Witiko

H10


[hielt einen Augenblik inne, und sah auf die großen Höhen, die ihm gegenüber standen. Im Grunde des Thales, das ihn von diesen Höhen trennte, sah er ein Wässerlein, er sah nur ein kleines Stük desselben, das gegen Morgen ging. Es war wie ein großer Bach; aber das Wasser geht dann noch viele Wegestunden gegen Morgen, wendet sich hier auf mittagwärts, und fließt nach Kurzem in die Donau. Es ist die Mühel, und gibt noch heute einem großen Streife Landes den Namen. Der Berg, auf dem der Reiter war, hieß der breite Berg, er war ein Augenmerk der Leute, und man hatte auf der Hälfte seines Abhanges ein Bild mit dem heiligen Kreuze errichtet, an dem die Wanderer, die durch den Wald kamen, betheten.

Da der Reiter nur eine kurze Weile gehalten hatte, verließ er die freie Stelle, auf der er sich befand, und begann, über den breiten Berg hinab zu reiten. Es war hier dichter Wald, und der Reiter mußte oft sein Haupt neigen, daß es nicht anstoße, und er mußte Äste seitwärts biegen, daß sie ihn nicht streifen. Er kam zu dem Bilde des heiligen Kreuzes, und that dort ein kurzes Gebetlein. Die Sonne war schon untergegangen, und er verfolgte seinen Weg weiter. Endlich, da es schon ganz dunkel geworden war, da das Lederzeug des Reiters vom Abende schon feucht zu werden anfing, war er in dem Grunde des Thales angekommen. Er hörte die Mühel rauschen, und es verbreitete sich ein Feuergeruch. Der Reiter lenkte nun von dem Saumpfade, auf dem er herab gekommen war, in einen Seitenweg, und nach Kurzem hatte er einen Feuerplaz vor sich. Aus mehreren dunkeln Erhöhungen, die auf dem Plaze waren, gingen Feuerzünglein empor, die die nächtlichen Tannen zeitweise beglänzten, und ein hoher breiter lichter Rauch stieg über den einfärbigen Wald hinaus. Seitwärts dieses Plazes standen Hütten, die nicht gleich zu sehen waren. Aus manchem kleinen Fensterlein derselben blikte schon das gesellige Licht, das man für den Abend angezündet hatte. Der Reiter ritt auf diese Hütten zu, und hielt vor einer [stillen] an. Es traten Leute aus derselben, und führten ihn samt dem Pferde hinein. Die Nacht wurde nun immer finsterer. Die Lichtlein auf den schwarzen Erhöhungen dauerten fort, der Rauch dauerte fort, und zuweilen war eine schwarze Gestalt um die Dinge beschäftigt.

Als der andere Tag gekommen war, so sah wieder ein blauer Himmel auf das Land herab, wie gestern, und die Sonne stieg klar an ihm empor. Der große Plaz in dem Walde, auf dem die dunkeln Erhöhungen standen, und an dem der Reiter eine Nachtherberge gefunden hatte, war ein Köhlerplaz, und mehrere hohe Meiler waren auf demselben thätig. An dem Wasser der Mühel hatte man den Wald zu reuten angefangen. Das Holz wurde entweder verkohlt, und in die Essen der Schmiede der Eisengewerke der Waffenmeister und anderer Feuerarbeiter hinaus geführt, oder es wurde in die Mühel geworfen, und in Gegenden verschwemmt, wo es schon einen Werth hatte, und verkauft werden konnte. Auch Theer und andere Flüssigkeiten wurden zeitweilig aus dem Holze gebrannt. Die Leute hatten sich Hütten gebaut, und hatten sich Wiesen und kleine Felder angelegt, die sie mit dem Holze des Waldes umzäunten. Die Hütten bestanden aus gehauenen Stämmen, die Fugen waren mit Moos verstopft, und in die Fenster war helles Glas gesezt. Vor mancher Hütte war ein Gärtchen, in dem andere Blumen blühten, als die der Wald hat. Der Plaz war ziemlich geräumig, und hatte den Namen Klaffergrund.

Als die Sonne über die Bäume herein zu scheinen begann, stand der Reiter vor der Hütte, in welche er gestern eingekehrt war, und neben ihm standen einige Kinder, mochten sie nun in die Hütte gehören, oder theils auch aus der Nachbarschaft gekommen sein. Die Kinder schauten den Reiter an, und er redete bald mit dem einen bald mit dem andern. Sie waren sonntäglich gekleidet; aber hie und da hatte sich doch ein schwarzer Flek eingefunden, sei es an den Fingern oder an den Kleidern oder gar auf einer rothen Wange.

Nach einer Zeit kam eine Frau aus der Hütte. Sie war in frische Linnen und in bunte reinliche Stoffe gekleidet. Sie sagte einige Worte zu dem Reiter, und führte ihn in die Hütte.]1
hielt an dem Kreuze stille, und that ein kurzes Gebetlein. Dann ritt er wieder weiter. Als es ganz finster geworden war, stieg er vom Pferde, nahm ihm die Zügel über den Hals nach vorwärts, ging vor ihm, und führte es hinter sich her. Von dem Kreuze hatte er noch eine kurze aber sehr steile Stelle zu dem Wasser hinunter. An dem Wasser verbreitete sich ein Feuergeruch, der Reiter ging auf eine offene Stelle hinaus, auf welcher aus mehreren dunkeln Erhöhungen Feuerzünglein empor gingen, die die nächtlichen Tannen beleuchteten, und aus [welchen] denen sich ein lichter Rauch über den Wald erhob. Seitwärts dieser Erhöhungen waren mehrere Hütten, aus denen manches Lichtlein glänzte. Der Reiter führte sein Pferd zu einer der Hütten. Als er dort angekommen war, öffnete sich die Thür der Hütte, und ein Mann und ein Weib und zwei Kinder traten heraus.

"Seid ihr da," sagte der Mann, "wir haben euch schier nicht mehr erwartet."

"Sei gegrüßt, Mathias," entgegnete der Reiter, "von Passau kann ich wohl nicht in kürzerer Zeit da sein."

"So bringt nur euer Pferd herein," sagte der Mann, und öffnete ein Thor nicht weit von der Thür.

"Margaretha, leuchte mit einem Spane," sagte er.

Das Weib lief in die Hütte, und kam bald mit einem brennenden Buchenspane zurük. Sie ging mit dem Spane durch das Thor ein, der Reiter mit dem Pferde folgte ihr, und hinter ihm gingen der Mann und die Kinder. Sie kamen ihn2 einen Stall. Zwei Kühe hingen in einer Eke dicht bei einander, und für das Pferd hatte man einen freien Plaz gemacht. Es wurde dort angebunden, und der Reiter und der Mann befreiten es von Zaum und Sattel. Der Reiter dekte seinen Mantel über dessen Rüken. Die Kinder schauten zu. Dann ging man von dem Stalle3
%%
1 Fortsetzung des getilgten Textes auf H S.11
2 Für in
3 Fortsetzung des Textsatzes auf Beilage zu H S.11