Witiko

H133


[die Diasen waren, da sind hier schöne Felder und Gärten gewesen, da sind friedsame Völker gewesen von hier über die Alpengebirge hin bis an das Meer, damals sind die Wälder dort gewesen, wohin die Sonne steht, hier sind warme Lüfte gegangen."

"Das habe ich nicht gehört," sagte Witiko.]1

"Das hat mir mein Urgroßvater erzählt, und ihm hat es wieder sein Urgroßvater erzählt, und so immer die Urgroßväter; denn bei uns sind die Männer sehr alt geworden," entgegnete Huldrik, "[und] bis auf jenen Urgroßvater hinauf, der gelebt hat, da es hier so war. Und das Land hat eurem Stamme gehört, Witiko, sie haben verschiedene Schlösser gehabt, und haben bald in dem einen bald in dem andern gewohnt. Und wo dieses Häuschen steht, ist auch ein Schloß gestanden voll Pracht. Und das [war in] ist tausend Jahre[n] so gewesen. Dann [sind] kamen kriegerische Männer aus Welschland [gekommen], und haben ein großes Reich gemacht, und haben die Völker vor sich her getrieben, daß Land und Leute zerstört worden sind. Da ist auch hier alles zu Grunde gegangen, es ist der Wald gewachsen, als wäre nie etwas anderes da gewesen, und die winterliche Luft ist gekommen[. Dann ist einmal] und die dürftigen Gewächse. Dann ist einmal nach langer Zeit von euren Voreltern, die damals fortgeführt worden waren, ein Sprößling Namens Witiko mit Leuten von Rom hieher gegangen, hat den neuen Glauben gebracht, und hat von dem Volke, das das Land an sich gerissen hatte, den Wald erobert, und hat wieder Schlösser gebaut, und hat weit geherrscht, und seine Nachkommen haben geherrscht; denn es ist geweissagt worden, daß immer ein Witiko den Stamm erretten werde. Sie haben Jagdhäuser erbaut, und wo dieses Häuschen steht, ist [wieder] zwar nicht mehr das alte Schloß voll Pracht, aber ein Jagdhaus [gestanden] erbaut worden. Da haben sie Feste gegeben, und haben des Vergnügens genossen, bis wieder das Unheil gekommen [und] ist, bis wieder alles [vergangen] zerstört worden ist, und bis [man] wieder [den] der Wald gewachsen ist, den man hat reuten müssen, [und] um dieses Häuschen zu erbauen. [Lasset es einmal vergrößern, Witiko, und den Grund herum vermehren."
Randnotiz: xxxst

"Wenn mich Gott segnet," antwortete Witiko, "und ich die Kraft dazu erlange, so will ich den ganzen Landstrich hier erwerben, daß die Unsern da herrschen."

"Ihr werdet es thun," sagte der Alte, "weil es gesagt worden ist, und meine Augen werden es noch erleben."

"Möge dir Gott ein langes Leben schenken, Huldrik," entgegnete Witiko.

"Nun, wie es ist," antwortete Huldrik, "ich bin noch [lange]st weitst nicht so alt, wie mein Urgroßvater geworden ist, ehe er starb, und wenn ich zu seinen Jahren gelange, kann ich noch eure zahlreiche Nachkommenschaft sehen."

"Jezt bin ich noch allein," entgegnete Witiko.

"Es wird schon sein," sagte der Greis, "es wird schon sein."

Er war aufgestanden, und sah den Jüngling freundlich an. Dieser saß auf einem Lehnstuhle an dem Buchentische. Der alten Magd Regina waren die Hände und das Haupt noch tiefer gesunken, und sie schaute xxxst die Männer an. Der Knecht stand auf dem alten Plaze]2 Nun seid ihr gekommen, Witiko, wie es in der Weissagung heißt: der reichste Herr des Stammes wird kommen und Milch und Honig auf dem Buchentische essen, wo dann die silbernen und goldenen Tische stehen werden."

"Das sind wunderliche Dinge," sagte Witiko.

"Ihr seid wieder Witiko," sprach der Alte, "der Stamm wird auferstehen, weil es gesagt worden ist, und meine Augen werden es noch sehen."

"Möge dir Gott ein langes Leben schenken," sagte Witiko.

"Das geht sehr schnell," antwortete Huldrik, "und ich werde euch den Bügel halten, wenn ihr hier in euer Schloß einzieht."

"Wenn ich einziehe, so halte den Bügel," sagte Witiko.

"Und zahlreiche Nachkommenschaft werde ich von euch noch sehen," sagte3
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1 Ersetzender Text auf der Beilage zu S.133
2 Fortsetzung des gestrichenen Texts auf H S.134
3 Fortsetzung des Textersatzes auf H S.134