Witiko

H166, S. 222


Boten, bringt getreue Nachricht zu Konrad dem Führer der Mährer, eure drei Freunde sind schon von Wladislaw dem Sohne des verstorbenen Herzoges Sobeslaw empfangen worden."

Die Männer sahen die Reiter genauer an, und machten einen Versuch zur Flucht. Allein sie waren sofort um ringt, und Odolen ließ mehrere Reiter absteigen, um sie zu bewachen. Sie sagten, sie gingen vom Walde gegen Rokycan, und hätten Pilsen gar nicht gesehen. Als man sie untersuchte, fand man bei ihnen nichts als bei einem eine Schnur mit Knoten, deren Zahl genau die Zahl der Unterabtheilungen des Heeres des Königes Konrad war. Witiko nahm die Schnur aus Odolens Hand, gab sie dem Eigenthümer, und sagte: "Wir wollen dir nichts nehmen, geht nur nach Rokycan, und merkt euch alles wohl, was ihr sehet, daß ihr euern Freunden etwas erzählen könnt. Und ihr, lasset die Männer los, und lasset sie ihres Weges ziehen."

Die Reiter traten von den Männern zurük, und bestiegen ihre Pferde. Die vier Männer aber gingen von der Strasse auf die Felder, und suchten bald hinter Heken zu kommen.

Odolen aber blikte Witiko an, gesellte sein Pferd wieder an die Seite von Witikos Pferd, und der Zug bewegte sich abendwärts in der Richtung gegen Pilsen weiter.

Am [vierten] sechsten Tage des Brachmonates änderte sich vom Lager Konrads von Znaim aus die Art der Würfe gegen die belagerte Stadt Prag. In der Morgendämmerung dieses Tages flog ein großer brennender Pfeil nicht wie bisher gegen die Männer auf den Wällen, welche die Stadt vertheidigten, sondern hoch in den Lüften in einem Bogen gegen die Häuser der Stadt. Auf dem Walle herrschte Verwunderung hierüber. Dem Pfeile folgte bald ein zweiter, ein dritter, und mehrere, und Pechkugeln gingen flammend und rauchend durch die Luft gegen hohe Gebäude. Bald bemerkte man, daß die Brandgeschoße häufig gegen die Kirche des heiligen Veit gerichtet waren, über welcher das große rosenfarbene Banner des Herzogs Wladislaw wehte. Ein Schrei der Wuth ging von den Männern auf den Wällen in die Lüfte. Dimut aber, als der erste Schrei schwieg, rief gegen die Männer: "Jezt kommen sie, jezt kommen unsere Befreier, ich erkenne es an diesem Zeichen."1

Die Herzogin Gertrud rief: "Mein erlauchter Gemahl Wladislaw zieht heran. Ehe das nächste Morgenroth strahlt, ist der Sieg unser, und der Feind vernichtet."

Dimut sprang auf eine erhobene Stelle, daß sie von allen gesehen werden konnte, und hielt dort aus, wenn auch dicht die Geschoße von den Feinden herein kamen. Sie strekte ihr Schwert in die Luft, und rief: "Jeder Brandwurf, den sie herein senden, ist ein feuriger Schrei der Verzweiflung, daß sie uns nicht bezwingen konnten, und jezt nehmen sie Rache an Kirchen und unschuldigen Klöstern, weil das Ende naht. Haltet aus, haltet jezt nur aus, sie sind zerschmettert, und wagen das Lezte, um zu zerschmettern."

Ihre Worte wurden von den Nächsten gehört, und an die Ferneren verbreitet, und diese verbreiteten es wieder an die Ferneren. Und von woher es möglich war, sah man auf sie.

Sie aber schwang ihr Schwert noch einige Male freudenvoll um ihr Haupt, und stieg dann herab, nachdem ein Pfeil durch den Ärmel ihres Panzerhemdes gedrungen, und sie verwundet hatte. Das Blut drang hervor, sie aber verließ die Mauer nicht, und ließ die leichte Wunde nicht verbinden.

Diepold sendete die Befehle, welche er für geeignet hielt, an die Löschanstalten in der Stadt, verstärkte sie noch nach Möglichkeit, und schärfte ihnen die größte Umsicht ein, und wendete sich dann zur Vertheidigung der [Stadt] Mauern, die heute mehr als jemals noth that. Er kam den Gefühlen seiner Männer nach, wenn er jezt das Äußerste gegen die Feinde richtete. Es wurde [jezt]

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