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Greer Lanktons phantasmatische Puppen.
Kunst zwischen Körpern und Konstruktion
Eva Siller
Greer Lanktons Oeuvre bewegt sich an der Schnittstelle zwischen autobiografischer Erzählung und Reflexion über queere Identität und Gender.2 Ihre Puppen sind nicht nur Kunstwerke, sondern intime Dokumente eines Lebens, das sich gegen gesellschaftliche Normen auflehnte.3
Dieser Text untersucht Lanktons Schaffen im Kontext zentraler Theorien von Michel Foucault, Judith Butler und Donna Haraway. Diese Auseinandersetzung zeigt auf, wie ihre Kunst Geschlecht als Konstruktion begreift, marginalisierte Identitäten sichtbar macht und tradierte Hierarchien infragestellt.4
Der Fokus liegt auf phantasmen – flüchtige Räume, in denen sich Traum und Trauma, Körper und Konstruktion überlagern. Wie lassen sich Greer Lanktons Puppen als phantasmatische Körper interpretieren?
Lanktons Kunst ist tief mit ihrer Biografie verwoben. Puppen waren für sie mehr als künstlerische Objekte: lebenslange Begleiter*innen und zentrales Medium ihrer Auseinandersetzung mit Identität, Sexualität und Gender. Geboren 1958 in Michigan, entdeckte die Künstlerin früh Puppen als selbstreflexives Medium. Ihre geschlechtsangleichende Operation mit 21 Jahren war von Komplikationen begleitet – Erfahrungen, die sich tief in ihr künstlerisches Schaffen einschrieben.5
Lanktons Skulpturen entpuppen sich als Projektionsflächen, Selbstbilder, die zwischen Verletzlichkeit und Ermächtigung oszillieren.6 Greer Lankton widmete den Rest ihres Lebens der Kreation und Transformation, in Bezug auf ihre Kunst und ihren Körper.7
In New York wurde Lankton eine zentrale Figur der Kunstszene im East Village der 1980er.8 Ihr Umfeld war geprägt von Kreativität – aber auch Krankheit, Sucht und den verheerenden Auswirkungen der AIDS-Krise. Viele in ihrem Umfeld starben früh. Auch Greer Lankton starb 1996 jung an einer Überdosis.9 Diese Erfahrungen sind in Lanktons Werk spürbar: Ihre Figuren sind gezeichnet von Leid und Brüchen.
Lanktons Puppen bewegen sich zwischen Körperhaftigkeit und Konstruktion, Subjekt und Objekt, Begehren und Zerstörung. In ihrer Kunst manifestiert sich ein Reflexionsprozess über die Einschreibung von Geschlechternormen und Machtstrukturen. Dafür sind drei Theoretiker*innen zu beleuchten: Michel Foucault, Judith Butler und Donna Haraway.10
Foucault sieht Körper nicht als neutrale Träger von Identität, sondern Produkte von Machtverhältnissen. Disziplin, Normierung und medizinische Eingriffe schreiben sich in ihnen ein.11
Butlers Theorie der Performativität liest Geschlecht als Konstruktion durch wiederholte Akte und nicht als biologische Tatsache.12
Haraway schlägt mit ihrer Cyborg-Figur eine postbinäre Lesart von Identität vor: Sie entzieht sich der Unterscheidung zwischen Mensch und Maschine, männlich und weiblich.13
Sissy ist eine zentrale Arbeit von Lankton, die die Künstlerin immer wieder transformierte, als Personifikation ihrer selbst, als Projektion ihres Begehrens. In dieser Puppe bündeln sich die dargelegten Theorien.
Foucault beschreibt, dass sich Macht in den Körper einschreibt und ihn reguliert. Diese Regulierung basiert oft auf phantasmen – einem Idealbild von Gesundheit und Geschlecht, das als Maßstab dient, aber selbst nie real existiert. Lanktons Puppe entlarven diese phantasmen: Sissy zeigt einen Körper, der nicht der normativen Ästhetik entspricht. Die Figur Sissy verdeutlicht dies in ihrem ambivalenten Zustand. Sie macht sichtbar, dass es keinen natürlichen Körper gibt, sondern nur viele kulturelle Projektionen.
