Witiko

H160, S. 214a


von Plaka, in dessen Hofe die erste große Versammlung gegen Wladislaw gewesen war, dann Großnata, Mireta, Soben und andere.

Die Herzogin Gertrud hatte zu den Bürgern von Prag in der großen Versammlung gesagt, daß sie hoffe, daß sie und die Bürger sich gegenseitig während der Vertheidigung der Stadt recht oft sehen werden. Diese Hoffnung ging reichlich in Erfüllung. Diepold hatte in der Nähe des Hauses, in welchem er mehrere Räume für seine Geschäftsleitung während der Zeit der Belagerung gemiethet hatte, auch einige Gelasse in einem Hause für die Herzogin und ihre Umgebung, die sie sich wählen würde, einrichten lassen. In diesen Gelassen war nun die Herzogin mit mehreren Frauen, die zu ihrer Bedienung gehörten, fast beständig. Hier hatte sie sich ihren Schreibdienst ihren Botendienst und den Dienst ihrer Berichte eingerichtet. Hier empfing sie diejenigen, welche ihr [berichten] melden mußten, was in der ganzen Stadt geschah, und was sie von außen her in Erfahrung bringen konnte, hier empfing sie die Nachrichten, die ihr Diepold sandte, von hier aus schikte sie ihre Männer dahin, wo es ihr nothwendig däuchte, und ließ Diepold Nachrichten zukommen. Sie hatte sich aus den Bürgern, die um sie waren, und aus anderen Männern, die sich zu ihrem Dienste anbothen, eine Schaar von Kriegern gebildet, über die sie wie über die Dienstmannen befahl, und mit denen sie thätig bei der Vertheidigung der Stadt, wenn es an einer Stelle nothwendig sein sollte, eingreifen konnte. Bei dem Hause, in dem sie sich befand, müßten die Pferde zu ihren Ritten in Bereitschaft sein. Sie ritt täglich zu den Krankenzimmern, ging in alle, redete mit den Verwundeten und Siechen, und tröstete sie, und untersuchte, was geschah, und traf Anordnungen. Dann ritt sie zu allen Werkstätten, in denen für die Vertheidigung der Stadt gearbeitet wurde: zu den vielen Schmieden, in denen die großen Balkenpfeile beschlagen wurden, in denen Pfeilspizen Lanzenspizen Schleuderfedern selbst Schwerter verfertigt wurden, zu den Bogen und Lanzenschnizern, zu den Sehnendrehern, zu den Zimmerern, und selbst zu denen, die die Säke mit Sand und Erde füllten, welche Rasen zu stechen hatten, und welche diese Dinge auf die Mauern schaffen mußten. In den Straßen redete sie mit den Leuten, die sie traf, tröstete sie ermuthigte sie, und erheiterte sie durch eigene Heiterkeit. Sie ritt auf die Wälle, bedekte ihr Angesicht nie, sondern zeigte es offen, wenn sie an den Kriegern vorüber ritt, mit ihnen sprach, ihnen anerkennende Worte mittheilte, und ihnen die Zeit des Sieges verkündete. Nur dann ließ sie die Helmberge über ihr Angesicht fallen, wenn sie bei ihrer Schaar auf den Wällen hielt und sie befehligte, wenn dieselbe auf irgend einer Stelle auf Anordnung Diepolds beschäftiget war. Bei diesen Ritten war sie stets völlig bewaffnet, und ritt auf einem gewaffneten Pferd. Frauen gestattete sie nie, daß sie sie begleiteten. Nur Dimut war ungehorsam, und war stets an ihrer Seite. Sie war wie die Herzogin stets völlig bewaffnet. Außer Dimut waren nur Männer ihre stettige Begleitung.1

Als die Belagerungsveste vor der Stadt zu Stande gebracht war, und die Zerstörungswerkzeuge sich alle an ihrem Plaze befanden, begann man erst recht, sie in vollem Maße zu gebrauchen. Alle Wurfdinge wurden gegen die Stadt geschleudert. Steine sollten die Mauern lokern und zertrümmern, Steine in Bögen geworfen gegen die Arbeiten der Vertheidiger gerichtet sein, und Kugeln und Pfeile und Balken und Bolzen jeder Größe und andere Dinge sollten durchbohren zertrümmern oder tödten, wohin sie gelangten. Und die einbrechende Nacht sezte kein Ziel, sondern so finster sie sein mochte, wurden in ihr die andringenden Geschoße durch die Lüfte gesendet.

Diepold vergalt, was der Feind gegen ihn versuchte. Was sich nur immer zum Wurfe eignete, wurde gegen die Lagerveste getrieben. Große Trümmer schlugen an die Stellen, wo sich die Wurfzeuge der Feinde befanden, und Steine und Eisen und Blei, und was die Stadt liefern konnte, und Balkenpfeile und Pfostenbolzen, und Belagerungslanzen und alle Arten Geschoße

1 Bis zum Ende des Absatzes am Rand mit Strich markiert und mit der Anmerkung versehen: Knaben (Herzogin alle) Seite vertikal mit Stift gestrichen