Witiko

H105


heraus. Es war die Kleidung und Ausrüstung eines Reitersmannes. Er legte alles in die Truhe zu dem Gürtel. Darauf ging er in die Stube hinaus, und sagte: "Es ist alles richtig. Verweile, so lange du willst, bei uns. Ich werde dir dann deinen Lohn geben, und du kannst wieder deiner Wege ziehen."

"Mit eurem Wohlnehmen werde ich einen Tag rasten, und dann auf den Rükweg gehen," sagte der Mann.

"Thue nach deinem Gefallen," entgegnete Witiko, "wo ist denn die erlauchte Herzogin?"

"Ei in Hostas Burg," antwortete der Mann.

"Ist sie noch in der Burg, in welcher ihr erlauchter Herzog gestorben ist[,]!" sagte Witiko.

"Sie schläft in dem Gemache, in welchem der Herzog gestorben ist," sagte der Mann.

"Und wer ist bei ihr?" fragte Witiko.

"Ihre kleinen Kinder," sagte der Bothe.

"Und wo ist Wladislaw?" fragte Witiko.

"Er ist nach Mähren entflohen, weil er den neuen Herzog fürchtet," antwortete der Bote.

"Hat sie ihren Schmerz gemildert?" fragte Witiko.

"Ja," erwiederte der Bote, "sie sagt gar kein Wort."

"Wird sie lange in Hostas Burg bleiben?" fragte Witiko.

"Ich weiß es nicht," antwortete der Mann.

"Es ist gut," sagte Witiko, und schwieg.

"Ich habe auch einen Brief von Bores," sagte der Mann.

"Nun, so gib ihn," sagte Witiko.

Der Mann nestelte sein Wams auf, zog ein graues Papier daraus hervor, wikelte es auf, und that ein Päkchen Papier heraus, das mit rothseidenen Bändern umwikelt, und mit Wachs versiegelt war. Witiko öffnete das Papier, las die Zeilen, die es enthielt, und sagte: "Ich werde dir eine Antwort mit geben."

Dann ging er in seine Kammer.

Der Bote blieb an diesem Tage und an dem folgenden in dem steinernen Hause. Er legte sich in die Heustelle[,] in dem Stalle, wo sein Pferd stand, schlafen. Am dritten Tage Morgens richtete er sich zur Rükkehr. Er erhielt von Witiko seinen Lohn und den Brief an Bores. Dann ritt er in seinem braunen Oberkleide und in seiner schwarzen Lammshaube auf dem schmalen Schneepfade zu den Häusern hinein, zwischen den Häusern empor, am Kreuzberge vorüber, und den Waldhang hinan, über den Witiko vor sechs Tagen herab gekommen war.

Da der Bote das steinerne Haus verlassen hatte, war es wieder wie vorher. Witiko legte das weißgraue Wollstoffgewand, welches fertig geworden war, an, und sezte die graue Filzhaube auf sein Haupt. Das Gewand bestand in einem Roke, der mit Haften zusammen gehalten wurde, und in Beinbekleidungen, über welche die Stiefel empor gingen. So blieb er nun immer. Er theilte sich mit Martin in die Leitung des Hauswesens, berieth sich mit Martin, ordnete manches an, und that manche Arbeit. Täglich ritt er auf seinem Pferde in der Zeit von fast zwei