Witiko

H116, S. 122


im Frühlinge zu dem deutschen Könige Konrad nach Würzburg gegangen."

"Der deutsche König Konrad ist ja der Stiefbruder Gertruds der Gemalin Wladislaws," sagte Witiko.

"Es kann dies sein," entgegnete Lubomir, "es können aber auch Bündnisse geschlossen worden sein. Viele von denen, die auf dem Wysehrader Landtage versammelt gewesen sind, sind um den Herzog, viele sind zerstreut worden, sie können sich aber wieder zusammen finden. Indessen harren wir, was kommen wird. Die Herzogin Adelheid ist noch immer mit ihren Kindern Sobeslaw Ulrich und Wenzel in Hostas Burg."

"Ein Bote hat mir im Winter die Nachricht gebracht, daß sie noch in Hostas Burg ist," sagte Witiko.

"Sie hat die unbeschränkte Herrschaft in der Burg," antwortete Lubomir, "und der Herzog hat Bores zu ihrem Castellane eingesezt. Auch ihr Sohn der junge Wladislaw ist in Prag reichlich ausgestattet worden, und wird überall hervor gezogen. Unser Volk in diesen Hügeln, die um mich sind, lebt in der Unwissenheit der Dinge, die da kommen werden, es bebaut die Felder, und liebt die Sakpfeife und den Tanz. Wir, die wir in dem Lande zu Wächtern des Glükes der Leute gesezt sind, können, indeß wir harren, nichts thun, als ihre Anliegen schlichten, ihnen Recht und Hilfe geben, und den Glauben schüzen, durch den sie gesitteter und beglükter werden."

"Ich habe vor vier Tagen gehört, wie sie im Mondscheine im Walde sangen, und eine Tryzne feierten," sagte Witiko.

"Das wird noch lange dauern," antwortete Lubomir, "das Volk liebt die alten Bräuche, und das ist gut; es würde Land und Leute umkehren, wenn [es] sie sich in jedem Augenblike änderten. Der Glaube ist hier im Mittage viel älter als in den gegen Mitternacht liegenden Theilen des Landes, die näher an den heidnischen Gebiethen sind; aber auch hier sind viele ¢Sitten¢ geblieben, die an die alte Zeit erinnern, und werden viele Jahre bleiben. Wenn die Brüche nicht Glaubenslehren sind, so schaden sie nicht viel, und einmal wird eine Zeit kommen, in der die Leute nicht mehr wissen werden, ob ein Brauch ein heidnischer oder christlicher ist. Wenn du zur Zeit der Sonnenwende einmal hier wärest, so würdest du auf allen Hügeln die alten Feuer erbliken, die sie der Wende der Sonne anzünden. Wenn sie die heilige Jungfrau Maria anrufen, so gehn noch manche zu heiligen Bäumen oder Felsen, und singen zu ihr, da sie sich die Stirne berühren, sie üben Zeichendeuterei, feien das Vieh, wenn es zum erstenmale auf die Weide geht, und halten den Sperber für heilig."