Die übertriebene Feminisierung von Sissy kann als subversive Strategie im Sinne Butlers gelesen werden: Sie zeigt auf, dass Weiblichkeit nicht natürlich ist – vielmehr phantasmen, die sich durch Nachahmung stabilisieren. Weiblichkeit ist keine Essenz, sondern ein inszeniertes Ideal. Auch der Titel Sissy stört die vermeintliche Binarität – so war sissy in der Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA eine verbreitete Beleidigung und bezeichnete Männer, die nicht heteronormative, weiblich konnotierte Verhaltensmuster zeigten. So ist der Titel eine Form emanzipierender Aneignung.14
Donna Haraway entwirft mit der Figur des Cyborgs eine postgeschlechtliche Metapher, die dualistische Kategorien wie Mann/Frau oder Natur/Kultur hinterfragt. Sissy verkörpert diesen Gedanken: Sie ist weder lebendig noch tot, weder männlich noch weiblich, weder Subjekt noch Objekt. In ihrer Künstlichkeit und Uneindeutigkeit verweigert sie sich klaren Zuschreibungen – eine Strategie, die Haraways Idee des Cyborgs zwischen den Kategorien aufgreift.15
In psychoanalytischen und kulturtheoretischen Diskursen16 bezeichnen phantasmen eine unbewusste Struktur, die Wahrnehmung von Realität und Begehren prägt - keine bloße Illusion, sondern ein machtvolles Bild, das sich zwischen Wunsch und Angst formt.
Lanktons Puppen sind solche phantasmatischen Körper: Sie entziehen sich der Eindeutigkeit, schweben zwischen Selbstbild und kultureller Projektion, zwischen Leben und Tod, Mensch und Objekt, Realität und Fiktion. Sie sind damit politisch, poetisch und persönlich zugleich.17 Lanktons Kunst enthüllt die Illusion einer festen Identität und eröffnet Räume für fluide Formen des Seins. Letztlich verweist Greer Lanktons Werk nicht nur auf die Begrenzungen von Geschlecht, sondern auch auf deren subversive Potenziale – eine Einladung, Identität jenseits binärer Kategorien zu denken und neu zu gestalten.18
Bilder folgen in Kürze. Die Nutzungsrechte der Bilder werden von The Greer Lankton Collection der Mattress Factory eingeholt.
[1] Diese Inhaltswarnung erscheint im Archiv der Greer Lankton Collection und macht auf intensive Themen aufmerksam. Nicht alle genannten Inhalte werden im Folgenden behandelt, der Hinweis gilt jedoch für das gesamte Archiv, vgl. The Greer Lankton Collection, Mattress Factory, Pittsburgh,
URL: https://lankton.mattress.org/About/Collection [05.04.2025].
[2] Zur Begriffsklärung: Häufig wird zwischen Geschlecht als biologischer Kategorie und Gender als sozialer Rolle unterschieden. Judith Butler stellt diese Unterscheidung infrage, indem sie argumentiert, dass auch das biologische Geschlecht nicht rein naturgegeben, sondern sozial konstruiert und kulturell geprägt ist. Diese Debatte ist zentral für die feministische Philosophie, vgl. Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt am Main 172014; Bettina Schmitz, Geschlechterdifferenz, in: Metzler Lexikon Philosophie, Heidelberg 2008,
URL: https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/geschlechterdifferenz/799 [05.05.2025].
[3] Die 1999 erschienene Publikation zur Ausstellung Puppen Körper Automaten diente als Ausgangspunkt für den vorliegenden Aufsatz. Sie zeichnet die Geschichte von Puppen von Mythen bis zur Gegenwart nach. Anders als die Ausstellung rückt der Aufsatz zudem die queere Perspektive von Greer Lankton in den Fokus, vgl. Pia Müller-Tamm / Katharina Sykora / Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen (Hg.), Puppen, Körper, Automaten. Phantasmen der Moderne, Ausstellungskatalog Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen Düsseldorf, Köln 1999.
