Von der Bestandsliste zur wissenschaftlichen Edition. Genese einer Handschriftenbeschreibung

Thomas Csanády

Am Beispiel einer liturgischen Handschrift aus dem mittelalterlichen Chorherrenstift Seckau wird in diesem Vortrag gezeigt, wie man von einem einfachen Eintrag in einem Handschriftenverzeichnis bis zu einer wissenschaftlichen Edition viele Herangehensweisen an ein historisches Objekt haben kann.

Denn Handschriftenverzeichnisse haben manchmal die Tendenz nur eine Titelzeile zu liefern oder sie bestehen überhaupt nur aus Karteikästen (Schachteln) in Zettelform. Einige Klöster besitzen noch derartige, für die Forschung äußerst unbefriedigende Instrumentarien, die den Anfordernissen der Recherche in keiner Weise genügen. Neben diesen rudimentären Verzeichnissen existieren für manche Bibliothekssammlungen auch Bestandslisten, die immerhin einen ersten Eindruck über die Objekte liefern und einen noch ungesicherten, aber doch tieferen Zugang zu einer Objektgruppe ermöglichen.

Für den Anspruch der Forschenden geeignet und weitgehend zufriedenstellend sind die durch diverse Katalogisierungsprojekte produzierten Kataloge, welche kodikologisch und inhaltlich detailliertere Beschreibungen zu einer Einheit verbinden und damit den Forschenden einen Schlüssel zum Verständnis diverser Sammlungen an die Hand geben; sie können spezifische Ausrichtungen haben (kunsthistorisch, musikwissenschaftlich, etc.).

Wissenschaftliche Editionen gehen noch einmal einen Schritt weiter und zielen auf die inhaltliche Auswertung sämtlicher gebotenen Informationen, seien sie kodikologischer oder inhaltlicher Art – und das je nach Fachgebiet, für das die Edition erarbeitet wird.

Bibliothekar:innen stehen vor der Herausforderung, die einzelnen Erschließungstiefen auszuloten und abzuschätzen, was für eine Bestandgruppe angemessen erscheint und notwendig ist. Im Vortrag soll dies am Beispiel einer liturgischen Handschrift aus dem mittelalterlichen Chorherrenstift Seckau, Cod. Graz, UBG, Ms 208, dargestellt werden.

Kurzbiographie

Administrativer Leiter der Sondersammlungen an der Universitätsbibliothek Graz (Uni Graz). Mitglied von VESTIGIA – Zentrum für die Erforschung des Buch- und Schrifterbes und Lektor am Institut für Liturgiewissenschaft, Christliche Kunst und Hymnologie (Uni Graz). Mitglied der IMS Study Group Cantus Planus.

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