Liturgie zwischen Tradition und Inkulturation. Die Modelle von Joseph Ratzinger, Louis-Marie Chauvet, Joseph Gelineau und Engelbert Mveng: theologische Analyse und praktische Konsequenzen.
„Es ist nicht sicher, ob wir die zahlreichen Aporien, die die Universalität der christlichen Botschaft angesichts der Vielfalt der Kulturen einer pluralistischen Menschheit aufwirft, noch vollständig im Griff haben“.[1] Mit diesen Worten führt der kongolesische Theologe Santedi Kinkupu Léonard in die Problematik der Inkulturation in einer missionarisch gewordenen Kirche ein. Es ging darum, die eigentliche Aufgabe der Inkulturation zu untersuchen, wenn sie auf die Liturgie und die Glaubensaussagen angewandt werden soll.
[1] Santedi Kinkupu, Léonard : Dogme et inculturation en Afrique, Préface.
« Il n’est pas sûr que nous maitrisions encore parfaitement les nombreuses apories que soulève l’universalité du message chrétien face à la diversité des cultures d’une humanité plurielle ».
Motivation
Die Globalisierung, die kulturelle Vielfalt und der sozio-religiöse Wandel stellen die Frage nach der Fähigkeit des Glaubens an Jesus Christus, sich in verschiedenen kulturellen Kontexten authentisch auszudrücken, ohne sein liturgisches Erbe zu verraten. Joseph Gelineau betont die Notwendigkeit der Inkulturation auf die Gefahr hin, mit diesen Begriffen Verwirrung zu stiften:
Jeder Ritus ist notwendigerweise inkulturiert, was die Inkarnation des Wortes verlängert. Wenn ein Zeichen nicht in eine Kultur und eine symbolische Konstellation eingebettet ist, ist es nicht mehr als Ritus erkennbar und kann alles oder nichts bedeuten.[1]
Die grundlegende Frage ist hier, wie es gelingen kann, die Treue zur liturgischen Tradition mit der Anpassung an die lokalen Kulturen zu verbinden. Das Zweite Vatikanische Konzil hat vor allem in der Liturgiekonstitution Sacrosanctum concilium[2] den Weg für eine Liturgiereform geebnet, die gewisse Formen der Anpassung an die kulturellen Gegebenheiten der Völker zulässt, zugleich aber klare Grenzen setzt, um Abweichungen zu vermeiden, die zu Verwirrung führen könnten.
[1] Gelineau, Joseph : Libres propos sur les assemblées liturgiques, 60.
« Tout rite est nécessairement inculturé, ce par quoi se prolonge l’incarnation du Verbe. Si un signe ne s’inscrit pas dans une culture et dans la constellation symbolique, il n’est plus identifiable comme rite et peut signifier tout ou rien ».
[2] SC 37-40.
Forschungsfragen:
1. Welches sind die wichtigsten liturgischen Inkulturationsmodelle, die in der Kirche verwendet werden, und welche Auswirkungen haben sie?
2. Wie beeinflussen diese Modelle die Struktur, die Sprache und die Symbole der Liturgie in verschiedenen kulturellen Kontexten?
3. Wie weit kann man bei der Anpassung der Liturgie gehen, ohne ihr Wesen zu verändern?
4. Welche theologischen und liturgischen Kriterien bestimmen eine legitime Inkulturation?
5. Welche Konsequenzen haben diese Ansätze für die liturgische Praxis heute?
Methodologie:
Diese Arbeit bietet eine theologische und pastorale Analyse der Kontroversen zwischen den Inkulturationsmodellen und der liturgischen Tradition anhand der Visionen von Chauvet und Ratzinger einerseits und versucht andererseits, die Positionen von Gélineau und Mveng durch eine Kritik der gegenwärtigen Methoden neu zu interpretieren, um eine den Bedürfnissen der Menschen angepasste Inkulturation vorzuschlagen.
Literature:
Chauvet, Jean-Marie. Du rite au Symbole, une mutation de la théologie sacramentelle. Paris, Cerf, 1997.
Ela, Jean-Marc. Symbolique africaine et mystère chrétien, les quatre fleuves n°10 : un christianisme africain, Paris, Beauchesne, 1979.
Gelineau, Joseph. Demain la liturgie. Essai sur l’évolution des assemblées chrétiennes, Paris, Cerf, 1976.
Jaouen, René. L’Eucharistie du mil, Langages d’un peuple, expressions de la foi, Paris, Karthala, 1995.
Ratzinger, Joseph. Der Geist der Liturgie, Freiburg im Breisgau, Herder, 2000.
Betreuer:
Univ.-Prof. Dr. Liborius Olaf Lumma
Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie
Doktorand:
Mag. theol. Jacques Yannick Noah Noah
jacques.noah-noah(at)student.uibk.ac.at