Panel 10: Geschlechtsspezifische Aspekte bei Balancing und Erleben während Covid-19

Elisabeth Glettler

Abstract

Frauen als Covid-19-Hauptbetroffene?

Das 10. Panel der Tagung „Corona Verstehen. Understanding corona“ mit dem Titel „Geschlechtsspezifische Aspekte bei Balancing und Erleben während Covid-19“ beschäftigte sich mit den psychologischen Auswirkungen der Pandemie auf unterschiedliche Betroffenengruppen. Der erste Vortrag von Heidi Siller, Mitarbeiterin in der klinischen Psychologie, der, ebenso wie die vorgestellte Studie, in Zusammenarbeit mit Gloria Tauber und Margarethe Hochleitner erstellt wurde, drehte sich um die „Vereinbarkeit von Kind und Arbeit bei ‚systemrelevanten‘ Berufen während Covid-19“. Hier wurde vor allem medizinisches Personal in den Blick genommen und es konnten wesentliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern beobachtet werden, insbesondere in Fragen der Kinderbetreuung, die nach wie vor als Aufgabe der Frau gesehen wird. Der zweite Vortrag legte sein Hauptaugenmerk ebenso auf die geschlechtsspezifischen Aspekte im Zusammenhang mit Covid-19 und trug den Titel „Geschlechtsspezifische Aspekte des Erlebens der Covid-19-Krise bei Gesundheitspersonal“. Alexander Kreh, Barbara Juen und Micheal Lindenthal versuchten in einem Gruppenprojekt die Fragen nach der geschlechtsspezifischen Belastung sowie nach der Bedeutung von sozialen und persönlichen Einflussfaktoren zu beantworten. Ein weiteres Gruppenprojekt wurde von Silvia Exenberger, Nina Haid-Stecher, Christina Taferner und Kathrin Sevecke zum Thema „Geschlechtsspezifische Unterschiede und Ähnlichkeiten bei Kindern im Hinblick auf das Bedrohungserleben ausgelöst durch Covid-19“ vorgestellt. Interessant war hier, dass vor allem die Mütter den Fragebogen zu ihren Kindern ausgefüllt hatten. Der vierte und letzte, und für mich als Studentin interessanteste Vortrag, wurde von Markus Canazei vorgestellt, der die Studie „Auswirkungen der Corona-Krise auf psychische Stresssymptome von Studierenden mit besonderer Berücksichtigung von Geschlechtsunterschieden“, in Zusammenarbeit mit Elisabeth Weiss in den Mittelpunkt stellte.

Canazei und Weiss erhoben die Kategorien Stress, Burnout, psychische Gesundheit und Coping-Verhalten mithilfe von Fragebögen, die von Studierenden zu zwei Zeitpunkten im Juli 2016 und 2020 ausgefüllt wurden. Der Monat war bewusst ausgewählt worden, da zu dieser Zeit erhöhter Stress aufgrund der Prüfungsphase gegeben war. Bei der Studie war vor allem interessant, dass die Pandemie die Ergebnisse in Bezug auf Geschlechtsunterschiede in den meisten Fällen nicht änderte, außer bei der Unterkategorie Sorgen, die bei den männlichen Studierenden während Covid-19 abnahm und bei den Frauen leicht anstieg. Ähnliches konnte bei der Achtsamkeit gegenüber Erholung beobachtet werden – die Achtsamkeit wuchs bei den männlichen Studierenden bei der zweiten Befragung sehr viel stärker als bei den Frauen an.

Die Studie hat ein weiteres äußerst interessantes Ergebnis zu Tage gebracht, nämlich das, dass Studentinnen während der Pandemie höheren Stress erlebten als ihre männlichen Kommilitonen, aber auch schon die Zeit vor Covid-19 mit höherem Stress erlebten. Dieses Bild, dass Frauen im Allgemeinen mehr Stress fühlen, wird auch durch alle anderen im Panel vorgestellten Studien bestätigt – sogar schon im Kindesalter. Die Frage, die sich mir persönlich als Frau und als Studentin nun aufdrängt, ist, warum das so ist. Kann es sein, dass dieses Empfinden evolutionär bedingt ist, da dieser Unterschied auch schon bei Kindern existiert? Gibt es schon neurologische Untersuchungen, die zeigen, dass es eventuell an unterschiedlich stark arbeitenden Gehirnregionen liegen könnte?

Bezogen auf die letzte vorgestellte Studie wären die Erholungsstrategien der männlichen Studierenden im Unterschied zu denen der weiblichen interessant, mit der Frage im Hintergrund, ob das differenzierte Stressempfinden möglicherweise damit zusammenhängen könnte. Zuletzt erwähnte Canazei noch den Drogenkonsum, der während der COVID-19 Pandemie ebenfalls zugenommen hat. Die Studie zeigte, dass circa 70 Prozent der männlichen Studenten Drogen konsumieren, was eventuell auch mit dem geringeren Stressempfinden in Verbindung gebracht werden könnte. Dieses Gebiet ist also ein für mich höchst interessantes und ich freue mich schon sehr, auf die hoffentlich bald erscheinende Publikation, denn dass es eine geben wird, hat Canazei erfreulicherweise schon anklingen lassen.

(Elisabeth Glettler)

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