß nicht in der gehörigen Anzahl aus dem Lande Budissin bringen. Ein Heer in dem Lande zu werben, würde zu lange dauern, und würde dem Feinde auch Zeit zu Werbungen geben, und dann würde sich der Krieg der Eingeborenen gegen die Eingeborenen in das Endlose ziehen. Hier ist es nun an dem, daß die Hilfe eines Freundes gerufen werde, der das Übel schnell und gründlich tilge. Mein Schwager Leopold, der Sohn des frommen Leopold, Markgraf von Österreich würde schleunig Hilfsvölker senden; allein ihr wißt, daß er vor einem halben Jahre zu Altaich in Baiern nach dem Kriege, den er gegen den Wittelsbacher so herrlich geführt hat, gestorben ist. Sein Bruder Heinrich, welcher die Zügel seiner Nachlassenschaft ergriffen hat, ist noch zu wenig befestigt, und ist auch im Streite wegen des Herzogthumes Baiern begriffen. Aber da ist mein Nebenschwager, Konrad der König der Deutschen, der Stiefbruder meiner Gemalin Gertrud, welche beide Kinder jener Agnes sind, die eine Tochter des Kaisers Heinrich des vierten ist. Diesem Kaiser Heinrich ist mein Oheim Boriwoy gegen seinen undankbaren aufrührerischen Sohn beigestanden. Ich habe an Konrad gesendet. Er wird aus Liebe zu seiner Mutter Agnes, aus Liebe zu seiner Schwester, und aus Liebe zu seinem Großvater dem seligen Kaiser Heinrich schnelle und ergiebige Hilfe senden. Ihr, geliebte Freunde und Kampfgenossen, bleibt in der Stadt, und haltet den Feind vor ihren Mauern zurük, ich gehe mit nur wenigem Geleite, daß ich euch nicht schwäche, zu Konrad, komme mit Männern von ihm und aus unserem Lande zurük, und schlage dann [vor euren Augen] die Schlacht. Es muß schnell gehandelt werden. In drei oder vier Tagen können die Feinde vor der Stadt sein, und in weiteren fünf Tagen können sie dieselbe eingeschlossen haben. Ich habe gesprochen, und nun, ihr Herren der Kirche und ihr Herren des weltlichen Standes, wenn es immer gefällig sein kann, redet."
Randnotiz: die Feinde werden in |wenigen Tagen| xxx

Er blieb noch einige Augenblike stehen, dann zog er seinen Stuhl an sich, und sezte sich zu dem Tische.

Der Bischof von Prag erhob sich, und sprach: "Hoher Herr, du treuer Sohn der Kirche, du hast den kurzen Weg zum Heile der Lande eingeschlagen, wandle ihn, Gott segne dich, und seine Schaaren schirmen dich."

Dann ließ er sich wieder auf seinem Siz nieder.

Nach ihm erhob sich Zdik, der Bischof von Olmüz, und sprach: "Es ist ein heilvoller

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