Greer Lankton bezeichnet Hans Bellmer als ihren Lieblingskünstler, was sich deutlich in ihrem eigenständigen Werk zeigt. In der Forschung wurden beide bislang noch nicht in Beziehung zueinander gesetzt, vgl. Müller-Tamm/Sykora oder Birgit Käufer, Die Obsession der Puppe in der Fotografie. Hans Bellmer, Pierre Molinier, Cindy Sherman, Bielefeld 2006.
[4] Die erste intensivere kunsthistorische Auseinandersetzung mit Greer Lankton stellt Cyle Metzgers Artikel Cut and Sew. Gender Expansion through Greer Lankton’s Dolls dar, vgl. Cyle Metzger, Cut and Sew. Gender Expansion through Greer Lankton’s Dolls, in: American Art 38/3 (Fall 2024), 32-57,
URL: https://doi.org/10.1086/733262 [05.04.2025].
[5] Greer Lankton hatte ein ambivalentes Verhältnis zu ihren konservativen Eltern, die sie dennoch unterstützten – ihr Vater sammelte etwa Kirchengelder für ihre Operation. Zum komplexen Verhältnis zwischen Greer Lankton und ihren Eltern vgl. Metzger 2024 (wie Anm. 4), 39f. Nan Goldin, Greer Lankton, in: Artforum 38/2 (Oktober 1999), 126, 161f; Helen Luckett, Greer Lankton, in: Rebecca Morril (Hg.), Great Women Artists, London / New York 42019, 231.
[6] Greer Lankton begann 1976 am Art Institute of Chicago, wechselte 1978 ans Pratt Institute in New York und studierte Bildhauerei. Dort vertiefte sie den Einsatz von Puppen, um Geschlecht und Identität zu erforschen. Anatomiekurse erweiterten ihr Körperverständnis, das sie in ihrer Arbeit mit Stoffresten, Müll und Pappmaché als geschichtetes Objekt umsetzte, vgl. Metzger 2024 (wie Anm. 4), 36.
[7] Beispielsweise ihr schwangerer Hermaphrodit ist eines der frühen bedeutenden Werke. Laut Nan Goldin entstand das Werk aus einem Traum, in dem Lankton sich selbst zur Welt brachte – ein Motiv, das sie immer wieder in ihrer Kunst aufgriff. Lankton nannte ihre Puppen liebevoll „creatures“ und verstand sie nicht als Frauen, sondern als eigenständige Wesen, vgl. Metzger 2024 (wie Anm. 4), 35.
[8] Das East Village in der Lower East Side New Yorks war Begegnungsort für queere Personen, Musiker*innen, Drag-Künstler*innen und bildende Künstler*innen. Es gab eine Vielzahl an Galerien und Clubs, die die Subkultur formten. Lanktons Teilnahme an der legendären MoMA-Ausstellung New York/New Wave (1981) mit Künstlern wie Warhol und Basquiat prägte früh ihre Karriere. Obwohl international anerkannt, blieb sie in der breiteren Forschung lange vernachlässigt. Erst in den letzten zehn Jahren, unter anderem durch ihren Ex-Mann Paul Monroe, rückte ihr Werk verstärkt in den Fokus, vgl. Rita Gonzalez, Q&A with Paul Monroe: Life and Work of Greer Lankton, in: Los Angeles County Museum of Art (Hg.), Unframed (7. Februar, 2019),
URL: https://unframed.lacma.org/2019/02/07/qa-paul-monroe-life-and-work-greer-lankton [05.04.2024].
Laut Diego Cortez, dem Kurator der New York/New Wave Ausstellung, war Lankton zudem eine der Pionierinnen, die die Grenze zwischen Volkskunst und bildender Kunst verwischte, vgl. Goldin 1999 (wie Anm. 5).
Metzger betont den Kanonbruch, den Lanktons ambivalente Puppen zwischen Kunst und Handwerk sowie High und Low Art markieren, und hebt damit ebenfalls ihre radikale Grenzüberschreitung hervor, vgl. Metzger 2024 (wie Anm. 4), 54f.
