Die Fiktionalisierung von Epitexten in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur

 

Anna Obererlacher

Das Dissertationsprojekt widmet sich, ausgehend vom theoretischen Kontext der von Gérard Genette begründeten Paratextforschung, Texten von Autor*innen deutschsprachiger Gegenwartsliteratur, die Epitexte bzw. epitextuelle Elemente – wie Interviews oder Gespräche – für ihre Poetik produktiv machen, mit ihnen (auto)fiktionale Texte mit eigenem Paratext-Apparat gestalten und so das vermeintliche „Beiwerk“ zum eigenständigen Werk transformieren. Ein Werk, das mit literarischen Mitteln den Stellenwert des Autors im literarischen Feld reflektiert und Grenzziehungen zwischen Fakt und Fiktion sowie Text und Paratext produktiv infrage stellt.

Die Arbeit fragt, inwiefern die Tendenz, autobiographische Narrative durch autofiktive zu ersetzen, als Reaktion auf die im literarischen Feld bzw. Literaturbetrieb bestehende Nachfrage nach Autorschaft interpretiert werden kann. Und weiters, in welcher Beziehung dazu das vorsätzlich ambivalente Verhältnis von fiktionalen und faktualen Elementen und Hinweisen der ästhetischen Überschneidung von Text und Paratext steht. Abschließend ist zu hinterfragen, ob diesbezüglich Analogien zu paratextuellen Strategien um 1800 (Stichwort ‚Herausgeberfiktion‘) bestehen. 

Zur Untersuchung eignen sich Interview-Romane, die den Epitext ‚Interview‘ für ihr fiktionales Programm produktiv machen (etwa Wolf Haas’ Wetter vor 15 Jahren, Clemens J. Setz’Bot oder John von Düffels KL – Gespräch über die Unsterblichkeit), medial vom Buch abweichende Spielformen fiktiver und fiktionaler Interviews (darunter Alexander Kluges mit Helge Schneider für das Fernsehen audiovisuell inszenierte Interviews) sowie (autofiktionale) Texte, die die Mechanismen des Literaturbetriebs und dabei insbesondere die Stellung des Autors darin auf vielfältige Weise reflektieren (wie Thomas Glavinics Das bin doch ich, Marlene Streeruwitz’ Nachkommen, Klaus Modicks Bestseller).

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