Die Lockdown-Studies: Studieren in Zeiten der Pandemie

Nadja Volderauer

Abstract

Studieren in Zeiten der Panemie?

Ausgangspunkt dieses Panels, das von Geschichte-Studierenden gestaltet und von der Medizinhistorikerin Marina Hilber moderiert wurde, war der individuell divergente Zugang zu den Eindrücken und Gegebenheiten während des Lock-Downs, besonders wurde das Studieren mit den durch das Corona-Virus bedingten Einschränkungen thematisiert. Nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten beim Streamen der von Studierenden erzeugten Videos, die allesamt professionell gelöst wurden, schloss eine spannende Podiumsdiskussion an, in der die Berichterstattung der Medien im ersten Lockdown thematisiert wurde.

Der erste Diskussionsteilnehmer griff eröffnend die Frage auf, ob wir ohne die Medien überhaupt von dem Lock-down erfahren hätten. Im darauffolgenden Gespräch wurde deutlich, dass alle Studierenden mehrere Medienangebote nutzten, um abweichende Darstellungen und Inputs zu erhalten. Diese Zugangsweise ist spannend, da im geschichtswissenschaftlichen Studium immer wieder eine objektive und kritische Auseinandersetzung mit Quellen im Vordergrund steht und gefordert wird, um eine einseitige subjektive Wahrnehmung zu vermeiden. Die kritische Reflexion medialer Darstellungen sowie die Nutzung unterschiedlicher Informationskanäle sind gesellschaftlich leider nicht die Norm, was zu einer einseitigen Wahrnehmung führen könne. Kritisiert wurden Artikel in Zeitungen sowie Medienbeiträge in lokalen Nachrichten, die als vermeintliches „Expertenwissen“ getarnte Falschinformationen bzw. nicht gesichertes Wissen verbreiteten und Panik in der Bevölkerung beförderten.

Kritisch beleuchtet wurde in der Diskussion auch der mediale Auftritt der Bundesregierung. Es wurde bemerkt, dass Regierungsmitglieder in Verlautbarungen eine umschreibende und simplifizierende Sprache verwendet hätten, die auf das sogenannte „Verlautbarungsprinzip“ abzielte. Darunter versteht man das gewollte Gefühl einer geringeren Distanz zwischen der Regierung und der Gesellschaft. Es wird suggeriert, Entscheidungstragende würden den Menschen auf Augenhöhe begegnen. Dies führe dann dazu, dass Entscheidungen der Regierung weniger oder gar nicht hinterfragt oder kritisch reflektiert würden. Positiv hervorgehoben wurden von den Diskussionsteilnehmenden hingegen qualitätsvolle Initiativen von Medienkanälen. So eröffnete der ORF beispielsweise einen neuen Schulkanal für Schüler*innen. Dieser erhielt viel Zuspruch, da komplexe Inhalte aktueller Geschehnisse altersadäquat vermittelt wurden. Dies half Kindern dabei, die erlebte Corona-Situation zu verstehen.

Gegen Ende der Veranstaltung konnten die Videos der Studierenden doch noch gezeigt werden. Das erste Video enthielt Impulse von Studierenden, die während der Verlautbarung des ersten Lock-Downs gerade ein Auslandssemester absolvierten. Dabei wurden sehr unterschiedliche Perspektiven auf diese Anfänge der Pandemie präsentiert und gleichzeitig wurde klar ersichtlich, wie ähnlich in den verschiedenen Regionen die Zunahme der neuartigen Infektion gehandhabt wurde. Die subjektiven Zugänge und Erzählungen der ausgewählten Student*innen waren auch deshalb sehr spannend, weil sie im Vergleich zu den in Österreich verfestigten Bildern vom Beginn der Pandemie eine andere Perspektive ermöglichte. Besonders erwähnenswert ist etwa die strenge Vorgehensweise der Behörden, die eine Studierende in Rumänien wahrnahm, wo die Regierung sogar mit Haftstrafen für Überträger*innen des Virus drohte.

Das zweite präsentierte Video zeigte einen Chatverlauf dreier fiktiver Studierender, welche als Charaktere ganz unterschiedliche Einstellungen zum Coronavirus sowie zum Lockdown und den Kontaktbeschränkungen vertraten. Hierbei wurde besonders ersichtlich, dass, obwohl es sich um eine Pandemie handelt, jeder einen ganz individuellen Zugang zu diesem Phänomen haben kann. Besonders Faktoren wie das eigene Umfeld, die eigene Persönlichkeit sowie individuelle Erfahrungen spielen somit wohl auch in Zeiten, in denen die gesamte Bevölkerung betroffen ist, stets eine Rolle.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass dieser Perspektivenaustausch vor allem in Hinblick auf die eigene Wahrnehmung als sehr aufschlussreich bewertet werden kann. Die dargestellten Inhalte eröffneten nicht nur neue Zugänge und Sichtweisen, sondern untermauerten auch die für die Geschichtswissenschaften so essenzielle Notwendigkeit der kritischen Reflexion. Letzten Endes ist festzuhalten, dass Geschichte jeden Tag geschrieben wird und dabei keineswegs zu missachten gilt, dass im bestehenden digitalen Zeitalter die Medien mit ihren positiven wie negativen Facetten eine relevante Rolle spielen.

(Nadja Volderauer)

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