[9] Lanktons Leben war von Krankheiten und Sucht geprägt, vgl. Gonzalez 2019 (wie Anm. 8). Diese Themen verarbeitete sie in ihrer letzten Installation It’s all about ME, Not You (1996). Dieser Raum – zwischen Schlafzimmer und Wunderkammer – zeigt Puppen, Medikamenten, Fotos und Notizen: eine Art Selbstporträt als Bühne, das die Grenzen zwischen vermeintlicher Realität und Installation verschwimmen lässt. Diese Arbeit stellt eine letzte Konfrontation mit dem eigenen Körper als phantasma dar – einem Körper, der sich durch Drogen, Krankheit und Transformation zunehmend entzieht. Kurz danach starb Lankton an einer Überdosis, vgl. Goldin 1999 (wie Anm. 5).
[10] Die Einleitung von Dunja Brötz in Menschmaschinen/Maschinenmenschen bildet die theoretische Grundlage für literarische Analysen zu Golems, Robotern, Androiden und Cyborgs als drittes Geschlecht und lässt sich auf bildende Kunst übertragen, vgl. Dunja Brötz, Menschmaschinen/Maschinenmenschen in der Literatur. Golems, Roboter, Androiden, Cyborgs als das dritte Geschlecht – eine Einleitung, in: Dunja Brötz et al. (Hg.) Menschmaschinen / Maschinenmenschen in der Literatur Golems, Roboter, Androiden und Cyborgs als das dritte Geschlecht, Innsbruck 2023, 7-28.
[11] Michel Foucault (1926–1984) gilt als einflussreicher Philosoph, dessen Werke wie Die Ordnung der Dinge (1966), Überwachen und Strafen (1975) und Sexualität und Wahrheit (ab 1976) die bildende Kunst und die Theorie mit Konzepten wie Biopolitik und Diskursanalyse prägten. Obwohl ihm der Poststrukturalismus zugeschrieben wird, lehnte er diese Einordnung ab, vgl. Clemens Kammler / Rolf Parr / Ulrich Johannes Schneider (Hg.), Foucault Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Berlin 22020; Michel Foucault, Die Ordnung des Diskurses, Frankfurt am Main, 52001; Brötz 2023 (wie Anm. 10), 11-15.
[12] Judith Butler (1956) zählt zu den einflussreichsten Theoretiker*innen feministischer, poststrukturalistischer Theorie. Ihr 1990 veröffentlichtes Werk Das Unbehagen der Geschlechter gilt als eines ihrer Schlüsselwerke.
Butler sieht Gender nicht als feste Identität, sondern als fortwährende Performance. Sie kritisiert, dass biologisches Geschlecht als natürliche Basis sozialer Rollen gilt und stützt sich dabei auf Foucaults Macht- und Diskurstheorie, vgl. Hannelore Bublitz, Judith Butler. Zur Einführung, Hamburg 62021; Butler 2014 (wie Anm. 2).
Es findet sich darin das phantasmatische Ideal von Geschlecht: ein Bild, das zwar kulturell vorgeschrieben ist, aber in seiner Materialisierung immer unvollständig bleibt, vgl. Judith Butler, Bodies that Matter, New York 1993; Brötz 2023 (wie Anm. 10), 16-19.
[13] Donna Haraway (1944) ist Geschlechterforscherin, Wissenschaftstheoretikerin und Biologin und eine wichtige postbinäre Denkerin im Queerfeminismus. Lanktons Puppen sind keine Maschinen, doch ihre zusammengenähten Körper spiegeln Haraways hybride Identität wider – Figuren jenseits der Zweigeschlechtlichkeit, die gemacht statt geboren sind. Vgl. Donna Haraway, A Cyborg Manifesto: Science, Technology, and Socialist-Feminism in the Late Twentieth Century, in: Donna Haraway, Simians, Cyborgs and Women: The Reinvention of Nature, New York 1991,149-181; Brötz 2023 (wie Anm. 10), 20-25.
