Auswahlkriterien

* „born online“ (Abgrenzung zur Printzeitschriften-Forschung)

* Periodizität (Abgrenzung zu zeitlich limitierten Schreibprojekten)

* öffentliche Präsenz (Lebensdauer, Wirkung)

* thematische Relevanz (Mediensensibilität thematisch und/oder formal)

* im Zweifelsfall: in dubio pro reo


Publikationen im Netz unterscheiden sich aufgrund der unterschiedlichen medientechnischen Bedingungen grundsätzlich von Publikationen in Printform. Internetpublikationen sind - anders als Periodika in Printform - weder an zeitliche und geographische Räume noch an Medienformate gebunden: Sie können neben Schrift- und Bilddokumenten auch Audio- und Filmdateien transportieren, unabhängig von ihrem Produktionsort an jedem vernetzten Rechner der Welt ohne Zeitverzögerung gelesen werden, sie können jederzeit aktualisiert werden und aufgrund des vergleichsweise geringen finanziellen, technischen und logistischen Aufwandes auch von einer einzigen Person produziert und veröffentlicht werden bzw. umgekehrt eine unbegrenzte Zahl von Autoren mitwirken lassen und die Rolle des Herausgebers auf die eines Webmasters reduzieren. Diese hier nur verkürzt dargestellten Charakteristika von digitalen Literatur-Magazinen machen es erforderlich, dass wir uns in diesem Projekt von den herkömmlichen Definitionen der Zeitschrift, des Journals und Magazins verabschieden müssen. Um die über das Internet an Vielfalt zunehmenden Formen erfassen zu können, wird hier der Begriff Literaturmagazin möglichst breit verstanden, nämlich als periodisch erscheinende, redigierte und einer bestimmten Leitidee verpflichtete Publikationsform für unveröffentlichte fiktionale Texte aller Gattungen und/oder metaliterarische Texte wie Buchrezensionen, Autorenporträts, Artikel allgemeiner Art, Kommentare, Nachrichten etc.

 

Um ein inhaltlich konsistentes Sammelgebiet erschließen zu können, darf jedoch nicht völlig auf einschränkende Kriterien verzichtet werden. Grundsätzlich wird Periodizität als Kriterium für die Auswahl gelten. Gattungen wie Autorenhomepages oder zeitlich limitierte Schreibprojekte, die von vornherein auf Abschluss angelegt sind, bleiben damit ausgeklammert. Ein weiteres einschränkendes Kriterium für die Auswahl wird auch die Frage nach der öffentlichen Präsenz der jeweiligen Website sein. Diese kann gegeben sein entweder durch eine
- "Lebensdauer" von mindestens einem halben Jahr, in der die Website periodisch mit neuen Inhalten auftritt, oder durch deren
- "Wirkung", die sich anhand von Verweisen und Zitaten in anderen Publikationsorganen nachweisen lässt.

Eine Website kann aber auch ausgewählt werden aufgrund ihrer thematischen Relevanz, die sich durch eine thematische oder formale Mediensensibilität nachweisen lässt, also beispielsweise durch einen Schwerpunkt auf Netzliteratur oder einen innovativen Einsatz technischer Anwendungen.

Im Zweifelsfall gilt jedoch: in dubio pro reo.

Wie bereits im Projekttitel deutlich gemacht, werden ausschließlich "reine Online-Magazine" berücksichtigt, um das Projekt von dem Bereich der traditionellen Zeitschriftenforschung abzugrenzen, die sich auf Printformate bezieht. D.h. Online-Varianten von in Printform veröffentlichten Magazinen scheiden aus, außer es handelt sich um inhaltlich eigenständige und unterschiedliche Versionen. Die Differenzierung zwischen born online und original in Printform erscheinenden Publikationsorganen ist deshalb von grundsätzlicher Bedeutung für dieses Projekt, weil es hier darum geht, einen Bereich des gegenwärtigen Literaturbetriebes zu beschreiben, zu analysieren und zu dokumentieren, der genuin im Internet entstanden ist und aufgrund der dem Netz und den digitalen Medien inhärenten "Vergänglichkeit" droht, für die Nachwelt unwiederbringlich verloren zu gehen. Hybride Formen wie Online-Magazine, die Ausgaben im PDF-Format, als Print on Demand oder in Printform anbieten, werden ebenfalls aufgenommen, da es sich auch hier um ursprünglich im Internet verankerte digitale Quellen handelt, die Teil des dort entstandenen literarischen Lebens sind. Formate wie PDF und PoD garantieren außerdem noch nicht per se langfristige Verfügbarkeit, sondern sie bieten den Nutzern lediglich die Möglichkeit eines identischen Printausdrucks an und verlangen deshalb nach einer Sicherung der digitalen Originalquelle. Printvarianten von Online-Magazinen erscheinen häufig erst nach einer gewissen Laufzeit im Internet und es wäre kaum sinnvoll, im nachhinein eine Website aus dem Archivierungsprogramm auszuschließen, nur weil eine zusätzliche Variante in Printform erscheint, die zudem erfahrungsgemäß häufig in inhaltlich reduzierter Form und in kleiner Auflage angeboten wird. Hier wird also ganz pragmatisch nach dem Prinzip im Zweifelsfall dafür entschieden.

 

 

Näheres zur verwendeten Terminologie für die Gattungsbezeichnungen finden Sie

in der kommentierten Liste der verwendenten Gattungsbezeichnungen und

in dem Beitrag „Terminologie zu Erscheinungsformen digitaler Literaturmagazine“.


Nach oben scrollen