Witiko

H131, S. 174a

Die Männer unter Bolemil Witiko und weiter rechts hatten nun Ruhe. Der Plaz vor ihnen war leer. Sie suchten nun durch Fühlung gegen links zu erfahren, ob die Reihe des Herzogs zusammen hänge. Da kam eine Botschaft von ihm, daß die Reihe wieder fest gefügt sei, und daß sie sie halten sollten. Die Botschaft ging gegen rechts weiter. Wirklich konnte man die rosenfarbenen Seidenbanner fort und fort in der Reihe sehen, wie sie in Abständen standen, und wie die hohe Fahne des Herzoges ragte; aber sie waren näher bei einander, und standen nicht mehr unten am Rande des Berges, sondern wieder oben, wo am Morgen begonnen worden war. Die weißen Banner des Feindes rükten auch wieder geordnet vor, und der Kampf begann an den ganzen Reihen der Heere. Stunde an Stunde verfloß, Männer von großem Ansehen von Reichthume Würden und Ämtern fielen, es fielen Männer von geringerer Bedeutung und von den untersten Stufen; aber der Raum des Kampfes wurde nicht verändert. Die Feinde hatten die größere Zahl, [und] ihre Zahl
(1) [wurde] noch vermehrt,
(2) wart noch vermehrt wordent,
(3) war durch die Verrätherst [noch]st vermehrt worden,
und sie fühlten die Begierde, ihre Sache zur Entscheidung zu bringen: die Männer des Herzoges hatten die bessere Stellung, und fühlten das Recht. Die lezte Kraft wurde verwendet, die Sonne ging gegen Nachmittag und gegen Abend, man hatte nicht geruht und nichts genossen, Leib und Seele war ermattet, und der Kampf erlosch. Man ging von beiden Seiten zurük, ohne sich zu verfolgen, und stand dann, und konnte sich nicht regen.

Das war der fünf und zwanzigste Tag des Monates April des Jahres 1142 gewesen.

Und wie die Zeit vorrükte, mißtraute man sich weniger. Der Herzog sah, daß die Feinde immer weiter zurük gingen, und Anstalten machten, ihr Lager für die Nacht zu errichten. So ließ er seine Männer auch lagern. Sie waren wieder vor dem verbrannten Hofe in der Nähe der Häuser, die Suchdol hießen.

Und da man sich ein wenig erquikt hatte, sammelte er die Seinigen um sich, und sagte: "Männer und Freunde, wenn niemand in dem Heere nicht so ermüdet wäre, daß er auf Kundschaft ginge, ob der Feind nicht in der Nacht an uns vorbei schleiche, und den Weg nach Prag verlege, so erwiese er uns allen einen großen Dienst."

¢"Ich werde nach links gehen, und dreißig Freunde mit nehmen," sagte ein Mann, der in der Nähe stand.

"Und ich werde rechts gehen, und auch Freunde mit mir nehmen," sagte ein anderer.

Die Männer entfernten sich.¢

Man hatte indessen Stühle gebracht, daß mehrere der Freunde des Herzoges sich niederlassen konnten. Er aber blieb stehen. An seinem linken Arme war von einer kleinen Wunde ein Flek Blutes an dem Panzerhemde. Er bath es nicht zu beachten, und sprach: "Meine theuren Freunde! Gott hat [heute] das Recht nicht sinken lassen; aber er prüfet es noch weiter.
Randnotiz: xxx
Es wird zulezt geläutert bestehen, wenn wir es klug wahren. Verräther haben es in Gefahr gebracht, ihr habt es nicht verlieren lassen. Morgen gehen wir nach Prag, und schaaren uns um den Fürstenstuhl. Ich werde wieder Männer sammeln, daß wir vollenden, was vollendet sein muß. Und wenn es die Noth gebiethet, bringe ich Hilfe von meinem Schwager Konrad dem Könige der Deutschen, ich hole sie selber.

Randnotizen: xxx