Gastvortrag: Gut gemeint oder gut begründet? Empirische Evidenz zu Kompetenzen und Transfer zwischen Herkunfts- und Schulsprachen

21. Mai 2019, 17.15–18.45 Uhr, Hörsaal 7, Innrain 52e, EG Univ.-Prof. Dr. Raphael Berthele, Université de Fribourg (CH)

Univ.-Prof. Dr. Raphael Berthele, Université de Fribourg (CH):

Gut gemeint oder gut begründet?
Empirische Evidenz zu Kompetenzen und Transfer zwischen Herkunfts- und Schulsprachen

 

Ich beginne meinen Vortrag mit einer Diskussion der Gründe und Argumente, die im gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurs rund um den Stellenwert und Nutzen von Herkunftssprachen vorgebracht werden. Die Debatte ist sowohl von gesellschaftspolitischen Vorstellungen als auch von spracherwerbsspezifischen Argumentationen geprägt, und oft werden letztere zur Legitimierung von ersteren herangezogen.
Im zweiten Teil des Vortrags konzentriere ich mich auf die spracherwerbsspezifischen Argumentationen, die sich typischerweise auf instrumentelle Erwartungen zu positivem Transfer zwischen den Sprachen der mehrsprachigen Individuen konzentrieren. An Hand von Beispielen, unter anderem von einer Längsschnittstudie zu lusophonen Kindern in Schweizer Schulen (Zweitsprachen Deutsch und Französisch), zeige ich Befunde und Probleme auf, die sich ergeben, wenn die dominierenden Transfer- und Interdependenzideen von Sprachen empirisch überprüft werden sollen.
Die erfolgreichsten Theorien in unserem Feld erweisen sich bei genauerem Hinsehen als inhaltlich wenig ergiebig, was allerdings möglicherweise mit ein Grund für ihren Erfolg ist. Ich diskutiere in diesem Zusammenhang verbreitete pseudowissenschaftliche Immunisierungsstrategien, die es ermöglichen, dass theorieartige Gebilde trotz fehlender Evidenz weiter als gültig anerkennt werden. In der abschliessenden Diskussion schlage ich den Bogen zurück zum gesellschaftlichen Diskurs zu Herkunftssprachen
und reflektiere die Rolle der Wissenschaft im engeren Sinne in dieser sprachenpolitischen Debatte.


Der Vortrag findet im Rahmen der VO „Deutsch als Zweitsprache im Kontext von Mehrsprachigkeit“
von Monika Dannerer statt und ist gleichzeitig Teil des „Mehrsprachigkeitsmai“.
Alle Interessierten sind herzlich willkommen!

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