[14] Sissy wird auch unter Schwestern verwendet und wurde in der queeren Community unter anderem als Selbstbezeichnung für nonbinäre, genderqueere Identitäten zurückerobert. Vgl. Metzger 2024 (wie Anm. 3).
[15] Haraway 1991 (wie Anm. 14).
[16] Das Konzept der Phantasmas wird in einer Vielzahl psychoanalytischen und kulturtheoretischen Diskurse aufgegriffen, verweigert sich dabei allerdings einer deutlichen Definition und ist von Transformation geprägt. Es wird als Zwischenraum an den Grenzen von Realität und Phantasie, Begehren und Angst verortet und ist durch seine Vielschichtigkeit akkurater als phantasmen zu bezeichnen.
Bereits in der Antike wurde der Themenkomplex verhandelt, wie bei der Anekdote über Zeuxis und Parrhasios, vgl. August Ruhs, Der Vorhang des Parrhasios. Schriften zur Kulturtheorie der Psychoanalyse, Wien 2003. Zur näheren Auseinandersetzung mit phantasmen in philosophisch-psychoanalytischen Kontexten mit prominenten Theoretikern wie Jacques Lacan oder Sigmund Freud vgl. Hans-Dieter Gondek, Angst, Einbildungskraft, Sprache. Ein verbindender Aufriss zwischen Kant – Freud – Lacan, München 1990. Zeitgenössische Auseinandersetzung unter anderem mit Rückbezug auf Lacan findet sich unter anderem bei Slavoj Žižek, vgl. Slavoj Žižek, Die Pest der Phantasmen. Die Effizienz des Phantasmatischen in den neuen Medien, Wien 1999. Aus kulturtheoretischer Perspektive stellt Walter Benjamin eine bedeutende Rolle in der Prägung des Begriffs der Phantasmagorie dar, die er in seinem Entwurf einer Urgeschichte der Moderne skizzierte, vgl. Rolf Tiedemann (Hg.), Walter Benjamin. Gesammelte Schriften 5, Frankfurt am Main 1991.
Hans Belting beschäftigt sich mit der Verquickung von Kunst- und Phantasiebegriff, vgl. Hans Belting, Über Phantasie und Kunst, in: Venanz Schubert (Hg.), Gedächtnis und Phantasie (Wissenschaft und Philosophie, Interdisziplinäre Studien, 16), St. Ottilien 1997, 183-203.
[17] Im Spiegel theoretischer Konzepte von Foucault, Butler und Haraway lässt sich erkennen: Lanktons Kunst enthüllt Geschlecht als Konstruktion, zeigt Macht im Körper und eröffnet neue Räume fluider, hybrider Identität. Sie demonstriert kulturelle phantasmen einer kohärenten Geschlechtsidentität, die sich in einer heteronormativen Gesellschaft immer wieder selbst zu stabilisieren versucht. Ebenso dekonstruieren sie phantasmem einer natürlichen Körperlichkeit, indem sie Körper als formbar, verletzlich und veränderbar inszenieren. Lankton erinnert uns daran, dass Identität nicht fix ist – sondern transformationsfähiges Potenzial. phantasmen, die immer wieder neu zusammengesetzt werden müssen.
[18] Für diese Einladung spricht sich Metzger ebenso aus. Lanktons Puppen sind keine Maschinen, doch ihre zusammengenähten Körper spiegeln Haraways hybride Identität wider – Figuren jenseits der Zweigeschlechtlichkeit, die gemacht statt geboren sind, vgl. Metzger 2024 (wie Anm. 4), 55.
Bibliografie
Hans Belting, Über Phantasie und Kunst, in: Venanz Schubert (Hg.), Gedächtnis und Phantasie (Wissenschaft und Philosophie, Interdisziplinäre Studien, 16), St. Ottilien 1997, 183-203.
Hannelore Bublitz, Judith Butler. Zur Einführung, Hamburg 62021.
Judith Butler, Bodies that Matter, New York 1993.
Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt am Main 172014.
