Witiko

H175, S. 189b


andere seien zum Begraben gekommen. Die Feinde seien auch da gewesen. Die Todten habe man ohne Feierlichkeiten in die Grube geworfen. Sie aber hätten ihre Leute aus dem Walde mit kirchlicher Andacht, so gut sie dieselbe zuwege bringen konnten, und mit christlichen Gebethen zu ihren Gewändern zur Ruhe gelegt. Manche aus der Heimath hatten gesagt, hier sei für arme Leute doch nichts mehr zu erobern, und hätten sich auf den Heimweg gemacht, und wenn auf dem Kampfplaze alles kahl von Dingen war, hätten sie die Hoffnung gehabt, weiter weg sich schon etwas zu erbetteln, um ihres Weges ziehen zu können. Sie aber hätten ihren Fuß gegen Prag gesezt, weil da doch etwas geschehen würde, und weil man nicht wisse, was sich da ereignen kann. Man werde nicht vergessen, wie sie geholfen haben.

Von den Kundschaftern, welche der Herzog ausgesendet hatte, kamen mehrere nach und nach zurük. Sie sagten, daß auf dem Wege von Suchdol nach Prag die Menschen ihre Heimath verlassen, und ihr Vieh in die Wälder oder in die Ferne treiben, weil sie die Ankunft der Feinde und ihren Durchzug erwarten. Die Kriegesschaaren der mährischen Fürsten und der böhmischen und mährischen Herren, die sich gegen den Herzog Wladislaw verbunden hatten, seien von dem Wysoka zurükgegangen, haben aber dann ein Lager geschlagen, und haben ihre Männer geordnet und eingetheilt. Sie haben angefangen, Kriegswerkzeuge und Belagerungsgeräthe zusammen zu bringen und auch neu zu verfertigen. Ganze Haufen strömen ihnen täglich zu, und sie vermehren sich beständig. Es seien aber auch Leute, welche sagen, wenn die Herren des Landes den Herzog Wladislaw zu Grunde gerichtet hätten, dann würden sie sich gegen die Bewohner kehren, würden die Habe des Landes nehmen oder zertrümmern, würden alle Macht und Gewalt an sich reißen, und nach ihren eigenen Willen und Gutdünken schalten und walten.

Die Waldleute hatten auch ihre Eintheilung nicht nur unter sich sondern auch zu dem andern Heereskörper erhalten. Sie mußten die Übungen mit machen, und sich an den Befestigungsarbeiten betheiligen. Wenn sie freie Zeit hatten, suchten sie sich in der Stadt nach Art ein zu richten. Man konnte Peter Laurenz den Schmied von Plan mit seinen groben Stiefeln, daran er dike hölzerne Sohlen hatte, in welche er noch eine Menge eiserner Nägel geschlagen hatte, in den Straßen der Stadt gehen sehen. Er hatte einen grobwollenen graubraunen kurzen Rok auf seinem Körper und gleiche Beinkleider an seinen Füßen, und eine grobe graue Haube auf dem Kopfe. Er ging auch gerne auf die lange hölzerne Moldaubrüke. Die eiserne Keule, mit welcher er Dus den jungen Sohn Nacerats erworfen hatte, trug er in einer Schlinge um die Schulter, und in der Hand hatte er eine eiserne Stange. Nebst der Keule hatte er noch zwei grobe Leinwandsäke umhängen, wovon der eine die Lebensmittel enthielt, die er eben hatte, der andere aber für die Beute bestimmt und noch leer war. Öfter war der rosenwangige Urban sein Neffe bei ihm, und diesem zeigte er dann die Häuser und die Burg von der Brüke aus, und sagte ihm, was er sich denke. Urban hatte über seine Armwunde noch ein grobleinenes Tuch gebunden. Christ Severin der Wollweber, welchem man auch unter seinem Roke einen großen Verband angelegt hatte, und Stephan der Wagenbauer und Lambert und andere gingen mit ihren Speeren in der Stadt herum, und erforschten, aus welchen Stoffen die Kleider der Leute gemacht wären, aus welchen diejenigen die Häuser erbaut, und aus welchem Holze die Wägen gezimmert, die zuweilen fuhren. Mathias, Adam, Maz Albrecht, Philipp, Paul Joachim, Andreas und viele sonst saßen auf den Mauern der Stadt, und fragten, wann man denn hinaus gehen, und die Leute, die auf dem Wysoka gegen sie heran gezogen waren, erschlagen, und ihnen alles nehmen werde. Indessen mußten sie sehen, wie Wägen mit Lebensmitteln kamen, wie Krieger heran zogen, und die neuen Angesichter in der Stadt immer mehr wurden, die auch ihren Antheil an der Beute würden haben wollen. Manche von ihnen gingen oft zu dem armen Tom Johannes, dem Fiedler, dessen sich fromme Frauen angenommen hatten, und dessen Körper sie wieder zusammen zu heften hofften. Und sie gingen auch zu David dem Zimmerer und zu Gregor Veit, die bei andern Kranken in einem Krankengemache waren. Sie befanden sich leidlich, und man konnte durch den Schuster Sebastian, der von Prag nach Plan ging, um manches zu holen, ihren Angehörigen einen guten Trost sagen lassen. Witiko besuchte jezt auch in mancher freien Stunde die Waldleute, um sie nicht ihrer langen Weile zu überlassen. Sonst war er in dem Hause des Bischofs, und wenn dieser Gäste hatte, wurde Witiko auch immer zu dem Tische geladen. Zuweilen ging er zu dem verwundeten Wladislaw, dem man in der Burg ein Gemach zurecht gerichtet, und mit dem Nöthigen versehen hatte. Hier saß derselbe entweder in einem weichen Gesiedel, oder er stand an einem Fenster, und betrachtete, was man in der Stadt vorkehre. Seine Wunde war in rascher Genesung begriffen. Manches Mal kamen auch junge Männer zu Witiko: Odolen der Sohn des Striz, Sezima,

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