Witiko

H13


[Zeichen."

"Meine Rosen?"

"Ja. Meine Mutter hat ein Gärtlein, die Umhegung trägt solche Rosen, wie du sie hast. In dem Gärtlein sind andere mit vielen Blättern, die du nicht kennst. Da war ein feines Herrlein, älter als ich. Das sagte einmal zu meiner Mutter, sie solle arbeiten, um Brod zu verdienen, statt die Zeit mit den Rosen zu vertreiben. Ich sprang hervor, und sagte ihm, das kümmere niemand, wenn meine Mutter Freude an den Blumen habe, und diesen Rosen wird er ein mal Ehrfurcht zeigen müssen, er wird wieder knieen müssen vor den Rosen."

"Ich kenne deine Rosen, die voll von Blättern sind," sagte das Mädchen, "sie stehen auch in unserm Garten. Der Vater hat sie ein mal gebracht."

"Und warum hast du denn die Rosen da auf deinem Haupte?" sprach der Reiter, "ich habe dich schon einmal gefragt."

"Ich habe sie, weil ich will," entgegnete das Mädchen.]

"Muß ich antworten, wenn ich gefragt werde?" sagte das Mädchen.

"Wenn die Eltern fragen, mußt du antworten," entgegnete der Reiter, "wenn jemand anderer artig fragt, sollst du, und wenn du es versprochen hast, mußt du antworten."

"So will ich dir so viel sagen, als du gesagt hast," antwortete das Mädchen, "ich trage die Rosen, weil ich will."

"Und warum willst du denn?" fragte der Reiter [fort].

"Für den Willen gibt es keine Ursache," sagte das Mädchen.

"Wenn man vernünftig ist, [so] gibt es für den Willen immer eine Ursache," erwiederte der Reiter.

"Das ist nicht wahr," sagte das Mädchen, "[wenn man auch noch so vernünftig ist, so] denn es gibt [es] auch Eingebungen[, die über alle Vernunft sind."]."

"Trägst du die[se] Rosen aus [einer] Eingebung?" fragte der Reiter.

"Das weiß ich nicht," entgegente das Mädchen, "aber wenn [ich auch eine Ursache habe, muß ich sie dem sagen, der nach ihr frägt?"

"Nein, wenn er nicht Vater oder Mutter ist," antwortete der Reiter, "aber ich habe dir ja auch von meiner Mutter und ihren Rosen gesagt."

"Nun, so will ich dir auch von meinem Vater und meiner Mutter und ihren Rosen sagen," erwiederte das Mädchen.]
du mir mehr von dir sagst, so sage ich dir auch mehr."

"Ich kann dir nicht viel sagen," antwortete der Reiter, "ich habe eine Mutter, die in Baiern wohnt, mein Vater ist gestorben, und ich reite jezt in die Welt, um meine Lebenslaufbahn zu beginnen."

"So will ich dir auch etwas sagen," erwiederte das Mädchen, " ["M] <m>eine Eltern haben von hier weiter oben ein Haus. Wir würden es erreichen, wenn wir hier in den Wald gingen, wo ich mit meiner Gespannin heraus getreten bin, wenn wir in dem Walde nach aufwärts gingen, bis wir ein Wasser rauschen hörten, und wenn wir dann zu dem Wasser gingen, und demselben immer entgegen, dann würden endlich Wiesen und Felder kommen, und in ihnen das Haus. An dem Hause ist ein Garten, wo die Sonnenseite ist, und in dem Garten stehen viele Blumen. [Aber hinter dem Garten ist ein Hügel von alten Zeiten. Er hat allerlei Gestein und dürre Erde, und ist nur sehr klein. Auf ihm wachsen viele Waldrosen, und ich habe diese Waldrosen noch weiter fort gepflanzt. Und da habe ich ein Reifchen, das um meinen Scheitel paßt, das Reifchen hat Löcher, in die Löcher steke ich zuweilen an einem Sonntage Rosen, und seze sie auf mein Haupt."] Und an der Hinterseite des [Gartens] Hauses geht ein Riegel gegen die Tannen, auf welchem viele Waldrosen stehen, und diese nehme ich oft."

"Hast du die Rosen heute aus Eingebung genommen? Sie sind mir ein Zeichen, daß meine Fahrt gelingen wird," sagte der Reiter.

"Ich habe einen Metallring, in welchen die Rosenstiele passen," sagte das Mädchen, "habe heute Rosen genommen, habe sie in den Ring gestekt, und den Ring auf das Haupt gethan."

"Weil wir noch mehr sprechen werden," sagte der Reiter, "so gehen wir ein wenig an dem Waldsaume hin, woher du mich kommen gesehen hast. Da werden wir Steine finden, welche zu Sizen [sehr tauglich sind] taugen. Auf dieselben können wir uns sezen, und dort sprechen."

"Ich weiß es nicht, oh ich noch mehreres mit dir sprechen werde," antwortete das Mädchen, "aber ich gehe mit dir zu den Steinen, und seze mich ein wenig zu dir. Ich kenne die Steine [sehr gut, und habe], ich selber habe die Size machen lassen. Im Sommer ist es am Vormittage dort sehr heiß, am Nachmittage aber schattig. Im Herbste ist es vormittags lieblich und mild."

Sie wandelten nun in der Richtung an dem Saume des Waldes hin, in welcher der Reiter zu den Mädchen hergekommen war. Sie hatten bald jene Steine erreicht, an denen der Reiter versucht hatte, ob sie zu Sizen tauglich wären. Er blieb stehen, und harrte, bis das Mädchen sich gesezt [haben würde] hätte. Es sezte sich auf einen glatten Stein. Der Reiter sezte sich zu ihrer Linken auf einen, der etwas niederer war, so daß nun sein Angesicht mit dem ihrigen [sich] fast in gleicher Höhe [befand] war. Das Schwert [legte sich] ragte zu seiner Linken [zwischen] in die
[Steine. Es zeigte sich, wie das Mädchen gesagt hatte. Die Vormittagssommersonne schien warm auf die Size. Die Ahorne, welche hinter ihnen standen, warfen ihre Schatten rükwärts. Da nahm der Reiter seine Lederkappe mit ihrem Anhange von dem Haupte, und legte sie neben sich in das Gras. Als er dieses that, wallte eine Fülle äußerst schöner blonder sehr langer Loken über seinen Naken auf die Schultern hinab.

"Ach was ihr für schöne Haare habt!" sagte das Mädchen.

"Und was du für feine rothe Wangen hast!" erwiederte er.]
niedreren Steine hinab. Sie sprachen nun nichts.

Nach einer Weile sagte der Reiter: "So rede etwas."

"So rede du etwas," antwortete sie, "du hast gesagt, daß du mit mir noch sprechen willst."

"Ich weiß jezt nicht mehr, was ich sagen wollte," entgegnete er.

"Nun ich auch nicht," sagte sie.

Nach einer Zeit sagte der Reiter: "Es ist wahr, was du gesprochen hast, daß an Vormittagen die Sonne sehr mild auf diese Steine scheint."

Sie antwortete nichts, nach einer1
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1 Fortsetzung des Textersatzes auf H/S.14