Witiko

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von hier [in kalten Ländern] lebt[, das Thier heißt Ellen, und seine Haut ist gegen die Kälte sehr dik und weich, und darum geht auch ein Schwerthieb nicht durch, es müßte denn mit einer sehr feinen Schneide geschnitten werden."] Ein Schwerthieb geht nicht durch."

Bei diesen Worten hatte er den Helm aufgehoben, und ihn dem Mädchen gezeigt. [Es hatte ihn angesehen, und sein weiches Leder mit den Fingern befühlt.] Das Mädchen sah ihn an, und befühlte sein weiches Leder mit den Fingern.

"Und ist es denn nicht sehr heiß, wenn ihr die langen Haare in der Haube tragt?" fragte sie.

"Es ist heißer, als wenn die Haare kurz sind," antwortete er, "aber Hize und Kälte muß dem Manne gleich sein. Bei allen alten Völkern hat man lange Haare geliebt, und sie schüzen auch [besser] gegen [einen Schwerthieb."] Hiebe."

"Sind eure andern Kleider ebenfalls von der Haut dieses Thieres?" fragte das Mädchen.

"Der Panzer; das Übrige ist geringer," antwortete der Reiter[,]<.> "[die Schienen die sie jezt haben, wehren einem Schwerthiebe weniger, und empfinden auch einen Bolzen leichter als das weiche Leder."] Sie haben sonst auch Schienen, ich habe das Leder."

["Euer Schwert habt ihr] "Ihr habt euer Schwert in den Wald mitgenommen," sagte das Mädchen.

"Ich habe es immer bei mir," entgegnete der Reiter, "außer wenn ich zu Hause in sicherer Kammer schlafe. [Es ist die beste Waffe, und ein schnelles Schwert ersezt sogar den Schild."] Schwert ist zugleich Schwert und Schild."

"Ist es schön?" fragte das Mädchen.

"Siehe," sagte der Reiter.

Er wendete die Scheide gegen sich, zog das Schwert daraus hervor, und reichte es ihr dar. Sie nahm es so, daß einen Theil der bloßen Klinge sie hielt, den andern er.

"Ach, welche Zeichen!" rief sie aus.

"Das ist Sankt Peter mit der Kette," sagte er, "wir haben ihn zu unserm Schuzheiligen, weil wir aus Rom stammen [sollen]. Was du um ihn herum siehst, das ist Zierath."

["Das ist ein schönes Bild," sagte sie.

"Es ist fein gemacht," antwortete er, "aber wie das Schwert gegen Hiebe gestärkt ist, wirst du nicht begreifen.<">]

"Und was ist denn das andere?" fragte das Mädchen.

"Das ist Zierath," entgegnete der Reiter.

"Das Bild ist ein schönes Bild," sagte sie.

"Es muß schön gemacht sein," antworte er, "und das Schwert muß gegen Hiebe und Gewalt gut gestärkt sein. Das wirst du nicht [erk]erkennen."

"Nein," sagte sie.

Er nahm die Scheide, hielt sie, und stekte das Schwert wieder in dieselbe.

"Und nun, Mädchen, wie heißest du denn?" fragte er.

"Bertha," antwortete sie, "und wie heißt denn ihr?"

"Witiko," entgegnete er, "und wie alt bist du denn?"

"Sechzehn Jahre," sagte sie, "und wie alt seid denn ihr?"

"Zwanzig," erwiederte er, "ich bin neun Jahre nach der Zeit geboren worden, da der [kriegerische] Herzog Swatopluk von Böhmen erschlagen worden ist."

"Ich habe mir gedacht, daß ihr sehr jung seid," entgegnete sie.

["Wo lebst du denn] "Und lebst du im Walde, Bertha?" fragte er.

["Ich habe euch ja schon gesagt, daß weiter aufwärts von hier. Wir unser Haus [ist] haben.," antwortete sie. "Der Vater hat es gerade vor dem Walde der drei Sessel gebaut. Hinter ihm geht der Wald empor. Man kann aber vor den Tannen der vorderen Berge die Sessel nicht sehen. Früher war hier lauter Wald, jezt sind aber Wiesen und Felder um unser Haus, und noch andere kleine Häuschen sind entstanden. Wenn man hinter unserer Scheune gegen Sonnenuntergang in die Schlucht hinunter steigt, über den Bach geht, und jenseits wieder empor steigt, so ist ein kleines Haus, in welchem der Vater Trudas meiner [Gespannin] Singgespannin wohnt, der ein Tagarbeiter meines Vaters ist. Sonst ist nichts als Wald, und die nächsten Leute sind die Köhler unten an der Mühel, zu welchen wir weit länger als eine halbe Stunde zu gehen haben."

"Und wie lebst du denn in dem Walde?" fragte er weiter.

"Ich lebe mit der Mutter, und helfe ihr mit den Mägden," antwortete sie, "wir haben einen Garten, in dem schöne Blumen stehen und wohlriechende Kräuter, ich habe eine Stube mit schönen Geräthen, und der Vater und die Mutter erzählen manche erhebende Dinge."]

"Im Walde und auch anderswo," [sag] antwortete sie, <">ich habe euch ja schon gesagt, daß wir weiter aufwärts von hier ein Haus haben. Dann ist noch das Häuschen des Vaters meiner Singgespannin, sonst ist nichts."

"Habt ihr eine Kirche?" fragte er.1
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1 Korrespondierender Textersatz mit der ersten Streichung auf H/S.16