Witiko

H157, S. 208a


er die Herzogin sah, [und diese] und fuhr in seinen Anordnungen fort. Die Herzogin neigte sich tief und ehrerbiethig vor ihm. [Er blikte sie sehr freundlich an.] Da die Herzogin zu den Leuten der mittäglichen Wälder kam, an deren Mauern auch Leitern angelegt waren, und Stürmende empor strebten, erhoben die Männer des Waldes ein Freudengeschrei, das so furchtbar war, daß es alle andern Laute und das Klingen der Gloken, das von allen Thürmen der Stadt Prag kam, übertönte,
Randnotiz: daß alle andern Leute erschroken wären, die Herzogin aber nicht. Weder das Läuten der Gloken noch das Rufen der andern Männer konnte man vor diesem Geschrei vernehmen
und als Dimut einige Schritte gegen sie vorsprengte, sie grüßte, und mit dem Schwerte einige blizschnelle Zeichen der Ehrbezeugung machte, wurde das Freudengeschrei noch gellender, so daß dieser Laut der einzige war, der in den Lüften gehört werden konnte. Die Männer ergrifen mit ihren eigenen Händen alle Dinge, die sie erreichen konnten, und warfen sie auf die Feinde hinunter. Sie brachten Blöke, die Menschenhände kaum hätten sollen regen können, über die Brüstung, und stürzten sie hinab, daß man in dem wüsten Lärme doch [noch] das dumpfe[s] Krachen und Dröhnen von unten [herauf vernehmbar ward] hören konnte. Tom Johannes saß hinter einer Berge, und schrie Worte, die niemand hörte, und machte mit seinen Händen xxx Zeichen, was zu thun, und zu beginnen sei. Die Herzogin grüßte die Männer mit ihrem Schwerte, und ritt weiter.

Zwei Stunden hatte schon das Stürmen der Feinde gedauert, und es begann zu erlahmen als plözlich von denen, die hinter Häusern Bäumen und andern Dingen vor der Stadt hielten, ein Knäuel sich löste, und mit rasenden Schreien sich gegen einen Theil der Mauer stürzte, der wenige Männer enthielt [, und schwach vertheidigt war]. In einem Augenblike häuften sie Reisigbündel Leitern und andere Dinge, und klommen empor; aber in [demselben Augenblike] derselben Frist ertönte von der Stadt ein [Geschrei, das so betäubend war, wie man nie heute etwas gehört hatte, und das so höhnend und freudig war,] Freudengeschrei, daß man sah, der Plan der Feinde sei erkannt worden, und werde vereitelt werden. Wie Bienen schwärmen, flog die Wolke der Vertheidiger gegen die Brüstung, daß man meinte, die Stadt könne so viele Menschen nicht gefaßt haben, und was der Krieg für solche Dinge nur immer in Bereitschaft hielt, Wurfstüke Geschoße Lanzen Pfeile brennende und brühende Dinge schütteten sich auf die Stürmenden nieder, und wenn man meinte, das Schütten sei am heftigsten, so wurde es noch heftiger.
Randnotiz: xxx
Und nicht blos die Krieger vertheidigten diese Stelle, aus dem Innern der Stadt kamen Menschen herbei, und trugen in ihren Händen oder in ihren Kleidern Steine Ziegel Eisen Blei, und brachten [es] diese Dinge die Auffahrten gegen die Mauern hinan, daß [es] sie auf die Feinde geworfen werden könnten, wenn man sie bedürfte, oder der Vorrath nicht reichte. Kurz war hier der Kampf; aber entscheidend. Die Stürmenden glitten zurük, und wichen, indem sie Geräthe Todte und Verwundete hinter sich ließen. Dies war das Zeichen, daß auch an allen andern Stellen die Angreifer abließen, und sich mit [Zurüklassung xxx] Preisgebung von Geräthen Todten und Verwundeten zurük zogen. Und da sich dieser Rükzug nicht völlig ordnen konnte, öffnete sich das Roßthor, und eine Schaar von Reitern, die in der Stadt bereit gehalten worden war, brach aus dem Thore hervor, ¢Diepold [war] ragte unter ihnen empor¢
Randnotiz: xxx
und Chotimir und Nemoy und Predbor und Wecel und Sezima, und sie stürmten gegen die lezte Abtheilung der Weichenden, und schlugen mit ihren Schwertern, was sie nur erreichen konnten, bis die Flüchtigen hinter Häuser Heken Zäune und Gräben kamen, wohin ihnen die Reiter nicht folgten. Sie wendeten sich, ritten gegen das Thor zurük, dasselbe nahm sie auf, sie ritten hindurch, und es schloß sich hinter ihnen wieder.

Der Kampf war nun aus, und es herrschte Stille. Die Gloken der Stadt waren verstummt, das Rufen der Männer hatte aufgehört, und sie standen ermüdet auf den Mauern. Diepold kam herzu, und ordnete an, daß Leute, die nicht im Kampfe gewesen waren, die Wachen betreten, und daß den Andern Erquikung und Ruhe werde. Man sollte zur Bereitung |und| von Speise und Herbeischaffung von Getränken schreiten. Die Herzogin kam mit ihren Frauen, die sich wieder zu ihr gesellt hatten, und im Geleite von vielen Frauen Priestern und andern Männern herbei, um nach den Verwundeten zu sehen, und nach denen, deren Wunden nicht mehr schmerzten. Die ersten wurden in Verpflegung gebracht, die andern zur Beerdigung vorbereitet. Da dieses geschehen war, ritt die Herzogin in die Burg, und legte die Waffen wieder ab.
Randnotiz: xxx

Am Mittage näherten sich Reiter, die auf den Lanzen schwarze Fähnlein hatten, was die Bitte ausdrüken sollte, daß man [ihnen] sie ihre Verwundeten und Todten auflesen lassen möge.

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