Witiko

H121


Baiern reicht," entgegnete Witiko, "in dem Hause ist ein alter Schaffner, und ich bin dahin gegangen, weil ich es lange nicht gesehen habe."

"Es liegt im Walde an der Moldau," sagte Lubomir.

"Mehr als eine Tagreise von hier im Walde gegen Abend," antwortete Witiko, "nicht ganz an der Moldau sondern bei dem Kirchenorte Plana."

"Ich weiß," erwiederte Lubomir, "das Thal ist ganz von dem großen Walde umgeben."

"Ganz von dem großen Walde," sagte Witiko.

"Es sind dort noch Luchse, Bären, Wölfe," sagte Lubomir, "und wären noch mehr, wenn nicht die strengen Winter herrschten."

"Sie geben den Leuten Pelze, die sich nicht sonderlich vor den Thieren fürchten," sagte Witiko.

"Die Waldkirche des oberen Planes ist sehr alt," entgegnete Lubomir, "es war schon lange vor der Bekehrung des Herzogs Boriwoy, als sich die Lechen aus dem Mittage des Landes taufen ließen, die Betstelle des Siedlers Ciprinus dort."

"So sagte mir ungefähr auch der Pfarrer von Plan," entgegnete Witiko.

"So besorge in der Zeit dein Haus, wie es deine jungen Kräfte vermögen," sagte Lubomir.

"Ich helfe und sorge, wie ich kann," antwortete Witiko, "der Boden ist dort für Getreide karg, und für Obst noch karger."

"Wo der Boden karg ist, sind die Leute hart," entgegnete Lubomir, "und sie wissen beides nicht."

"Sie leben bei uns von dem, was der Boden bringt," sagte Witiko, "und was sie aus dem Walde ziehen. Einige suchen sich auch von auswärts her Erwerb zu schaffen."

"Wenn sie es nur nicht durch den Krieg thun, an dessen Ertrag sie sich gewöhnen," sprach Lubomir.

"Es ist in früheren Zeiten wohl geschehen," sagte Witiko, "sei es] sie erzählen noch davon, und es sind Dinge vorhanden, die vom Kriege stammen."

"Wie es überall ist," sagte Lubomir.

"Jezt wissen sie wenig von der Zeit und ihrer Bedeutung," sagte Witiko.

"Wie alle wenig wissen," entgegnete Lubomir. "Die Zeit ist noch nicht reif, mein Sohn Witiko. Die zwei Willen, welche den Bau des neuen Herzoges aufgerichtet haben, müssen erst zerfallen, und dann wird das Unheil und Blutvergießen in das Land kommen, was die Einen zu verhüten geglaubt haben. Unter allen war vielleicht nur ein Mann, der die Zukunft genau wußte, nehmlich der Herzog Sobeslaw; doch der ist jezt ein todter Mann. Er wollte die Übel verhindern, da er zu seinem Sohne Wladislaw sagte: Unterwirf dich deinem Vetter, und da er Zeugen zu den Worten rief, darunter auch junge, wie dich, daß sie [[dieselben] es] dieselben auf spätere Zeiten brächten; aber es wird nichts helfen, [er handelte nur als] Sobeslaw handelte unter Zwang als ein sterbender Mann mit den sterbenden Kräften. Hätte er gelebt, so würde er vielleicht alles gehemmt haben."

"Ich kann viele Menschen in ihrem Thun nicht begreifen und erkennen," sagte Witiko.

"Sie sich selber nicht," antwortete Lubomir, "sie werden von der Wuth ihrer Triebe gejagt, und können nicht ermessen, was sie zu einer Zeit zu thun im Stande sein werden. Wenn der alte Bolemil das neunzigste Jahr erreicht, wie es seinem Vater gegönnt war, dann können seine Augen noch sehen, was er ihnen geweissagt hat. Dich wollte ja der neue Herzog [in Prag behalten?"] bei sich behalten?"

"Ja," entgegnete Witiko, "ich muß mich aber erst zurecht finden."

"Du wirst vielleicht das Rechte finden, mein Kind Witiko," sagte Lubomir, "die Bestrebungen müssen erst offener werden, dann werden viele Sinne klarer sehen, was sie thun sollen. Der Herzog sucht sich überall zu stärken. Er vermehrt seine Leute um sich, sucht Landestheile zu befestigen, und Freunde zu gewinnen. Er hat den Sohn des schwarzen Otto wieder in das Herzogthum Olmüz eingesezt, und hat Wladislaw den Sohn des Herzogs Sobeslaw, der früher dort war, zu sich nach Prag gezogen, um seine Augen auf ihm zu behalten. Er hat ihn sehr reichlich ausgestattet, und