Witiko

H109


[der Bäume links von Witiko standen drei Gestalten in weiten Gewändern, die sie auch über das Haupt gehüllt hatten, darauf der Mond blauliche Lichter malte. Sie schienen alte Frauen, die mit einander sprachen. Es tönte wieder links im Walde oben ein schwacher Ruf. Darauf hörte man einen Gesang wie von] vielen Stimmen. Der Gesang war ruhig und langsam. [Dann] Er dauerte eine Weile<.> Dann war es stille. Dann begann der Gesang wieder.

["Es sind solche, die dem alten Glauben anhängen," sagte der Führer]

"Das ist ein heidnisches Ding<,>" sagte Benedikt leise zu Witiko, "es muß einer gestorben sein[, und sie feiern eine Tryzne auf seinem Grabe]. Weil sie es [aber] nicht auf seinem Grabe thun können, da es die Priester [des neuen Glaubens] verbothen haben, so gehen sie in den Wald, und thun es dort. Ich kenne den Gesang, meine Großmutter hat ihn oft ertönen lassen, und einmal habe ich ihn auch im Walde oberhalb Horec gehört."

"Aber werden denn die Leute nicht belehrt?" fragte Witiko.

"Sie thun es im Geheimen," antwortete der Führer, "und sagen nichts davon, daß sie von ihren Göttern nicht gestraft werden."

"Dann müssen wohl neue Geschlechter kommen, die die Sünden der alten vergessen," sagte Witiko.

"So wird es schon sein," entgegnete der Führer.

Der Gesang [hatte indessen aufgehört.] hatte wieder aufgehört, begann wieder, und schwieg endlich ganz. Witiko und sein Führer blieben noch immer stehen. Nach einer [Weile] Zeit kamen Gestalten bei den drei Weibern aus dem Walde. Sie waren in weite Gewänder gehüllt, die durch Gürtel zusammen gefaßt wurden. Es waren Männer und Frauen. Sie blieben bei den Weibern stehen, und wurden immer mehr. Dann zerstreuten sie sich. Einige gingen auf dem Pfade am Waldsaume abwärts, auf dem Witiko seinen Weg fortsezen sollte, andere kamen gegen Witiko herauf, und gingen an ihm vorüber in den Wald. Manche gingen schweigend vorbei, andere sagten: "Gelobt sei der Heiland."

"Gelobt sei der Heiland," antworteten Witiko und sein Führer.

Endlich war keine der Gestalten mehr zu sehen, die drei Weiber standen auch nicht mehr auf ihrem Plaze, und es regte sich nichts als der sanfte Wolkenzug, den der Mond durchschien.

Jezt nahmen Witiko und sein Führer auch den Weg wieder auf. Sie gingen auf dem Pfade am Waldsaume hinunter. Als sie den Grasplaz verlassen hatten, kamen sie wieder in dichten Wald. Aber der Weg war da breiter und ausgetretener. Sie gingen langsam auf demselben fort, und hatten manches Mal unter den Blättern eine durchbrechende Helle des Mondes.