Witiko

H166, S. 221


schehen kann, das zur Ruhe aufruft."

"So sollen die, welche zu den Anstiftern so vielen Unheiles gehören, ohne Strafe von hier ausgehen?" sagte Odolen.

"Strafe zu verhängen, gebührt dem Herrn," entgegnete Witiko, "hier sind so viele Unschuldige, die als Richter und Gerichtete im Kampfe Wunden und Tod in der Gefangenschaft Elend finden können. Wladislaw wird dir vielleicht danken, wenn du ihn verhindert hast, im Zorne zu handeln, und diese können den großen Kampf viel schneller enden, wenn du sie nach Hause entlässest, und sie dort erzählen, was sie gesehen haben."

"Witiko, nimm die Verantwortung," erwiederte Odolen, "und weil es die erste Bitte unserer Liebe ist, die du an mich gestellt hast, so sei sie dir gewährt. Ich hätte sonst keinen der Verräther entrinnen lassen."

"Ich nehme die Verantwortung," rief Witiko, "und wenn es dem Feinde genehm ist, so führe ich zwei Männer von ihm zu unserem Lager, zeige ihnen das ganze Heer, und geleite sie wieder unversehrt zu dieser Stelle zurük."

"Witiko, du bist nicht ein mal ein Hund," schrie Wladislaw, "weil dieser dem Stamme seines Herrn getreu ist, du willst uns demüthigen, weil du die Überzahl hast, ich vernichte dich und das Heer deines Königs Konrad, und will zwei Männer nicht besudeln, daß ich sie dir anvertraue; aber es wird eine große Entscheidungsschlacht zwischen den Unsern und den Deinen statt finden, und da wirst du mich sehen."

"Ich suche dich nicht, Wladislaw," entgegnete Witiko, "aber wenn du zu mir kömmst, muß ich dir stehen."

"Schont der Worte," rief Odolen, "und ihr, Männer der Mährer, drükt eure Pferde zurük, wir thun de[r]sgleichen, dann führen wir die Unsern auf die Wiese, und lassen euch auf der Strasse vorüber gegen das Lager der Eurigen."

Als er diese Worte gesagt hatte, gab er den Seinigen den Befehl, ihre Pferde zurük zu schieben. Sie thaten es. Witiko verließ den Plaz, auf dem er bisher gehalten hatte, stellte sich zu den Seinigen, und ließ sie gleichfalls zurük drüken. Die Feinde thaten das Nehmliche. Als der Raum zwischen den beiden Schaaren groß genug war, daß man keinen Überfall mehr befürchten konnte, ließen Odolen und Witiko die Ihrigen wenden, auf die Wiese, die neben der Straße war, hinaus reiten, und sich dort in einer Reihe aufstellen. Die Feinde warteten, bis diese Gestaltung vollbracht war. Dann gab Wladislaw ein Zeichen, seine Schaar sezte sich in Bewegung, und ritt auf der Strasse an der auf der Wiese stehenden Reihe der Männer Odolens und Witikos vorüber nach Morgen zu. Domaslaw, welcher die rothe Feder trug, machte im Vorüberreiten mit seinem Schwerte ein Zeichen des Dankes gegen Witiko und Odolen. Diese erwiederten leicht den Gruß.

Als die Reiter Wladislaws in einer ziemlichen Entfernung waren, ließen Odolen und Witiko ihre Reihe einen Zug bilden, gewannen mit demselben die Straße, und ritten auf ihr abendwärts weiter.

Sie trafen wie auf dem Heerwege so auch auf dem Hinwege nirgends Feinde. Wenn ihnen Landleute begegneten, so befragten sie dieselben über Verschiedenens und nicht selten auch über das Heer des deutschen Königs Konrad, das diese als sehr groß angaben.

Nach zwei Stunden Reitens sahen sie vier Männer gegen sich kommen, welche lange Stöke trugen und wie die drei Kundschafter gekleidet waren, die Wladislaw befragt hatte.

Da die Männer zu den Reitern gekommen waren, rief Witiko: "Nun, ihr

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