Witiko

BZU131


meine Bitte im Himmel erhört worden, und meine Augen sehen auf dieser Stelle Witiko, von dem Heil ausgehen wird."

"Was redest du für Dinge, Huldrik," entgegnete Witiko, "ich verlange nur eine kleine Nachtherberge."

"Nun ist Jakob im Holze und Regina im Kohlfelde," sagte der alte Mann, "aber ich werde euch helfen."

Sie brachten das Pferd in den Stall, wo sie eine Kuh auf einen andern Plaz hängen mußten, um dem Pferde einen eigenen Stand auszuwirken. Und als Witiko das Pferd wie gewöhnlich bedekt hatte, sagte er: "Nun führe mich in die Stube."

"In die Stube, in die Stube," sagte der alte Mann, "so folgt mir."

Er führte nun Witiko in die Stube, welche [wie alle großen Stuben in den Waldhäusern] eine Ekstube mit vier Fenstern geweißten Wänden und alten Buchengeräthen war. Daneben befand sich eine Kammer mit einem Fenster.

"Da muß ich euch ja gleich etwas zum Essen bringen," sagte der alte Mann.

"Thu das, Huldrik," sagte Witiko.

Der alte Mann ging fort, und brachte dann in einem grünen Schüsselchen Milch ein Laibchen weißes Brod ein Messer und einen Hornlöffel[, und stellte alles auf]. Er stellte die Milch auf den Tisch, und legte Brod Messer und Löffel daneben. Witiko sezte sich auf einen Stuhl an den Tisch, schnitt [sich Brod ab, und] sich Stükchen Brotes in die Milch, und aß mit dem Hornlöffel. Huldrik stand vor ihm. Er hatte ein sehr grobes lichtgraues Wollgewand. Sein Rok war viel kürzer und weiter als gewöhnlich, kaum über den Oberkörper hinab reichend. Er war mit Haften geknüpft. Dann war die Beinbekleidung, schlottrig, als sei sie ihm wegen seines Alters zu groß geworden, und dann die Stiefel auch kürzer als gewöhnlich, von dikem Leder, und an den Sohlen mit starken Eisennägeln beschlagen. Auf dem Kopfe hatte er, selbst da er zu Witiko hinaus gekommen war, keine Bedekung gehabt.

"Das ist eine Freude," sagte er, indem er Witiko in das Angesicht sah, "nun nahet die Erfüllung. Seid euren Kinderjahren seid ihr nicht hier gewesen."

"Es hat sich nicht gefügt," sagte Witiko.

"Ihr seid einmal in Friedberg gewesen," sagte Huldrik.

"Damals mußte ich nach Prag reiten," antworte<te> Witiko<.>

"Ich habe es von Florian erfahren," sagte Huldrik, "und wie groß und schön ihr seit den fünf Jahren geworden seid, da ich euch nicht gesehen habe."

"Ich erkannte dich gleich wieder, Huldrik," sagte Witiko, "aber des Häuschens hatte ich mich aus meiner Kinderzeit nicht mehr erinnern können."

"Nun seid ihr hier, und nun wird alles anders werden," entgegnete Huldrik, "eure Mutter hätte euch vor fünf Jahren schon, da ich bei euch war, mit mir gehen lassen sollen, damit damals schon der Anfang gemacht worden wäre."

"Ich bleibe aber nicht lange bei dir," sagte Witiko.

"Das ist nun einerlei, weil ihr nur einmal da seid, und der Beginn eingetreten ist," antwortete Huldrik, "ihr mögt nun in Plan sein, wie bisher, oder sonst irgend wohin gehen, das ändert jezt nichts mehr, und die Geschike gehen schon fort."

"Jezt müssen wir zu dem Pferde sehen," sagte Witiko, indem er den Hornlöffel hinlegte.

"Ja," sagte Huldrik.
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Beilage zu Witiko 131 (Rückseite)

Sie gingen nun von der Stube wieder in den Stall, und Witiko fuhr in der weitern Besorgung des Pferdes fort.

"Zeige mir jezt doch auch die Dinge bei euch," sagte er dann.

"Nun, hier sind vier Kühe," sagte Huldrik, "dort zwei Kälber, und in den leeren Stand gehören die zwei Ochsen, mit denen Jakob in das Holz gefahren ist. Folgt mir nun zu den Schafen."

Sie gingen nun in einen Stall, in welchem in einer Abtheilung zwölf Schafe, in einer andern vier Ziegen und ein Ziegenbok waren. Dann zeigte Huldrik Witiko die vier Schweine in ihrem Stalle. Dann führte er ihn in die Scheuer, wo nur ein Rest Heu vom vorigen Jahre übrig war.

"Die Hühner und andern Federthiere sind im Hofe und sonst überall," sagte Huldrik, "das Gewölbe mit der Milch den Eiern und andern Dingen werde ich euch zeigen, wenn Regina nach Hause kömmt. Sie bewahrt den Schlüssel. In der kleineren Milchkammer ist auch immer nur der kleinere Vorrath. Durch das Scheunenthor seht ihr hier die Hauswiese mit den zwei Rothkirschbäumen, die sehr gute Kirschen geben, und dort über Adams Haus hin,

(Hier folgt 132.)