Schumacher (Hrsg) 

Handbuch Liechtensteinisches Zivilprozessrecht 

 

Autorinnen und Autoren: 

Dr. Dietmar Baur, Dr. Stefan Becker, Dr. Marie-Theres Frick, Dr. Johannes Gasser, Dr. Lothar Hagen, Dr. Barbara Köllensperger, Mag. Konrad Lanser, Dr. Berhard Lorenz, Dr. Hannes Mähr, Univ.-Prof. Dr. Peter G. Mayr, lic. iur. Jürgen Nagel, lic. iur. Uwe Öhri, Dr. Wolfram Purtscheller, MMag. Nicolas Reithner, Dr. Emanuel Schädler, Dr. Robert Schneider, Prof. em. Dr. Anton K. Schnyder, Univ.-Prof. Dr. Hubertus Schumacher, Dr. Wilhelm Ungerank, Dr. Hugo Vogt, Dr. Manuel Walser, Dr. Ralph Wanger, Dr. Wigbert Zimmermann 

  

Vorwort: 

Rezeptionsgrundlage für den liechtensteinischen Zivilprozess ist die österreichische Zivilprozessordnung 1895. Seit der Rezeption 1912 hat sich nicht nur die praktische Anwendung des Gesetzes von jener der öZPO verselbständigt, sondern haben auch diverse Verfahrensnovellen zur unverkennbaren Eigenheit des liechtensteinischen Zivilprozesses beigetragen. Ein verfahrensrechtliches Normengefüge kann in seiner Anwendung und Kohärenz von divergenten geographischen, staatsrechtlichen und vor allem auch wirtschaftlichen Gegebenheiten abhängig sein. Nur beispielhaft für diese Entwicklung: Die in Österreich in praxi kaum anzutreffende aktorische Kaution (§§ 57 ff ZPO) ist in Liechtenstein "tägliches Brot" aller Instanzen, die dazu eine eigenständige und verzweigte Judikatur entwickelt haben. Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit tauchen zwar nicht innerstaatlich, aber im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit der liechtensteinischen Gerichte häufig auf, zumal aufgrund der ausländischen Beteiligungen in Stiftungen, Gesellschaften und anderen Verbandspersonen gerichtliche Streitigkeiten oft Auslandsbezug haben. Schliesslich ist das Rechtsmittelsystem anders geprägt als jenes der öZPO, gilt doch im Berufungsverfahren eine begrenzte Neuerungserlaubnis und entbehrt das Revisionsverfahren der "erheblichen Rechtsfrage" als Zulassungsvoraussetzung. Eine im liechtensteinischen Zivilprozess begegnende Eigenheit ist auch die Bekämpfbarkeit von im ordentlichen Rechtsweg nicht mehr anfechtbaren, „enderledigenden“ - auch unterinstanzlichen - Entscheidungen mit Individualbeschwerde an den StGH, die zur verfassungsrechtlichen Prüfung verfahrensrechtlicher Normen führen kann. Aber auch der schweizerische Einfluss auf das liechtensteinische Zivilprozessrecht ist nicht zu verkennen: Das liechtensteinische Rechtsbotsverfahren mit "Rechtsvorschlag" des Schuldners (§§ 593a ff ZPO), das Rechtsöffnungsverfahren und die Aberkennungsklage (Art 49 ff, 53 RSO) sind nach schweizerischem Vorbild geschaffen. 

  

Schon anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass der liechtensteinische Zivilprozess, der zuletzt 2018 novelliert wurde, nicht nur teilweise anders normiert ist, sondern auch sein usus fori vom österreichischen teilweise erheblich abweicht. Der Fürstliche Oberste Gerichtshof hat im Hinblick auf diese Vielfalt der verfahrensrechtlichen Rechtsquellen und die dichte Rezeptionslage mehrfach ausgesprochen, dass das liechtensteinische zivilgerichtliche Verfahren ein in sich geschlossenes ganzes und selbständiges System bildet: "Zwar sind viele Elemente dieses Systems, der besonderen geographischen Lage dieses Landes Rechnung tragend, aus den Verfahrensordnungen der Nachbarländer, Österreich und der Schweiz, übernommen worden. Diese Übernahmen erfolgten aber nicht planlos oder bruchstückhaft, sondern in einer sich gegenseitig ergänzenden Art und Weise, so dass in Verbindung mit landeseigenen Regelungen eine durchaus eigenständige, in sich geschlossene Verfahrensordnung entstand, von der allerdings einzelne Bestandteile ihre Herkunft weder verleugnen können noch wollen. Charakteristisch an diesem liechtensteinischen Verfahrensrecht ist die einheitliche Verbindung gerade der Bestandteile verschiedenartiger Herkunft". 

  

Diese spezielle verfahrensrechtliche Rechtssituation war Anlass und Impetus dazu, eine umfassende Darstellung des liechtensteinischen Zivilprozessrechts mit Beiträgen ausgewiesener Praktiker und Theoretiker aus dem liechtensteinischen, österreichischen und schweizerischen Rechtsbereich herauszugeben. Das Ergebnis ist das vorliegende Handbuch, das der Praxis vor den Fürstlichen Gerichten eine tragfähige Grundlage für die tägliche Anwendung und Fortentwicklung des liechtensteinischen Zivilprozessrechtes bieten soll. 

  

Ganz besonderen Dank schulde ich Frau Univ.Ass. Dr. Barbara Köllensperger und Frau Univ.-Ass. Mag.Fanny Rohmann für die höchst engagierte und unermüdliche Unterstützung bei der Erstellung und Druckreifmachung dieses Werkes. 

  


Innsbruck, im Mai 2020 

Hubertus Schumacher 

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