Witiko

H162, S. 215b


flogen strömend in der Richtung hin, wo sich Angreifer befinden konnten, und wenn Feinde sich etwas mehr näherten, so sendeten Schüzen und Lanzknechte aus den Winkeln der Bergen, in denen sie standen, Pfeile und Spieße, so viel sie vermochten. Wo die Steine der Mauern sich lokerten, und Beschädigungen begannen, da ließ Diepold Rauch erregen, entweder durch hinabgelassene Pfannen oder auf eine andere Weise, und ließ im Rauch die Verlezungen ausbessern theils mit Geflechte theils mit Reisig theils mit Thierhäuten theils mit großen Rahmen, die mit Rasen gefüllt waren, oder wie man nur konnte. Jezt grief man zu dem Feuer. Die Feinde sandten brennende Pfeile glühendes Eisen und andere Zündstoffe gegen die Zinnen, und Diepold ließ brennende Ballen Glüheisen und flammende Balken in ihre Werke werfen, um sie zu entzünden. Auf den Wällen mußten zottige Tücher, die man in Wasser getaucht hatte, bereit sein, damit man sie auf Stellen werfe, an denen hereingesendete Zündstoffe brannten. In der Stadt waren Wägen aller Art eingerichtet, um beständig Wasser und andern Bedarf auf die Mauern zu führen. Und wenn Diepold die Stunde und den Ort zu einem Ausfalle verkündet hatte, so sandte er Männer hinaus, diese drangen schnell in die Feinde, erschlugen Krieger und Arbeiter Schuldige und Unschuldige, entzündeten, was sie zu erreichen vermochten, und kehrten in die Stadt zurük.
Randnotiz: kein Feuer gegen |Stadtgebäude|

Es war eine Schleuder bei den Feinden, welche ungemein große Steinkugeln warf. Diese zerrieben die Mauern, zertrümmerten die Rahmen und Balkenwerke, welche man davor angebracht hatte, und erweiterten den Schaden beständig, ohne daß man ihm steuern konnte. Da las Diepold eine Schaar der Seinigen aus, brach selber mit ihnen aus den Mauern der Stadt in die Feinde, und während der Kampf dauerte, zerschlugen die Waldleute mit Äxten und Hämmern die Schleuder, und zündeten sie an. Hierauf suchte man wieder die Thore der Stadt zu gewinnen, und rettete sich durch dieselben.

Indessen dieses in Prag geschah, hatte Wladislaw seinen Weg zu dem Könige Konrad fortgesezt. Er hatte seine Richtung durch die Städte Beraun Robycan und Pilsen genommen. Wo Lechen und Wladyken der Stämme und andere Leute zu ihm herbei kamen, gesellten sie sich entweder zu ihm, und vermehrten seinen Zug, oder versprachen, daß sie, während er ferne sei, Männer sammeln wollen, um mit ihm, wenn er zurük kehrte, gegen Prag zu ziehen.

Am sechs und zwanzigsten Tage des Monates Mai kam er vor Nürnberg an. Er fand verschiedene Völker vor der Stadt lagern, deren Herren sich innerhalb der Mauern befanden; denn der König Konrad hatte auf den acht und zwanzigsten Tag dieses Monates einen Fürstentag nach Nürnberg angesagt. Wladislaw ließ nun auch seine Krieger auf dem Felde ein Lager errichten und beziehen, und ging mit dem Bischofe Zdik und seinen Priestern und mit Welislaw und Odolen und Witiko und mehreren Getreuen in die Stadt. Und da er sich in derselben befand, kamen mehrere Herren und Fürsten zu ihm.
Randnotiz: Priester aus Daudleb

Am andern Tage des Mittages traf der König Konrad mit einer großen Schaar in der Burg der Stadt Nürnberg ein. Wladislaw ging zu ihm, und brachte eine Stunde bei ihm zu.

Am acht und zwanzigsten Tage des Monates Mai versammelten sich die Fürsten in dem Kaisersaale der Stadt Nürnberg vor dem Könige Konrad. Er saß in der Zier der Gewänder der deutschen Könige am oberen Ende der Tafel. Neben ihm saß der Schwabe Dietwin der Cardinal, den der Papst Innocenz nach Deutschland gesendet hatte, es saß neben ihm der Erzbischof Markolf von Mainz, es saß der Erzbischof Arnold von Köln, der ¢Erzbischof Albero von Trier, es saßen die Bischöfe Egibert von Bamberg, Embriko von Würzburg und Otto von Freisingen, es saßen der Herzog Friedrich von Schwaben, der Markgraf Heinrich von Österreich, der Landgraf Ludwig von Thüringen, der Markgraf Hermann von Baden, der Pfalzgraf Hermann am Rheine¢ und es saßen viele Grafen Ritter und Herren des Hofes. Wladislaw der Herzog der Länder Böhmen und Mähren saß auf dem Ehrenplaze, der ihm gebührte, und Zdik saß unter den Bischöfen. Welislaw Odolen und Witiko waren unter den Männern, die

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