BEGIN:VCALENDAR PRODID:-//Microsoft Corporation//Outlook 16.0 MIMEDIR//EN VERSION:2.0 METHOD:PUBLISH X-MS-OLK-FORCEINSPECTOROPEN:TRUE BEGIN:VTIMEZONE TZID:W. Europe Standard Time BEGIN:STANDARD DTSTART:16011028T030000 RRULE:FREQ=YEARLY;BYDAY=-1SU;BYMONTH=10 TZOFFSETFROM:+0200 TZOFFSETTO:+0100 END:STANDARD BEGIN:DAYLIGHT DTSTART:16010325T020000 RRULE:FREQ=YEARLY;BYDAY=-1SU;BYMONTH=3 TZOFFSETFROM:+0100 TZOFFSETTO:+0200 END:DAYLIGHT END:VTIMEZONE BEGIN:VEVENT CLASS:PUBLIC CREATED:20230210T084612Z DESCRIPTION:Vom Ablass zum Einkaufszettel. Historische Gedanken zu Einzelbl att und gebundenem Buch\nMartin Roland\nEin Buch ist\, ohne viel Nachdenke n\, bei uns ein Κώδικας (Codex)\, also ein „Blätterbuch“: Der Begriff umfasst den Liebesroman oder Krimi\, den wir am Strand lesen\, abe r auch die mittelalterliche Hand-schrift\, die in unserer Bibliothek im Tr esor liegt und die wir herzeigen\, wenn der Bundespräsident ge-ruht\, die Bibliothek eines Besuchs zu würdigen.\nBloß wir alle wissen\, dass es i n Bibliotheken viel mehr gibt als solche Bücher. Der Titel verrät\, wohi n ich sie heute entführen möchte. Zu Einzelzetteln\, und zwar nicht zu s olchen\, die von ehemals ganzen Büchern übriggeblieben sind\, sondern zu solchen\, die als Einzelzettel entstanden sind. Freilich\, fast alle habe n nur deswegen bis heute überlebt\, weil sie – zwischenzeitlich oder bi s heute – unter Buchdeckeln Schutz gefunden haben.\nDie Sachlage ist fre ilich ziemlich verwickelt\, denn nicht jeder „Einzelzettel“ ist wirkli ch ein Stück Papy-rus\, Pergament oder Papier. Im 2. Jahrhundert vor Chri stus verwendete der Mosaikkünstler He-phaistos ein aus Mosaiksteinchen ge formtes Zettelchen\, das den Eindruck erweckt mit Siegelwachs am Grund bef estigt zu sein\, um seinen Namen zu verewigen. Diese Praxis\, Kunstwerke a uf imaginä-ren Zettelchen (cartellini) zu signieren\, ist dann im Spätmi ttelalter und der Renaissance bei vielen Künstlern durchaus gängig. Solc he mit Siegelwachs angebrachte Zettel sind freilich nicht bloß ein „Sch mäh“ von Künstlern\, die Betrachter*Innen beeindrucken wollen\, sonder n solche Zettel gab es wirklich. In den Musées royaux des Beaux Arts in B rüssel wird eine zeitgenössische Wiederholung des berühmten Merode-Alta rs (New York\, Metropolitan Museum) bewahrt und dort hängt über dem Kami n im gemütlichen Zimmer der Verkündigung – anders als an dieser Stelle in der Vorlage – ein kolorierter Einblattdruck. Solche Holzschnitte mit dem Heiligen Christophorus haben sich\, beinahe zu Hauf\, in Büchern erh alten. Hier – und bei vielen\, oft in Millionenauflagen produzierten Zet teln – spielt die im Titel genannte Ablasspraxis eine große Rolle.\nDer Vortrag wird solchen Beispielen nachgehen. Und\, der Vortrag wird versuch en\, eine Systematik in die erhaltenen Einzelzettel zu bringen: Einzelzett el als Teil von Kunstwerken\, Einzelzettel als Ge-schenke\, Einzelzettel a ls Vorlagen/Vorprodukt oder bloß als Schmierpapier\, Einzelzettel als Bes chrif-tungen\, Einzelzettel als Urkunde\, Einzelzettel im öffentlichen Ra um als Werbung oder Mobbing bzw. als Hilfsmittel im Unterricht\, Einzelzet tel als Mittel der privaten Andacht\, als Spielkarten oder magi-sches Amul ett\, …\nViele dieser Kontexte sind uns durchaus vertraut. Dass es derar tiges jedoch bereits in Antike und Mit-telalter gab\, wird viele erstaunen . Der Vortrag wird bemerkenswerte und schöne Objekte vorstellen\, sich ab er keineswegs auf solche beschränken. Vielmehr wird die Nutzung der Zette l im Fokus stehen und dabei die intendierte und tatsächliche Funktion beh andelt\, aber auch die heutige Situation be-dacht. Die im Titel benannten Einkauflisten waren immer ephemere Erzeugnisse\, bloß wenn sie sich über Jahrhunderte erhalten und zum Beispiel von Michelangelo Buonarroti geschr ieben und illus-triert wurden\, werden sie spannend.\nKurzbiografie\nDr. M artin Roland\, MAS\, geb. 1964 in Saint-Julien-en-Genevois (Frankreich). S tudium der Kunstge-schichte in Wien unter Gerhard Schmidt\, 1986–1989 Au sbildungskurs am Institut für Österreichische Geschichtsforschung. Arbei tet als Kunsthistoriker am Institut für Mittelalterforschung der Österre i-chischen Akademie der Wissenschaften an der Katalogisierung von Handschr iften und Urkunden des (späteren) Mittelalters und des 16. Jahrhunderts\, vor allem in ihrer Interaktion mit anderen Medien (Tafelmalerei\, Musik\, Liturgie\, Theater).\n\n DTEND;TZID="W. Europe Standard Time":20230503T123000 DTSTAMP:20230210T084612Z DTSTART;TZID="W. Europe Standard Time":20230503T120000 LAST-MODIFIED:20230210T084612Z LOCATION:Saal Grenoble PRIORITY:5 SEQUENCE:0 SUMMARY;LANGUAGE=de:Vom Ablass zum Einkaufszettel TRANSP:OPAQUE UID:040000008200E00074C5B7101A82E00800000000706B9682343DD901000000000000000 0100000001DFB90E054B09344ABA534891CCCCFFE X-ALT-DESC;FMTTYPE=text/html:\n
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Martin
Roland
Ein Buch ist\, ohne viel Nachdenken\, bei uns ein Κώδικας (Codex)\, also ein „Blä\;tterbuc
h“: Der Begriff umfasst den Liebesroman oder Krimi\, den wir am Strand l
esen\, aber auch die mittelalterliche Hand-schrift\, die in unserer Biblio
thek im Tresor liegt und die wir herzeigen\, wenn der Bundesprä\;siden
t ge-ruht\, die Bibliothek eines Besuchs zu w&uu
ml\;rdigen.