Dunja Brötz, Menschmaschinen/Maschinenmenschen in der Literatur. Golems, Roboter, Androiden, Cyborgs als das dritte Geschlecht – eine Einleitung, in: Dunja Brötz et al. (Hg.) Menschmaschinen / Maschinenmenschen in der Literatur Golems, Roboter, Androiden und Cyborgs als das dritte Geschlecht, Innsbruck 2023, 7-28.
Michel Foucault, Die Ordnung des Diskurses, Frankfurt am Main 52001.
Nan Goldin, Greer Lankton, in: Artforum 38/2 (Oktober 1999), 126, 161f.
Hans-Dieter Gondek, Angst, Einbildungskraft, Sprache. Ein verbindender Aufriss zwischen Kant – Freud – Lacan, München 1990.
Donna Haraway, A Cyborg Manifesto: Science, Technology, and Socialist Feminism in the Late Twentieth Century, in: Donna Haraway, Simians, Cyborgs and Women: The Reinvention of Nature, New York 1991,149-181.
Clemens Kammler / Rolf Parr / Ulrich Johannes Schneider (Hg.), Foucault Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Berlin 22020.
Helen Luckett, Greer Lankton, in: Rebecca Morril (Hg.), Great Women Artists, London / New York 42019, 231.
Cyle Metzger, Cut and Sew. Gender Expansion through Greer Lankton’s Dolls, in: American Art 38/3 (2024), 32-57,
URL: https://doi.org/10.1086/733262 [05.04.2025].
Pia Müller-Tamm / Katharina Sykora / Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen (Hg.), Puppen, Körper, Automaten. Phantasmen der Moderne, Ausstellungskatalog Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen Düsseldorf, Köln 1999.
August Ruhs, Der Vorhang des Parrhasios. Schriften zur Kulturtheorie der Psychoanalyse, Wien 2003.
Rolf Tiedemann (Hg.), Walter Benjamin. Gesammelte Schriften 5, Frankfurt am Main 1991.
Slavoj Žižek, Die Pest der Phantasmen. Die Effizienz des Phantasmatischen in den neuen Medien, Wien 1999.
Online Ressourcen
Laura Allsop, The Radical Life & Work of Genderqueer Artist Greer Lankton, AnOther Magazine, 2/2 (2015),
URL: https://www.anothermag.com/art-photography/8181/the-radical-life-work-ofgenderqueer-artist-greer-lankton [05.04.2024].
Andrew Durbin, UNalterable Strangeness, in: Flash Art, Milan 2015,
URL: https://flash---art.com/article/unalterable-strangeness/?fbclid=PAZXh0bgNhZW0CMTEAAabPuYqhoZi90JqZZJMRDCrb19 L0QJ1JkSQVCRI1_vecOvciHQodJlUwDAA_aem_S4BFO_zIs6DTYCRCUGfPFw [27.03.2025].
Johanna Fateman, Greer Lankton’s Lonely Dolls. The artist’s enthralling portraits showcase figures of her own making, in: The New Yorker (28. November 2022), URL: https://www.newyorker.com/culture/photo-booth/greer-lanktons-lonely-dolls [05.04.2024].
Rita Gonzalez, Q&A with Paul Monroe: Life and Work of Greer Lankton, in: Unframed (7. Februar 2019),
URL: https://unframed.lacma.org/2019/02/07/qa-paul-monroe-life-and-work-greerlankton [05.04.2024].
Bettina Schmitz, Geschlechterdifferenz, in: Metzler Lexikon Philosophie, Heidelberg 2008,
URL: https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/geschlechterdifferenz/799 [05.05.2025].
Mckenzie Wark, In The Blind Spot of the Cis Gaze. Mckenzie Wark on Lankton at Company Gallery, New York, in: TEXTE ZUR KUNST 129 (2023),
URL: https://www.textezurkunst.de/de/129/mckenzie-wark-greer-lanktonin-the-blind-spot-of-the-cis-gaze/ [27.03.2025].
The Mattress Factory, URL: https://mattress.org [27.03.2025].