Bloß\; wir alle wissen\, dass es in Bibliothek
en viel mehr gibt als solche Bü\;cher. Der Titel verrä\;t\, wohin
ich sie heute entfü\;hren mö\;chte. Zu Einzelzetteln\, und zwar ni
cht zu solchen\, die von ehemals ganzen Bü\;chern ü\;briggeblieben
sind\, sondern zu solchen\, die als Einzelzettel entstanden sind. Freilic
h\, fast alle haben nur deswegen bis heute ü\;berlebt\, weil sie – z
wischenzeitlich oder bis heute – unter Buchdeckeln Schutz gefunden haben
.
Die Sachlage ist freilich ziemlich verwickelt\, denn nicht je
der „Einzelzettel“ ist wirklich ein Stü\;ck Pap
y-rus\, Pergament oder Papier. Im 2. Jahrhundert vor Christus verwe
ndete der Mosaikkü\;nstler He-phaistos ein a
us Mosaiksteinchen geformtes Zettelchen\, das de
n Eindruck erweckt mit Siegelwachs am Grund befestigt zu sein\, um seinen
Namen zu verewigen. Diese Praxis\, Kunstwerke auf imagi
nä\;-ren Zettelchen (cartellini) zu signieren\, ist dann im Spä\;tmittelalter und
der Renaissance bei vielen Kü\;nstlern durchaus gä\;ngig. Solche
mit Siegelwachs angebrachte Zettel sind freilich nicht bloß\; ein „
Schmä\;h“ von Kü\;nstlern\, die Betrachter*Innen beeindrucken wo
llen\, sondern solche Zettel gab es wirklich. In den Mu
sé\;es royaux des Beaux Arts in Br&
uuml\;ssel wird eine zeitgenö\;ssische Wiederholung des berü\;hmte
n Merode-Altars (New York\, Metropolitan Museum) bewahrt und dort hä\;
ngt ü\;ber dem Kamin im gemü\;tlichen Zimmer der Verkü\;ndigun
g – anders als an dieser Stelle in der Vorlage – ein kolorierter Einbl
attdruck. Solche Holzschnitte mit dem Heiligen Christophorus haben sich\,
beinahe zu Hauf\, in Bü\;chern erhalten. Hier – und bei vielen\, oft
in Millionenauflagen produzierten Zetteln – spielt die im Titel genannt
e Ablasspraxis eine groß\;e Rolle.
Der Vortrag wird solche
n Beispielen nachgehen. Und\, der Vortrag wird versuchen\, eine Systematik
in die erhaltenen Einzelzettel zu bringen: Einzelzettel als Teil von Kuns
twerken\, Einzelzettel als Ge-schenke\, Einzelze
ttel als Vorlagen/Vorprodukt oder bloß\; als Schmierpapier\, Einzelze
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. als Hilfsmittel im Unterricht\, Einzelzettel als Mittel der privaten And
acht\, als Spielkarten oder magi-sches Amulett\,
…
Viele dieser Kontexte sind uns durchaus vertraut. Dass es
derartiges jedoch bereits in Antike und Mit-telalter gab\, wird viele erstaunen. Der Vortrag wird bemerkenswerte und sch&o
uml\;ne Objekte vorstellen\, sich aber keineswegs auf solche beschrä\;
nken. Vielmehr wird die Nutzung der Zettel im Fokus stehen und dabei die i
ntendierte und tatsä\;chliche Funktion behandelt\, aber auch die heuti
ge Situation be-dacht. Die im Titel benannten Ei
nkauflisten waren immer ephemere Erzeugnisse\, bloß\; wenn sie sich &
uuml\;ber Jahrhunderte erhalten und zum Beispiel von Michelangelo Buonarroti geschrieben und illus-trie
rt wurden\, werden sie spannend.
Kurzbiografie< o:p>
Dr. Martin Roland\, MAS\, geb. 1964 in Saint-Julien-en-Genevois (Frankreich). Studium der Ku
nstge-schichte in Wien unter Gerhard Schmidt\, 1986–1989 Ausbildu
ngskurs am Institut fü\;r Ö\;sterreichische Geschichtsforschung. A
rbeitet als Kunsthistoriker am Institut fü\;r Mittelalterforschung der
Ö\;sterrei-chischen Akademie der Wissenscha
ften an der Katalogisierung von Handschriften und Urkunden des (spä\;t
eren) Mittelalters und des 16. Jahrhunderts\, vor allem in ihrer Interakti
on mit anderen Medien (Tafelmalerei\, Musik\, Liturgie\, Theater).